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FÜNF! Upgrades für die Maibowle

Die Maibowle – ein Graus im Muff der teutonischen Trinkgewohnheiten? In ihrer antiquierten Form bestimmt. Aber: das muss nicht sein! Wir nutzen den letzten Sonntag vor dem Wonnemonat und geben FÜNF! Tipps, die alte Dame Maibowle etwas hochzujazzen. Zum Wohl!

Die Maibowle, ja, die Maibowle. Der guten alten Frühlingserfrischung haftet schon eine ganze Menge assoziativer Muff an. Kacheltische. Gartenlaube. Plastikmöbel. Dazu Kartoffelsalat aus der Packung und zum Abschluss eine vollmundige Lord Extra oder Ernte 23. Eine Gedankenkette wie direkt aus der Hölle.

Doch völlig zu unrecht! Denn es geht ja auch anders. Zugegeben: Wenn man an die 1970er-Jahre-Variante aus süßem Wein, süßem Sekt und Waldmeister („Gibt keinen frischen? Ach komm, dann nehm’ wir Sirup!“) denkt, dann mag man gar nicht schnell genug davonlaufen und den nächstmöglichen anderen Drink verlangen. Aber, wie gesagt: Es geht anders. Das geht los bei den Zutaten, die für die Maibowle, sagen wir einmal, „gesetzt“ sind – also Weißwein, Sekt und eben Waldmeister. Greift man hier auf einen säurebetonten, duftigen und selbstverständlich knochentrockenen Weißwein zurück, ist die halbe Miete schon gemacht (der Favorit des Autors war hier einst ein simpler Silvaner vom fränkischen Juliusspital).

Dazu kommt die halbe Menge Schaumwein, am besten einen deutschen oder österreichischen Winzersekt, freilich kann man hier auch mit französischen Crémants und spanischem Cava spielen, sofern man einen guten an der Hand hat. Einzig Champagner ist für diese auf Erfrischung und Verdünnung abzielende Variante dann doch eher zu edel.

Doch das reicht noch nicht! Denn diese etwas schnöde Mischung ist mit guten Zutaten zwar gefällig und herb-erfrischend, ihr fehlt es aber dennoch ein wenig an Vielschichtigkeit. Natürlich, beim unkomplizierten Aperitifgenuss auf der Terrasse oder im Garten braucht niemand die Komplexität eines Martinez Cocktails. Aber ein bisschen mehr darf es schon sein. Wir geben daher pünktlich eine Woche, bevor sich das Land kollektiv in den Wonnemonat säuft, FÜNF! Tips, um die gute, alte, etwas in die Jahre gekommene Maibowle ein wenig aufzumotzen. Prosit!

1) Orange Curaçao

Orangenlikör ist der große Mixlikör der Bar. Und das ist auch gut so. In der Maibowle bringt er durch seine feinen Noten von Konfitüre, frischer Frucht und leichter Bitterkeit die entscheidende, leichte obstige Note zu Geltung, die für ein deutliches Plus an Komplexität sorgt, ohne den Drink dabei in eine zu schwere Richtung kippen zu lassen.

Welche Marke man dann im speziellen Fall verarbeitet, mag dem persönlichen Gusto überlassen bleiben, allzu schwere, holzige Sorten sollten allerdings lieber nicht zum Einsatz kommen. Das entspricht nicht dem Wesen der Bowle. Sie ist ja, wie gesagt, kein Martinez. Natürlich kann man den gewählten Likör auch variieren, etwa durch Maraschino oder Holunderblütenlikör. Allerdings fehlt in diesen Fällen stets die herrlich fruchtige Komponente.

2) Limette

Die Süße aus dem Likör braucht, besonders bei sehr trockenen Weinen, eigentlich keine Balance durch Zitrussaft. Die Verarbeitung von ein wenig Limette empfiehlt sich aber trotzdem, und zwar vor allem aufgrund der grandiosen Ergänzung, die der Waldmeister durch die ätherischen Öle der Schalen erhält.

Daher macht es Sinn, einfach zwei bis drei in Spalten geschnittene Limetten nur ganz leicht zu „squeezen“. Dadurch wird minimal Saft abgegeben, gleichzeitig wird jedoch auch ein Teil der Drüsen auf den Schalen geöffnet und die Öle treten in die Bowle aus. Und um die abrundende, Komplexität stiftende Wirkung von Zitruszesten wissen wir mittlerweile wohl alle.

3) Melisse

Keine Minze, sondern Melisse. Der Lippenblütler, der wirklich so gut wie überall wächst, verbindet alle Komponenten der Bowle durch sein zitroniges, honigartiges und ganz leichtes Mentholaroma.

Wichtig ist, wie eben auch bei der Minze, die Blätter nur vorsichtig anzudrücken und sie dann nicht allzu lange im Wein zu mazerieren, damit keine unerwünschten Fehl- oder Bittertöne in die Bowle übergehen.

4) Kamillenblüten

Komplexität, ick hör dir trapsen! Da haben wir sie dann also doch, die etwas anspruchsvolleren Noten. Getrocknete Kamillenblüten sind nicht nur gut verfügbar über Kräuterfachgeschäfte, Drogerien oder Apotheken, sie bringen auch ein wirklich nahezu einzigartiges Aromengeflecht mit, das der Bowle den gewissen „Bäng“ verleiht: Blumig, erdig und mitunter mit feinen Spuren von Anis oder Süßholz bereichern die Blüten das frische Labsal um jene vorsichtig dosierte Spur „tiefer“ Noten, die man dann letztendlich doch braucht.

Aufmerksamkeit ist definitiv notwendig bei Menge und Zeit der Infusion. Es reicht bereits ungefähr ein Esslöffel Blüten, die auch nur einige Minuten ziehen sollten, damit die Kamillentöne am Ende nicht die vordergründige Frische überlagern, sondern lediglich im Hintergrund mit ihren kraftvollen Aromen den Rest quasi stützen und untermalen.

5) Bitters, Bitters, Bitters!

Auch hier gilt: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste bzw. der Bowleschüssel. Selbstverständlich sollen keine Chocolate oder heftig schweren Aromatic Bitters in die duftig-frische Maibowle gelangen. Und ebenso wenig gehören große Mengen hinein.

Einige Spritzer hingegen, etwa von klassischen Peychaud’s Bitters oder auch Rhabarber Bitters (z.B. erhältlich von Fee Brothers), verleihen der Bowle jedoch einen letzten Schliff und geben ihr eine Richtung mit – im Prinzip wird damit bestimmt, ob sie ein Aperitif bleibt oder ein kompletter „Allnighter“ wird. In jedem Fall ist sie dann aber vor allem eines: herausragend delikat!

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker & Sebastian Böhme

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