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Onder de Boompjes Genever

Genever ist der Ursprung von Gin und doch irgendwie in Vergessenheit geraten. Onder de Boompjes versucht jetzt Tradition und Moderne zu vereinen.
Seitdem die Bartender dieser Welt den Gin wieder für sich entdeckt haben und sich die Spirituose einer umheimlichen Beliebtheitssteigerung erfreuen darf, hoffen auch Geneverproduzenten im Fahrwasser des Booms profitieren zu können und an Aufmerksamkeit zu gewinnen. Zumindest in Deutschland hat man diesen Sprung, trotz ambitionierter Versuche, unter anderem von Bols Genever, bisher nicht geschafft.
Aus dem Schatten treten
Aus Schiedaam, der Stadt in Holland mit der vielleicht größten Tradition in der Destillation von Genever, kommt nun Onder de Boompjes. In der Stadt mit den größten Windmühlen der Welt, die vor langer Zeit das Getreide für die Geneverproduktion mahlten, steht die, laut eigenen Aussagen, zweitälteste Destillerie der Niederlande, gegründet 1658. Markenzeichen sind die drei Bäume, die seit beinahe 200 Jahren ihren Schatten auf die Destillerie werfen. Onder de Boompjes, zu Deutsch „unter den Bäumen“ ist also ein sehr naheliegender Name.
Unbekannte Spirituose – Genever
Trotz der langen Geschichte und der besonderen Rolle die Genever in der Cocktailhistorie zufällt – Genever, bekannt als Holland Gin, war im 19. Jahrhundert in den USA weiter verbreitet als der heute so populäre Dry Gin. Viele Drinks in den frühen Cocktailbüchern basieren auf Holland Gin, und tatsächlich macht Genever in vielen Drinks, in denen heute Gin verwendet wird, eine sehr gute Figur.
Für die Produktion von Genever wird im ersten Schritt ein „Malt Wine“ oder auch Moutwijn im Holländischen produziert. Roggen, Gerste und manchmal auch Mais werden verkeimt, getrocknet und fermentiert und dann zu einer Maische weiterverarbeitet, die in drei Durchgängen zum Moutwijn destilliert wird. Dieser hat einen Alkoholgehalt von annähernd 50% Vol. und wird für drei Jahre in benutzten Eichenfässern gelagert, bis er für die Verwendung im Genever verwendet werden darf.
Für die restliche Zusammensetzung sind Aromen von Wacholder, Koriander und anderen Botanicals von Nöten, die entweder in Neutralalkohol destilliert werden oder die als Aromen mit ihm vermischt werden. Je nachdem wie viel Moutwijn dem noch hinzugefügt wird, spricht man von Oude oder Jonge Genever. Für einen Oude Genever müssen mindestens 15% Moutwijn genutzt werden. Wird mehr als 50% verwendet, spricht man von Corenwyn. Diesem wird weiterhin noch Zucker zugesetzt, er ist also süßer und beinhaltet deutlich weniger Wacholderaromen.
Handarbeit und Tradition
Aber zurück zu Onder de Boompjes. Voller Stolz berichtet der Markeninhaber Jean-Paul Batenburg, dass „man im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern die einzelnen Komponenten noch selbst produziert“. Der Moutwijn lagert drei Jahre in ehemaligen Jack Daniel’s Fässern und im fertigen Genever sind vergleichsweise hohe Anteile an Moutwijn vorhanden. Im Old Dutch Genever (der Oude Genever) sind es 20%, im Premium (Jonge) Genever sind es 10%, wo laut Batenburg andere Hersteller oft „nicht mehr als 1-2% verwenden“.
In der Verkostung werden die Unterschiede sehr deutlich. Während der Premium Genever in der Nase eine dominante Hefe zeigt und insgesamt an Brotteig erinnert, ist der Old Dutch Genever deutlich voluminöser. Die Fassaromen präsentieren sich in Form von Vanille, Toffee und getrockneten Früchten. Im Mund dann eine leichte Süße, die hervorragend die würzigen Aromen, dominiert von Wacholder transportiert. Eine runde, ausgewogene und sehr eigenständige Spirituose, die nur noch wenig an Gin erinnert. Durchaus mit Potenzial auch pur genossen zu werden.

Boompjes

Boompjes


Näher am Gin, aber immer noch mit deutlicher Distanz ist der Premium Genever. Angenehm mild und mit einer leichten Säure entfalten sich die Wacholderaromen relativ spät, dafür dann umso kräftiger. Trotz der moderaten 35% Vol. Alkohol hat der Premium Genever Kraft und Volumen und scheint hervorragend geeignet, um als Basis für Cocktails Verwendung zu finden für einen Preis von ca. 23 Euro.
Ob man nun mit diesen Genevern an den Erfolg vergangener Zeiten anknüpfen kann ist ungewiss, sicherlich ist der Geschmack von Genever etwas spezieller als der von Gin.
Vorausgesetzt der Gast lässt sich auf dieses Spezielle ein, und der Bartender versteht es die Aromen im Cocktail gekonnt in Szene zu setzen, ist Genever allerdings eine tolle Bereicherung für Bars und kann sich hoffentlich in den nächsten Jahren einen Platz in den Barregalen erkämpfen.

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