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Bacardis Facundo Collection: Geht da was?

In diesen Tagen kommen die vier Abfüllungen der Facundo Collection in den ausgesuchten Handel. Für Bacardi soll es der Einstieg ins Sipping-Segment sein.  Unser Autor war nicht nur beim Launch-Event vor knapp zwei Monaten. Er bietet auch einen unabhängigen Einblick in die neuen Sorten. Und eine Analyse, ob der Rum-Markt diesen Versuch braucht.

Zur offiziellen Europa-Präsentation der Facundo Rum Collection im Londoner Mayfair Mitte September war nicht nur Global Brand Ambassador David Cid persönlich erschienen, sogar der Ururenkel Facundo Bacardis selbst gibt sich die Ehre. Außerdem fanden sich Bacardis Maestro de Ron Manny Oliver, Familienmitglied Adolfo Comas und ein eklektischer Mix europäischer Bargrößen im The Connaught Hotel ein.

Piraten? Palmen? Premium!

„Rum ist he most versatile spirit there is“, zeigt sich der herzliche Markenbotschafter überzeugt. Und es scheint, als treffe er den Nagel auf den Kopf. Oftmals verbunden mit karibischem Flair, tropischen Drinks, Sonne, Sommer und Strand, ist die Spirituose doch so wandlungsfähig wie kaum eine andere. Besonders aber der Purgenuss und die „Premiumisierung“ haben in den letzten Jahren stark an Fahrt aufgenommen.

Längst kennt man den Exklusivitätsanspruch, der so manchem Weinbrand oder Whisky anhaftet. Ob Genießer oder Sammler, alle haben sie es gesehen: die Limited Editions, Small Batches, Hors d’Age, Jubilee Bottlings oder welch ausgefallene Betitelung man einer noch ausgefalleneren Flüssigkeit samt Marketing-Paket eben gegeben hat.

Eine solche Flasche steht für Prestige, einen Hauch Luxus, den Wunsch nach einer eigenen Collection oder sogar dem zukunftsorientierten Investment. Oder sie soll zumindest dafür stehen. Was ein solches Premiumprodukt jedoch wirklich ausmacht oder woher man Rechtfertigung für Preise im hohen drei-, vier- oder gar fünfstelligen Bereich nimmt, ist kaum einzugrenzen. Besondere Reifebedingungen, überdurchschnittlich hohes Alter und damit verbundene natürliche Verknappung sind noch am ehesten nachzuvollziehen – mythisch-abstrakte Produktionsprozesse oder aufgebauschtes Storytelling bisweilen eher weniger.

Luxux geht immer

Fakt ist und bleibt: Exklusivität erfreut sich stetig wachsender Beliebtheit, strotzt jeglicher Krise und wirtschaftlicher Fluktuation. Die Spirituose ist zum Luxusgut avanciert. Nun, da man auch im Rumsegment die Zeichen der Zeit erkannt hat und diesen interessanten Teil des Marktes nicht nur anderen Getränkekategorien überlassen will, tauchen vermehrt rare Schätze aus der Karibik, Mittel- und Südamerika auf.

Jahrzehntelang hat Bacardi in vielen Köpfen vor allem eine Klischeevorstellung besetzt: jene des simplen Longdrink. Cola, Orange, Sprite – was die Party und Schankanlage halt hergaben. Mit der Einführung des 44,5-prozentigen Musterknaben sicherte man sich auch wieder einen Sonnenplatz an der kompetitiven Mixfront. Doch nun greift man 2015 tatsächlich auch nach den limitierten und höchst exklusiven Sternen. Die Facundo Collection besteht aus vier Qualitäten, welche unterschiedliche Charakteristika, Alter und Reifungen aufweisen. Mit der gehörigen Distanz einiger Wochen fragen wir uns daher heute einmal: Brauchen wir das eigentlich?

Vierfacher Blankoscheck für den Master Blender

„Diese Kollektion wurde aus einem Vermächtnis der Leidenschaft und unabdingbaren Handwerkskunst heraus geboren. Eine Reise, geprägt von den selben Grundprinzipien, die meinen Ururgroßvater Don Facundo Bacardi Masso dazu brachten, Rum zu kreieren, wie wir ihn heute kennen.“ Sichtlich stolz und bewegt zeigt sich der „Chairman of the Board of Bacardi Limited“, der den selben Namen trägt wie sein Vorfahre. Und es ist nicht verwunderlich, hatte man doch zum 150-jährigen Jubiläum der Firmengründung Proben der außergewöhnlichsten Qualitäten aus den Lagerhäusern verkostet. 240 sollen es Anfangs gewesen sein, eine Zahl die man weiter auf 40 einschränkte und durch langwierige Auswahlprozesse zur jetzigen Kollektion formte.

Manny Oliver, dem man die Verantwortung zur Kreation der Serie übertrug, konnte aus dem Vollen schöpfen: „Chairman Bacardi gab uns ein ‚carte blanche’, wir durften unsere gesamte Passion, Erfahrung und Wissen in die einzelnen Blends einbringen.“

Die Facundo Collection: die einzelnen Blends

Mit „Neo – The Beguiling Blend“ setzt man ein Ausrufezeichen, ein heller Premiumrum, komponiert aus diversen Fässern zwischen einem und acht Jahren Alters, verschnitten und durch Aktivkohlefiltration abgerundet. In der Nase zeigen sich Erinnerungen an grünlich-grasige Ester, eine ungewöhnliche, funky anmutende Interpretation Bacardis. Weich und schmeichelnd ist dann der Gaumen, hier sieht man wohl auch klar Potential im Mix Bereich.
Wie der Inhalt sind auch die Flaschen sehr edel gestaltet, die schlanke, hohe des Neo zeigt ein Sirenen-Motiv, von El Coco hinterlegt, jener ikonischen Palme, die vor der ersten Destillerie in Santiago stand.

„Eximo – The Audacious Blend“ wiederum bietet reichhaltige Noten von Toffee, Butterscotch und einem leisen Hauch Mokka. Auch eine dezente Rauchigkeit lässt sich ausmachen. Was diesen Rum hervorhebt, sind einerseits die Altersangabe von 10 Jahren als auch – und unmittelbar damit verbunden – ein Verschneiden der Destillate vor der Reifung. Feingefühl und weise Voraussicht werden dem Maestro de Ron hier abverlangt, um ein balanciertes Endresultat nach einem Jahrzehnt zu garantieren.

Das „X“ im Flaschendesign steht für eben diese Kunst des Blendings sowie die zehnjährige Lagerung – gemeinsam mit den weitläufigen Strahlen der Sonne schafft man ein kraftvolles Packaging. Die zwei verbleibenden Qualitäten haben als verbindendes Element ein Finishing vorzuweisen.

„Exquisito – The Elegant Blend“ wird in ehemaligen Sherryfässern vollendet, nachdem man sich aus sieben- bis 23-jährigen Rums bedient hatte. Die Noten von Dörrobst und ein nussiger Anflug sind in der Nase und am Gaumen wiederzufinden. Sehr komplex, ein begeisternder Rum, der pur seine Klasse zeigt, aber auch auf einem Eisblock charmant serviert werden kann.

X.O.-Cognacfässer hat man sich hingegen für den „Paraiso” herausgepickt. The Sublime Blend, wie man das stolze Prestigeobjekt untertitelt, stellt gleichzeitig das obere Ende der Reihe dar, höchste Konzentration, dichte Holznoten, karamellisierte Akzente von Trockenfrucht, frischer Säure am Gaumen und viel Finesse. Die Flasche wird geziert durch drei markante Motive, die Bacardi die längste Zeit begleiten: die erste Destillerie „La Tropical“, das Edificio Bacardi sowie die ikonische Fledermaus.

Der übliche Weg: Exklusivität

Unterm Strich stellt die Facundo Collection eine streng limitierte und exklusive Rumreihe dar, die mit weniger als 10.000 Stück jährlich in ausgewählten Hotels, Restaurants und Bars den Genießern das Thema Sipping Rum neu offenbaren soll. Das europäische Launch-Event setzte jedenfalls schon einmal ein entsprechendes Ausrufezeichen und unterstreicht den Anspruch des Hauses Bacardi. Warum wir das Thema jetzt erst aufgreifen? Nun, in diesen Tagen sollen die ersten Flaschen tatsächlich verfügbar sein. Zu mehr als stolzen Preisen von € 52 für den Neo, € 70 für den Eximo, € 150 für den Exquisito und € 350 für den Paraíso.

Die Fledermaus greift also nach den Premium-Sternen, und das gleich vier Mal. Und die größte Überraschung dabei ist, dass die Facundo Collection auch das Zeug dazu hat. Ob auf Eis, im Cocktail oder pur als Solist. Doch bekanntlich soll Rum ja die vielseitigste Spirituose überhaupt sein.

Credits

Foto: Rum & Fledermaus via Shutterstock. Postproduktion: Tim Klöcker.

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