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Ganz oben ohne Doping: Basqueland Brewing

Sie sind über den Berg: Die baskisch-amerikanische Gypsy-Brauerei Basqueland Brewing Project begeistert mit verspielt-klassischen Bieren nach aktuellem Craft-Gusto. So sehr, dass man dafür vielleicht sogar eine längere Reise mit dem Fahrrad in Betracht ziehen würde.

Es ist vielleicht ein billiges Klischee, aber der Autor dieser Zeilen denkt beim Stichwort „Baskenland“ aufgrund früherer Interessen immer erst einmal an Radsport. Denn gerade der spanische Teil des politisch nicht immer ganz stabilen Gebietes um die Pyrenäen ist seit jeher vollkommen verrückt nach Rennrädern. Wer den professionellen Radsport verfolgt, der kommt nicht umhin, besonders wenn es an die Bergetappen der großen Rundfahrten geht, ständig baskische Namen zu hören. Zwar blieb den baskischen Fahrern der große Sieg bei der Tour de France oder dem Giro d’Italia am Ende meist verwehrt, aber allein die Anzahl der großartigen, im Fachjargon gerne „Bergziegen“ oder „Kletterer“ genannten Fahrer ist immer wieder imposant. Bis 2013 gab es gar ein eigenes Profiteam, in dem ausschließlich baskische Fahrer fuhren.

Radler? Nein. Radeln mit Bier? Ja!

Übrigens wurde in den Anfangstagen des modernen Radsports auch ordentlich gesoffen. Wo heute isotonische Superdrinks und Energieriegel in den Rückentaschen liegen, griffen Radrennfahrer seinerzeit gerne auch auf Wein oder Bier zurück, wenn es ans Rehydrieren ging. Der eine oder andere Sportsmann endete daher dann statt auf dem Siegertreppchen eher im Straßengraben, eher im Krankenhemd als im Gelben Trikot. Was uns wiederum zum heutigen Thema führt: die Biere vom Basqueland Brewing Project, die vor wenigen Tagen in die Räume der Redaktion geplumpst sind. Denn die Basken lieben Bier fast noch mehr als schnelle Fahrräder.

Spanien kann mehr als Lager

Spanische Braukultur indessen steht, wie bei so vielen warmen Ländern, vor allem für einen leichten, süffigen und mitunter wässrigen Lager-Stil – Marken wie die beiden gigantischen Platzhirsche San Miguel und das katalanische Estrella Damm stehen an vorderster Front dessen, was international als spanisches Bier wahrgenommen wird. Dabei gibt es – wie eigentlich mittlerweile überall – auch im Land der Furia Roja eine kleine, aber prächtig erblühende Craft Beer-Szene, die mit tollen Suden, vornehmlich diversen Ale-Interpretationen, auf sich aufmerksam macht. Vielleicht – auch im eigenen Land – noch nicht derart anerkannt und präsent wie es bei den italienischen Crafties bereits der Fall ist. Aber auch die spanische Bierkultur wächst und gedeiht.

Dabei sind es vor allem Marken aus den großen Metropolen, die tonangebend sind: La Cibeles oder La Virgen aus der Hauptstadt Madrid, Moska und Montseny aus Barcelona sowie Albero (Sevilla) gehören zu den maßgeblichen Vertretern. Aus der größten baskischen Stadt, Bilbao, ist beispielsweise die 2014 wiederbelebte Traditionsbrauerei Laugar als wichtiger Akteur zu nennen. Doch auch jenseits dessen zählt das Baskenland heute mit vielen kleinen Brau-Manufakturen zu den wichtigsten Impulsgebern der neuen spanischen Bierszene.

US-Gypsy-Basken von Basqueland Brewing am Start

Das als Gypsy-Brauerei arbeitende Basqueland Brewing Project hat seinen Sitz in der kleinen Stadt Hernani, in der nicht einmal 20.000 Menschen leben. Bei einem Blick auf den Kessel hingegen wird schnell klar, warum die Biere mit den herausragend designten Etiketten schmecken, wie sie schmecken: der Amerikaner Ben Gatz zeichnet als Braumeister verantwortlich für die Sude der Basken. Zuvor braute der leidenschaftliche Surfer unter anderem bei einer gewissen Brauerei namens Stone Brewing in Kalifornien. Doch da es auch an der baskischen Atlantikküste reichlich Sonne als auch Wellen gibt, folgte er irgendwann dem Ruf seiner Freunde Benjamin Rozzi und Kevin Patricio.

Besonders erfreulich am BBP ist, dass einerseits typische Craft-Stile wie IPA, Amber Ale und Imperial Stout gebraut werden, hinzu kommen aber auch ein wunderbar fruchtiges Kölsch (das wahrscheinlich eigentlich nicht so heißen darf) und ein herzhaft-cremiges, lakritziges, dabei allerdings wunderbar erfrischendes Oatmeal Stout. Abseits dessen ist die US-Prägung der Biere unübersehbar: malzig-estrige Ale-Körper treffen auf würzige Hopfung und gesunde Bitterkeit. Das ganze aber bei allen Sorten – vor allem dem „Arraun“ Amber Ale und dem „Aupa“ Pale Ale – mit einer herrlichen Spritzigkeit. Und es gilt sogar in Teilen für das wuchtige „Coastal Eddie“ Black IPA, das trotz seiner massiven 80 Bittereinheiten bei 7,8% Vol. ein feine Spritzigkeit und gesunde Unverkrampftheit mitbringt. Man mag das den spanischen Einschlag nennen: Ein kleines bisschen Terrasse in der Sonne. Etwas weniger verbissene Bemühung um die Extraportion Hoppiness, dafür eine gesunde Balance, die mindestens genausoviel Freude macht. Biere, die nicht nach Burgern oder Spare Ribs, sondern nach Oliven, Anchovis und Mancegokäse fragen. Es sind Bier-Projekte wie dieses, die einem immer wieder zeigen, was Gerstensaft alles sein kann. Und durch wie feine Nuancen sich auch die heute in Kennerkreisen bereits gängigen Sorten immer weiter und spannend variieren lassen. Auch, wenn amerikanische Brauer dafür in die alte Welt auswandern müssen.

Doping für die Seele. Nur für die Seele.

Erhältlich ist die komplette Range vom Basqueland Brewing Project mittlerweile europaweit über Sauveur Bière zu zwar nicht niedrigen, aber im Vergleich mit vielen anderen ausländischen Kreativbieren auch alles andere als überzogenen Preisen von jeweils etwa 3,20 Euro à 0,33 Liter. Schließlich ist ja auch bald wieder Tour de France. Und was würde sich da als flüssiger Begleiter  beim Anfeuern der baskischen Bergziegen besser anbieten als ein kühles Ale vom BBP? Wenn schon die Radprofis eher bittere Pillen oder zweifelhafte Flüssigkeiten aus kleinen Ampullen schlucken müssen, sollte es auf der Zuschauerseite bei legalem Doping bleiben.

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker.

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