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RAUCHBIER: LOVE IT OR LEAVE IT?!

Brennende Klöster, schlenkernde Brauer und verstummende Verkostungsrunden: Rauchbier hat viele Geschichten zu bieten. Von seinem Geschmack sind manche begeistert, manche verschreckt. Peter Eichhorn auf Kutschenfahrt durch das Reich einer eigenwilligen Biergattung. Und natürlich auch nach Bamberg.

Zuweilen fällt die Bezeichnung „Flüssig Brot“ für Bier. Diese geht zurück auf die Fastenzeit, als ein starkes Bier die Vorgabe „Trinken bricht das Fasten nicht“ erfüllte und somit die Aufnahme der festen Nahrung ersetzte. Rauchbier geht noch einen großen Schritt weiter und kann eher als „Flüssig BBQ“ bezeichnet werden, denn Speck ist oftmals die erste Geschmacksnotiz, die hervorsticht – und manche begeistert und andere verschreckt.

Insbesondere Bamberg, das Mekka der fränkischen Braukultur, ist zugleich das Zentrum für Rauchbier, das dort allgegenwärtig in den Krügen schwappt, und auch der auswärtige Besucher gewöhnt sich nach dem dritten Glas an das zuweilen noch ungewohnte Geschmackserlebnis. Reiseführer in Bamberg berichten gerne von der Legende eines großen Feuers, das einst in einem mittelalterlichen Kloster ausbrach und es bis auf die Grundmauern niederbrannte. Einzig die Klosterbrauerei blieb erhalten. Das Malz war von den Rauchschwaden des Brandes durchzogen worden und verlieh dem Bier die markante Raucharomatik, die den Durstigen mundete, so dass man fortan die Räuchertechnik bewusst anwendete.

So ganz dürfen wir der spektakulären Geschichte nicht vertrauen. Historisch waren früher wohl die meisten Biere mit einer mehr oder weniger deutlichen Rauchnote versehen, was vom Darren des Getreides über dem offenen Feuer stammte. Erst die Industrialisierung brachte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts neue Techniken und Röstarten, die halfen, Röstgrade und die Aromen in den Malzen besser zu kontrollieren.

Rauchbier in der Bierhauptstadt Bamberg

Rauchbier verhält sich zu einem Bayrisch Hell wie ein Islay Whisky zu einem Lowland Malt. Die Verfahren sind eben auch verwandt. Wenn die gewässerte Gerste im Begriff ist, ihre ersten Triebe zu entwickeln, muss das Keimen gestoppt werden. Das geschieht durch Hitze, ursprünglich über einem Feuer und dessen Rauch. Wer die Torffeuer der schottischen Destillerien kennt, weiß um das Konzept. Der Rauch trägt Aroma in die Gerste, das sich später im fertigen Getränk mit unterschiedlicher Intensität wiederfindet.

Gerade in Bamberg hält sich die stolze Tradition der besten Rauchbiere bis heute. Es gibt zahlreiche Gründe, Bamberg einen Besuch abzustatten. Allen voran die einzigartige und wunderschöne Altstadt, die seit 1993 zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Aber nur ganz knapp dahinter folgt die großartige Bierkultur der Domstadt.

Mit den Brauhäusern Schlenkerla und Spezial widmen sich zwei dortige Braustätten der rauchigen Spezialität. Schlenkerla trägt seinen Namen nach dem Betreiber Andreas Graser, der 1877 die Geschicke der Brauerei übernahm, deren Ausschank 1405 erstmals Erwähnung fand. Graser erlitt einen Unfall mit einer Kutsche und entwickelte in der Folge einen ungewöhnlichen Gang, bei dem er auffällig mit den Armen schlenkerte. Dies brachte ihm den Beinamen ein, der dann zum Inbegriff der Braustätte wurde. Die Brauerei Spezial datiert zurück auf das Jahr 1536 und stellt noch heute ihre verwendeten Rauchmalze selbst her. Die Rauchnote ist in der Regel etwas zurückhaltender als bei Schlenkerla.

Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen

So lautet die volkstümliche Redensart zum Verhalten bei Gewitter. Teilweise folgen dem Spruch auch die Rauchbierbrauer. Hierzulande ist Buchenholz das Holz, welches in der Regel für die Herstellung der Malze für Rauchbiere Verwendung findet. In den heimischen Wäldern sind Buchen weit verbreitet und ihr Holz verfügt über einen hohen Heizwert.

Eichenholz war als witterungsbeständiges Bauholz meist zu wertvoll, um es zur Feuertrocknung von Lebensmitteln zu verwenden. Aber im Winter bietet Schlenkerla eine saisonale und limitierte Spezialität: den Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock. Ein charaktervolles Winterbier, dem die Eiche ein filigranes und komplexes Raucharoma beisteuert.

Nicht weit von Bamberg entfernt, fertigt der Brauereigasthof Kundmüller die Weiherer-Biere, in deren Sortiment sich auch ein Rauchbier einreiht, welches bei zahlreichen internationalen Bierwettbewerben bereits zu überzeugen wusste. Das Weiherer Rauch besticht durch einen runden Malzcharakter und eine subtile Rauchnote, die wundervoll eingebettet ist; süffig und vielfältig zugleich. Die Rauchbiere erweisen sich stets als ideale Speisebegleiter. Vortrefflich munden sie zu Braten, Barbecue oder kraftvollen, orientalischen Gewürzen wie Kümmel.

Die Brauerei Rittmayer in Hallerndorf, südlich von Bamberg, bietet im Sortiment zwei Rauchbiere an. Das Rittmayer Rauchbier in der Bügelflasche ist kraftvoll und klassisch. Aus der etwas experimentelleren Kraftbier-Serie der Brauerei ist das Smoky George ein Probiertipp. Mit Unterstützung des Nürnberger Whisky-Clubs wurde dieses Bier mit intensiv getorftem Malz aus Schottland von Braumeister Georg Rittmayer eingebraut. Fans von Islay Whiskys werden in diesem Rauchbier vertraute Aromen wiederfinden.

Smoked Beer International

Weitere Varianten von Rauch in Bier – traditionell oder modern – können in der Bierwelt entdeckt werden. Vernachlässigen können wir das französische Adelscott, welches ebenfalls auf torfige Whiskymalze verweist, aber vom Charakter her doch eher zurückhaltend und somit wenig spannend anmutet. Beinahe ausgestorben ist der Bierstil des Grätzer (oder mit polnischen Namen: Piwo Grodziskie), einer Weizenbiersorte, deren Malz über Eichenholz geröstet wird.

Internationale Craft Brauer beweisen, dass auch der Porter-Bierstil sich trefflich mit Rauch vermählt. Smoked Porter verbindet den Rauch mit den dunklen Noten von Schokolade oder Kaffee. 1988 kam das Alaskan Smoked Porter auf den Markt und setzt seither Maßstäbe in dieser Kategorie. Alljährlich zum 1. November kommt der neue Jahrgang heraus. Das Bier ist hervorragend lagerbar.

In Deutschland überzeugte zuletzt die Camba Bavaria mit einem sehr gelungenen Smoked Porter, ausgewogen und komplex mit einer herrlichen Zartbittere.

Eines der faszinierendsten Biere mit rauchigem Charakter stammt aus Italien. Der Braukünstler Teo Musso schuf für seine Marke Birra Baladin das Xyauyù Fumè. Musso bezeichnet es als „Birra da divano“, also Bier zum Sofa. Dieses Bier ließ kürzlich eine Verkosterrunde gänzlich verstummen. Es handelt sich um einen alkoholstarken Barley Wine mit 14 % Vol., der für zwölf Monate in Islay Whisky Fässern nachreift, die rauchig-torfigen Noten auf faszinierende Weise annimmt und mit der obergärigen Brauspezialität vermählt. Kein Schaum, keine Kohlensäure. Ein bemerkenswerter Digestif. Womöglich ideal am Kamin mit einer Zigarre. Das wäre demnach ein Rauch-Rauch-Rauch-Pairing. Kann man mal probieren.

Credits

Foto: Foto via Pixabay. Post: Tim Klöcker.

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