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Destille Berlin: So war es auf dem Craft Spirits Festival

Der Platz wird knapper, die Qualität bleibt hoch: Das sind die fünf besten Produkte des Craft Spirits Festivals “Destille Berlin”. Juliane Reichert hat sich zwei Tage lang in der Berliner Heeresbäckerei umgesehen, wo sie vor allem Orangengeist begeistert hat. Aber nicht nur.

Destillate sind wie Lieder, in vielerlei Hinsicht. Von jeder Destillerie, also einem Album, gibt es Favoriten. Sie bilden die Hintergrundmusik für jede Begegnung, und am Ende des Tages besitzt man eine persönliche Playlist. Nach einem Besuch auf der achten “Destille Berlin”, dem Kreuzberger “Craft Spirits Festival”, das Anfang März in der Heeresbäckerei stattfand, gehen wir mit einigen ganz bestimmten Ohrwürmern durch die Woche, die wir im Folgenden einmal vorstellen wollen.

Die besten Produkte auf der Destille Berlin: Schwierige Sache

Vorweg lässt sich noch sagen, dass die Messe – abgesehen von einem etwas holprigen Gästegläsersystem – ein ziemlicher Erfolg war; so ein Erfolg, dass man sich beinahe fragt, wie lange die Organisatoren Theo Ligthart und Thomas Kochan die Messe noch hier stattfinden lassen werden können. Dass man bei Messen sowieso immer im Weg steht, weiß jeder, für die Destille Berlin allerdings wird es bald eng – wörtlich wie rhetorisch.

Aber das ist ein gutes Zeichen, das nicht nur davon zeugt, dass sich Menschen für Schnäpse interessieren, sondern zunehmend für ganz bestimmte – “craft” eben. Ein Begriff, über den man streiten kann, es auch tut und das zurecht. All das “Gecrafte” dieser Tage kann schon einmal nerven, der Begriff ist an vielen Stellen zur blanken Marketingmaßnahme verkommen, und was er nun bedeutet, weiß so recht auch keiner. Darum sagen Ligthart, bekannt als Gründer des Freimeisterkollektivs, und Kochan, Kopf von Dr. Kochan Schnapskultur, auch klar und deutlich: “Handgefertigt in Kleinproduktion, regional verankert, mit Rücksicht auf die Umwelt produziert, ausschließlich aus natürlichen Zutaten. Spirits mit Geist.”

Die besten Produkte: Von Hand, fürs Auge

Klar, das ist Pressesprech, wir wissen nicht, wie groß eine “Kleinproduktion” ist, und wo Rücksicht beginnt und endet, steht da auch nicht. Aber mal ehrlich – wir wissen, was da steht: Berentzen gehört nicht auf die Destille Berlin, eine Mikrodestillerie, in der die Brennerin von Hand Haselnüsse sammelt, welche im Anschluss von der Mutter geröstet werden, schon. Also, hier nun die fünf besten Produkte, die uns auf der Destille Berlin besonders ins Auge und in die Nase gestochen sind (ohne Ranking).

Zott Destillerie: “Pomeranze”

Von Hand gesammelt, so verhält es sich beispielsweise mit der Brennerei Zott, die im hügeligen und naturbelassenen Augsburger Umland Schnäpse brennt, bei denen uns Hören und Sehen vergeht. Vor Glück. Brennerin Katharina Zott erzählt, dass sie ihren Himbeerlikör und die Williams Christbirne am liebsten mag. Weil sie Himbeeren schon immer geliebt hat und damit auch Essig und “alles mögliche” herstellt; und weil der Willi die “Königsdisziplin” ist.

Verständlich, beides verdammt gut, aber die Pomeranze hinterlässt ein beinahe absurd frisches Pomeranzenaroma auf der Zunge; als schneide man gerade eine der dellernen Zitrusfrüchte auf, bloß, dass es nicht ins Auge spritzt. Lange überlegt, ob es der Haselnussgeist ist, der hier gelistet werden soll, weil er wenig mit dem nutellaesquen Aroma zu tun hat, das man ansonsten von Destillaten dieser Natur kennt. Wer immer schon einmal wissen wollte, wie es sich anfühlt, wenn man eine Haselnussrösterei trinkt, bitteschön. Trotzdem, die Pomeranze gewinnt und wir wissen nicht mehr, was ohne sie tun.

Edmunds Liköre: “Krambambuli”

Krambambuli ist nämlich gar nicht bloß die Erzählung von Marie von Ebner-Eschenbach, in der ein durch Kräuterschnaps eingetauschter Hund den Namen “Krambambuli” erhält. Sondern auch der aus Branntwein und Wacholder bestehende Schnaps selbst. Wirklich, Spirituosen-Messen sind der goldene Weg in die Allgemeinbildung.

Die Story klingt nach Marketing, der Likör indes schmeckt, als sei sie wahr: Vor Jahrzehnten entwickelt ein Apothekerpaar aus Tinkturen und Essenzen einen Likör, stößt damit allabendlich aufeinander an, und der Enkel findet Jahre später die Rezepturen. Aus Wurzeln, Kräutern und Beeren ist hier ein Likör entstanden, der uns tatsächlich Glauben machen will, Liköre seien gesund. Und es schafft. Da sind Veilchenwurzeln und Pomeranzenschale, Pfeffer und Piment, Wacholder und Wermutkraut – und wenn der Lebensabend eines Ehelebens so aussieht, hat man es an den wichtigsten Stellen richtig gemacht. Es mag seltsam klingen, hat es für uns auch; aber man kann (zumindest diesen) Kräuterlikör mit einem trockenen Tonic Water auffüllen. Das Ergebnis ist erhellend, in jeglicher Hinsicht.

Lisa Bauer DeVin Gin & Bitter: “Bitterliss”

Lisa Bauer, Gewinnerin des Awards Female Distiller of the Year, hat auf ihren Reisen durch Südamerika den – Obacht, originell und witzig zugleich! – Gin des Lebens gefunden. Sie kommt also nach Hause, in die Steiermark, und startet ihre Spirituosenserie DeVin. Schließlich kommt sie als ausgebildete Obst- und Weinbauerin aus dem Weingeschäft. Besonders geschmeckt hat uns der Bitter “Bitterliss”. Gleichwohl auch der New Western Dry Gin “Señora Eva”, ihre erste Spirituose der Linie mit Pomeranze und Lavendel, mehr als sitzt. Aber nicht schon wieder Pomeranze.

Der Bitterliss also, mit mehr als 40 handeingelegten Kräutern aus Klosterkultur kommt hier jeder auf seine Kosten, dem es nach dem Essen schlecht geht. Kann ja passieren in der Steiermark, deswegen sollte man eine Lisa Bauer zugegen haben, die dafür ein Mittel hat, das nach Anis und Pfeffer schmeckt.

Sie ist im Übrigen auch diejenige, die das Freimeisterkollektiv um ihren Uhudler Wermut bereichert hat, der jetzt übrigens mit überarbeiteter, weniger süßen Rezeptur an den Start geht und definitiv probiert gehört. Österreichischen Spirituosenklassikern einen neuen Schliff verpassen, so haben wir festgestellt, das kann Lisa Bauer.

Cosmic Spirits: “Blutorange Geist”

Aus Sebastian Rauschers Destillaten eines herauszupicken, ist wahrlich eine Herausforderung. Aber möglich: Es ist die Blutorange. Die Moro Blutorange aus Sizilien, um genau zu sein. Kurze Vorstellung: wahnsinnig aromatische und seit dem 19. Jahrhundert kultivierte Blutorange, die auf den Hängen des Ätna wächst.

Wie, um alles in der Welt, ein Geist so sehr nach dem schmecken kann, was da in ihm umher geistert? Feinste Handarbeit, so Rauscher, akribischste Entfernung der weißen Stellen – die übrigens “Mesokarp” heißen. Man nickt, klar heißt das so. Letzten Winter hat er in etlichen Probedestillaten das perfekte Verhältnis von Alkohol und Frucht, der Mazerationszeit und auch der Destillationsgeschwindigkeit gefunden. Da die Moro für gewöhnlich Anfang Februar geliefert werden, ist man in der Produktion relativ, nun ja, gebunden. 52 Flaschen gibt es, wir kosten Nummer 43, sind erleichtert, ein bisschen panisch auch, nach einem Schluck aber vor allem sehr zufrieden und ziemlich in Sizilien.

Lion Spirits – Tarquin’s Blackberry Gin

Manchmal weiß man’s nicht, weshalb ein Destillat so besonders gut schmeckt – weil es das erste am Messetag ist? Weil das letzte? Nach etlichem Irren, womit beginnen, entscheiden wir uns jedenfalls für den Tarquin’s Blackberry Gin aus dem Hause Lion Spirits, die auf einer Messe wie dieser sicherlich zu den “Größeren” gehören. Und auch wenn das Flaschendesign polarisieren mag, wer eine Reihe wie die “Tempus Fugit” zu konzipieren imstande ist, der kann einem alles einschenken.

Mit Wildblütenhonig aus Cornwall, britischen Brombeeren, marokkanischen Bittermandeln und Veilchen aus dem Garten des Destillateurs Tarquin höchstselbst entsteht hier ein Gin, den auch probieren sollte, wer denkt, dass er alsbald genügend Gins probiert hat. So einfach ist es oft leider nicht. Und auch wer denkt, dunkelrote Spirituosen seien etwas für Mädchen oder Goldelemente im Verpackungsdesign fragwürdig – der Inhalt ist es nicht. Die genaue Reihenfolge der Zutaten ist exakt festgelegt, der Wildblütenhonig kommt zuletzt, davor das demineralisierte Quellwasser aus Cornwall, danach wird jede Flasche von Hand versiegelt und beschriftet. Falls man sich auf dem Hinweg gefragt haben sollte, ob es denn wirklich nötig sei, an einem helllichten Samstagmittag schon Schnaps zu trinken – hiermit hat das Fragen ein Ende.

Comments (2)

  • Leopold C. Mueller

    Die Überschrift “SO WAR ES AUF DEM CRAFT SPIRITS FESTIVAL” suggerierte mir das dies ein persönlicher Einruck von Juliane Reichert vom Festival war. Allerdings prangt in der Überschrift der Zusatz FEATURED. Daher kamen mir folgende Fragen auf, da ich das nicht mehr ganz einzuordnen wußte.

    Wie darf man das nunmehr verstehen ? Haben einer oder die fünf genannten Produkte/ bzw. dessen Aussteller den Artikel gefeatured? Oder wurde der Artikel von Festival gefeatured? Was bedeuted Gefeatured in diesem Fall, mit welchen Auflagen ist so ein Featuring hier verbunden?

    Was bedeutet eine Artikel Kennzeichnung “FEATURED” bei Euch im allgemeinen? Ist das dann bezahlter Inhalt? Wenn bezahlt, müsste dieser laut Gesetzt nicht eindeutiger als WERBUNG bzw. ANZEIGE gekennzeichnet werden?

    Fragen über Fragen – würde mich freuen wenn Ihr mir das erklären könnt.

    Gruß

    Leo

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  • REDAKTION

    Hallo Leo,

    vielen Dank für den Hinweis! Da haben wir falsch einsortiert. Der Fehler ist behoben. Es sei noch angemerkt, dass bezahlte Anzeigen ganz sicher, immer, immer, immer! als solche gekennzeichnet sind. Nicht als “featured”, wie früher, sondern als “Anzeige”. Zu guter Letzt lässt sich zur Not noch am Stil erkennen, dass es sich um keine Anzeige handelt. Aber das ist, wie gesagt, eigentlich gar nicht nötig.

    Liebe Grüße

    Maruan
    Redaktion

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