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Crying Tiger Cocktail

Ein Märchen aus dem Dschungel: Der Crying Tiger Grilled Cocktail

Sein Name ist von einem thailändischen Mythos abgeleitet, der Geschmack des Crying Tiger Grilled Cocktails ist jedoch ein überaus realer Genuss. Wir haben die gaumenfüllende Sazerac-Variante aus dem Thaipioka in Bangkok probiert.

Geschichten schreibt das Leben, sagt man ja immer so ganz flapsig, wohl der Tatsache Rechnung tragend, wie individuell andersartig so manch ein Lebenslauf auf einen zu wirken vermag. Doch wer sagt uns eigentlich, dass nur das Leben Geschichten schreibt? Man schaue sich den Mojito an. Entstanden vor langer Zeit auf Kuba, avancierte er schnell zu einem der Lieblingsdrinks Hemingways und zählt heute zu den beliebtesten Drinks dieser Welt. Auch Cocktails schreiben Geschichte.
Noch besser ist es allerdings, wenn sie Geschichten erzählen. Nicht unbedingt die persönliche des Bartenders, der sie zubereitet, sondern viel eher, wenn sie auf einen historischen Moment abzielen oder gar auf ein ganzes Zeitgefühl. So ist der Hanky Panky ja am Ende vor allem nicht zum Herunterbrechen auf irgendwelche obszönen Zaubertricks zu verstehen, sondern muss viel eher als nachträgliche Würdigung einer Bar-Ikone verstanden werden; kein Cocktail mit anrüchigem Namen, sondern die Huldigung einer Ada Coleman verbunden mit der Unterstreichung, dass es immer noch zu wenig Barfrauen gibt.

Crying Tiger, Hidden Dragon …

Sei es drum. Worin unterscheidet sich eigentlich die Geschichte von der Legende? Eine vermeintlich schwierige Frage, die jedoch leicht zu beantworten ist. Ist die Geschichte oft mit Fakten hinterlegt, so ist dies ein Element, dass der Legende meistens fehlt. So auch jene Legende des weinenden Tigers.
Eigentlich ist der „Crying Tiger“ ein traditionelles, in der Street-Kitchen Thailands beheimatetes Gericht, auch Suea Rong Hai genannt – in Fischsauce mariniertes Fleisch wird mit Knoblauch, Koriander, Chili und Ingwer leicht angebraten. Die Erklärungen, woher der Name rührt, sind ähnlich divers wie die von Region zu Region unterschiedlich verwendeten Zutaten. So sagen die einen, die Chilisauce sei so scharf, dass sie selbst den stärksten Tiger zum Weinen bringen würde. Andere wiederum sagen, ein Tiger würde den Geruch einer in einem Dorf als Mahl verarbeiteten Kuh riechen und – wohlwissend, er könne nicht an dem Festschmaus teilnehmen – eine Träne verdrücken.

Crying Tiger Grilled: zum Drink!

Dieser Version hat sich das auf traditionelle Gerichte setzende Thaipioka in Bangkok angenommen und präsentiert mit dem „Crying Tiger Grilled“ einen spektakulären Cocktail, der ähnlich wie das Gericht auf alle Sinne abstellt.
„Einer unserer Barleute betreibt nebenbei einen kleinen Thai-Imbiss und meinte neulich einmal, dass die Kombination aus dem Öl und Fett nach dem Schmoren des Fleisches besonders vorzüglich sei. Da kamen wir auf die Idee, damit eine etwas andere Sazerac-Variante auf die Beine zu stellen“, so Turk Sitthan.
Tatsächlich steht und fällt der Drink hauptsächlich mit einem Bourbon Fat Wash mit Smoked Cow-Fat. Diese herzhaft-umamige Note mit dem Gefühl der Vollmündigkeit aller im Drink versammelten Komponenten macht den „Crying Tiger Grilled“ zu einem „treat to all senses“.

Crying Tiger Grilled mit Rum und Rye

So ist er ob der in ihm versammelten Spirituosen Rum, Rye, Bourbon Fat Wash sowie dem obligatorischen Absinth zwar überaus spritig, wird jedoch durch eine gewisse Süße, die über Zuckersirup, Peychaud’s Bitters und Dill getragen wird, zu einer Kombination, die einen nicht erschlägt.
Entstanden ist etwas, das in seiner Komplexität nicht nur alle gustatorischen Wahrnehmungsbereiche abdeckt, sondern ebenfalls originell die thailändische Geschichte mit den Tiefen der Cocktailkultur vereint, ohne dabei zu sehr von der Originalrezeptur abzuweichen. Eine lebende Legende, zu trinken in Bangkok!

Credits

Foto: Tim Klöcker

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