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Der Zwist mit dem Twist

Clover Club oder Clever Club? Der Cosmopolitan-Vorläufer mit dem Himbeersirup gehört längst zum festen Repertoire klassischer Bars. Der Clever Club aus Chicago geht einen anderen Weg. Mezcal statt Gin, ergänzt durch trockenen Wermut und Ruby Port. Wir nehmen diesen Drink außerdem zum Anlass, um einmal zu fragen: Wo hört ein Twist auf und wo fängt ein neuer Drink an? 

In vielen Bars findet man mittlerweile klassische Cocktails formvollendet serviert. Wer etwas mehr Abwechslung möchte, dem werden dann Twists auf diese Klassiker angeboten. Aber was ist eigentlich ein solcher, heutzutage oft beschworener „Twist“? Und wo fängt ein neuer Drink an? Erklärungsversuch am Clever Club.

Einen komplett neuen Drink zu erfinden ist heutzutage praktisch ein Ding der Unmöglichkeit. Bei allem, was neu gemixt wird, wird man Parallelen zu einem Klassiker oder einer Drink-Familie finden können. Und das ist auch in Ordnung so. Viele Drinks sollen gar nicht neu sein. Sehr bewusst werden bestehende und erfolgreiche Rezepte leicht abgewandelt. Oft wird nur eine Zutat getauscht, manchmal auch nur modifiziert, indem man zum Beispiel die Spirituose infundiert und dem Drink so ein neues Aroma hinzufügt. Wahrscheinlich die klassische Definition eines Twists.

Bauen mit neuen Zutaten

In anderen Fällen bedient man sich an einem Gerüst und ersetzt den Großteil oder sogar alle Zutaten und kreiert etwas komplett Neues. Wie in vorliegendem Beispiel. Auf dem Gerüst des klassischen Clover Club hat Annemarie Sagoi, Barmanagerin in Chicagos The Drifter, ihre eigene, rauchige Variante gebaut — den Clever Club. Sagois Erklärung für ihre Idee: „Ich mochte den Clover Club, war aber der Meinung, dass er nicht so gut ist, wie er eigentlich sein könnte. Also habe ich ihn meinem Geschmack angepasst. Den Gin habe ich ersetzt durch meine Lieblingsspirituose Mezcal und dann noch ein wenig Wermut hinzugefügt um ein wenig Komplexität und ein herbes Element mit einzubringen. Um einen konstanten Geschmack zu garantieren entschied ich mich für einen Himbeersirup anstatt frischer Früchte.“

Mit dem Ergebnis war sie einigermaßen glücklich, aber noch nicht vollends zufrieden, und so wurde der Drink den Kollegen zur Diskussion vorgestellt. Ein Kollege schlug ihr vor, einen Schuss dunklen Portwein in den Drink zu geben. Eben jener Portwein sollte den Unterschied zwischen gut und außergewöhnlich machen.

Bar mit historischem Hintergrund

Außergewöhnlich ist eine Vokabel, die viele Aspekte des Drifters sehr gut trifft. Neben außergewöhnlichen Drinks sind es das Interieur und das Rahmenprogramm, die das The Drifter von anderen Bars unterscheiden. Live Musik, Kabarett und Burlesque-Shows machen den abendlichen Barbesuch zu einem großartigen Erlebnis. Dass die Bar zu Zeiten der Prohibition tatsächlich ein Speakeasy war, macht die Geschichte natürlich noch einmal interessanter. Die Karte ist ein Sammelsurium aus verschiedenen, Tarot-ähnlichen Karten, die Sagoi gestaltet hat: jede präsentiert einen Cocktail.

Aber zurück zum Clever Club. Die Tarot-Karte zum Cocktail nennt Brombeeren statt Himbeeren. „Anfangs wollten wir Brombeeren verwenden, um noch ein Stück weiter weg zu gehen vom ursprünglichen Cocktail. Mit der Zeit mussten wir allerdings feststellen, dass Himbeeren deutlich besser schmecken. Daher die kleine Änderung.“

Himbeere, Zitrone und Eiweiß bleiben also vom ursprünglichen Cocktail. Geschmacklich ist man vom Original allerdings so weit entfernt, dass man von einem Twist eigentlich nicht mehr sprechen kann. Der Clever Club ist ein eigenständiger Drink mit einem klassischen Gerüst. Und einem sehr clever gewähltem Namen.

Credits

Foto: Chicago via Shutterstock

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