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Isabelle Couprie Cognac

Ihr Terroir: Kellermeisterin Isabelle Couprie im Interview

Isabelle Couprie ist eine von nur zwei Kellermeisterinnen, die in großen Cognac-Häusern die Hand an der Wiege der Eaux de Vie hat. MIXOLOGY ONLINE traf die in der Charente geborene Önologin bei La Part des Anges und sprach mit ihr über ihre tägliche Herausforderung als Mâitre de Chai bei ABK6, Alterung und Rudern auf der Charente.     
Frankreich hat Cognac, die USA den Whiskey. Die Konsumation dieser beiden Edelspirituosen verhält sich allerdings spiegelvergekehrt. „Wir verkaufen das gleiche US-Volumen an Cognac, wie Franzosen Whiskey trinken“, bemerkt Isabelle Couprie. „Das scheint ein bisschen strange.“
Die studierte Önologin zeichnet seit Beginn dieses Jahres als Mâitre de Chai von Domaines Francis Abécassis in Cognac verantwortlich. Der von ihr beschriebene Austausch der Luxusgüter habe sich vor allem im Zweiten Weltkrieg verfestigt, als die US-amerikanische Befreiungsmacht in Frankreich auf den Geschmack des von Holländern, Engländern und Iren geprägten Doppeldestillats gekommen ist und im Gegenzug die Franzosen mit Whiskey infiziert hat.
Nach wie vor zählen die USA, dicht gefolgt von Singapur und China, zur Hauptkundschaft des zu 98 Prozent exportierten französischen Edelgutes, das in über 160 Ländern der Welt Anklang findet. „Außerdem dominiert in Frankreich eine große Wein- und weniger die Spirituosenkultur“, findet die Französin. Die Grande Nation gilt als Hochburg für feinen Wein und Champagner, der zur Hälfte im eigenen Land getrunken wird. Und sie ist mit 47,4 Millionen Hektolitern im Jahre 2017 nach Italien immer noch weltweit der zweitgrößte Weinproduzent.

Isabelle Couprie: Als Kind in das Eichenfass gefallen

Bereits als Kind steckt Isabelle Couprie ihre Nase in die Eichenfässer und aromatischen Gefilde der Weingärten des familiären und Generationen übergreifenden, zirka zehn Hektar umfassenden Weingutes in der Charente, das von ihrem Vater betrieben wird und als Weinherstellungsbetrieb für Cognac-Häuser agiert. „Ich bin in den Weingärten aufgewachsen und dadurch für das Terrain in Cognac, das Thema Weinbauwirtschaft und der damit verbunden Kultur sensibilisiert“, sagt Isabelle Couprie, deren Gesellschaft wir bei der 11. Edition von La Part des Anges genießen durften.
Der diesjährige Wohltätigkeitsverkauf des Bureau National Interprofessionnel du Cognac (BNIC) brachte 22 Cognacs verschiedener Häuser für insgesamt 291.500 Euro unter den Hammer, um die von Thierry Marx initiierte Reintegrationsschule Cuisine Mode D’Emploi zu unterstützen. „Eine wunderbare Veranstaltung, die für einen Abend Cognac-Akteure unter einem Dach vereint und beweist, dass wir verbunden sind, gemeinsam auftreten und für die Marke Cognac an einem Strang ziehen“, meint Isabelle Couprie, die sich beruflich der Passion für Wein und folglich Cognac verschrieben hat.
Während ihres Studiums der Önologie in Bordeaux und Montpellier schärft sie ihren Blick für unterschiedliche Weinkulturen und Traditionen. „Die Qualität beginnt in den Weingärten, die es permanent zu beobachten, schützen und pflegen gilt“, erfährt Isabelle Couprie in ihrer Kindheit und perfektioniert dieses Wissen auf Berufswegen. Nach ihrer Ausbildung beginnt sie als technologische Beraterin in der Region Cognac, bevor es sie für die nächsten 14 Jahre zu Cognac Gautier von Marie Brizard Wine & Spirits verschlägt, wo sie zur Kellermeisterin avanciert.

Cognac-Frauen in Männerdomänen

Anfang 2018 wechselt sie als solche zu den erst in den 1990er-Jahren durch den südfranzösischen Reis- und Weizenproduzenten Francis Abécassis gegründeten und inhabergeführten Domaines Francis Abécassis. Und akzentuiert als Frau in einer von Männern dominierten Traditionsliga das kreative Spiel mit den Eaux de vie. Seit Pierrette Trichet vor vier (und nach fast 40) Jahren das Zepter von Rémy Martin an ihren jungen Nachfolger Baptiste Loiseau übergeben hat, ist Isabelle Couprie neben Anne Sarteaux von Meukow nur eine von zwei amtierenden Kellermeisterinnen großer Cognac-Häuser.
Warum das so ist, weiß sie nicht und verwundert sie: „Vielleicht ändert sich das in der Zukunft. Denn in der Weinproduktion sind viele Frauen und durchaus in leitenden Funktionen tätig.“ Die Schwestern Blandine und Anne-Laure Conte von Conte Filles machen es vor, oder Sophie Brard-Blanchard, die sich auf ihrem Bio-Weingut neben einer kleinen Cognac-Range auch der Herstellung von Wein, Pineau des Charentes, widmet.
Bei den Domaines Francis Abécassis zeichnet Isabelle Couprie als Kellermeisterin für die drei unter dem Namen des Firmengründers vereinten Cognac-Marken verantwortlich: Die übernommenen Traditionshäuser Leyrat und Réviseur sowie ABK6, das Aushängeschild der Domaines in einer prägnanten, lautgebenden Abkürzung des Familien- und Unternehmensnamens. Die Weingüter der einzelnen Domaines erstrecken sich auf rund 220 Hektar in den drei Lagen der Grande und Petite Champagne sowie Fins Bois, ihre Produkte sollen als Single Estate Cognacs das jeweilige Terroir im Geschmack widerspiegeln.
„Der berufliche Wechsel in ein modernes Haus mit einer eben solchen Markenausrichtung und kurzen Wegen bedeutet für mich auch die Gelegenheit, an allen Etappen der Cognac-Herstellung – von den Weinbergen bis zur Assemblage und handelsbezogenen Facetten – beteiligt zu sein. Das ist ein immenser Unterschied zu Häusern, die nur einen kleinen Bestand an Weinbergen besitzen und von Weinzulieferern abhängig sind“, begründet die Französin, die gerade ihre erste Erntezeit bei ABK6 hinter sich hat, diesen Respekt vor dem Terroir.

Isabelle Couprie blickt auch über Cognac hinaus

Den gesamten Produktionsprozess begleitend, managt Isabelle Couprie alle Verfahrensschritte: „Ich kontrolliere die Rebengärten und steuere die Destillation genauso wie ich in den Produkthandel involviert bin.“ Gemeinsam mit ihrem Team überprüft sie die Reifezeit der Eaux de vie in den neuen oder alten Fässern der insgesamt 23 Keller. Das Tasting der Zweifach-Destillate, die mit anderen aus dem jeweils selben Terroir zum perfekten Zeitpunkt vermählt werden wollen, verpflichtet zur täglichen Durchführung, um die Chargen für die verschiedenen Qualitäten jeder Marke für die Cognac-Stile zu selektieren.
In ihrer raren Freizeit unterstützt die Mitvierzigerin ihren Vater, spielt Tennis, rudert auf dem Fluss Charente durch die Region rund um das von den Engelsanteilen teils schwarz gezeichnete Städtchen oder blickt beim Paragleiten und Berufsreisen auch weit über Cognac hinaus.

Credits

Foto: Martin Dejoie

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