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Aus der Sonne an die Bar?

Limoncello genießt vielerorts einen zweifelhaften Ruf. Dabei ist der traditionelle Zitronenlikör eine wahre Aromenbombe. Auch für die Bar. Liv Fleischhacker war für uns in den Zitronenhainen der Amalfiküste unterwegs und findet: Wie bei fast jeder Spirituosenkategorie liegt der Zauber im Rohstoff.

Limoncello. Nicht nur einer der beliebtesten Urlaubsmitbringsel aus Italien, sondern zugleich auch ein hochwertiges Agrarprodukt, das sich besonders gut als Digestif an einem kalten Winterabend macht. Plötzlich schmeckt man förmlich die Sonne und das Meer und weiß, auch irgendwann kommt der Sommer wieder zurück in unsere Lande.

Weg vom reinen Touristenschnaps

Die meisten Menschen sind mit dem italienischem Likör vertraut, der besonders durch seine strahlende Farbe und intensiven Duft berühmt geworden ist. So Mancher denkt jedoch auch an zweifelhaft-zuckrige Souvenirflaschen. Doch bei richtigem Limoncello liegt man damit falsch: Denn an der Amalfiküste und in Sorrent wird er nach antiken Rezepturen aus besonderen, riesengroßen Zitronen hergestellt. Neapel und die Sorrentinische Halbinsel bieten normalerweise ein relativ mildes Klima, ich habe jedoch das Glück, in der heißesten Woche seit vielen Jahren in Italien zu landen. Es ist Mitte Juli und die Sonne brennt einem auf dem Kopf. Aber es gibt, um ehrlich zu sein, keinen Ort, an dem ich gerade lieber wäre. Ich habe schließlich mein persönliches Mekka erreicht: die Zitronenhaine von Sorrento.

Im Sommer letzten Jahres hatte ich das große Vergnügen, mir die Zitronengärten und die Limoncello-Produktion von Villa Massa anzuschauen. Wenn man an Limoncello denkt, erinnert man sich vielleicht an den süßlichen Geschmack von gleichzeitig leicht säuerlicher Pampe im letzten Italienurlaub. Es gibt jedoch viele Marken, die wahrlich vorzüglichen Limoncello herstellen. So etwa wie Villa Massa oder Antichi Sapori d’Amalfi.

Villa Massa z.B. nutzt seit Gründung der Firma das geheime Familienrezept, das aus dem Jahre 1890 stammt. Die zwei Gebrüder Massa brachten 1991 ihren Limoncello auf den Markt, weil sie die Tradition der Region am Leben erhalten und gleichzeitig der Welt zeigen wollten, was die Gegend um die Amalfiküste zu bieten hat. In Villa Massas Limoncello werden nur Sorrento-Zitronen verwendet, die erheblich größer sind als die, die man üblicherweise hierzulande bekommt. In der Form mehr oval als rund, enthält die Zitronenschale viele ätherische Öle.

Es liegt etwas in der Luft…

Im Zitronenhain parfümieren die Pflanzen leicht die Luft. Oft werden hier entgegen einer Monokultur unterschiedliche Früchte angebaut, und so werden die Haine auch als „Küchengarten” bezeichnet – alles was die Küche braucht, und zwar an einem Ort. Der Zitronenhain von Villa Massa ist riesig, ungefähr 7.000 Quadratmeter auf sieben verschiedenen Etagen. Am Hang werden die Bäume durch hölzerne Gitter vor der prallen Sonne geschützt. In der Region werden viele Gewächsgärten inzwischen wieder rekultiviert, weil man sich der kulturellen Bedeutung bewusst ist, und Traditionelles bei Touristen immer gut ankommt. Zitronen, die für die Limoncelloproduktion benutzt werden, sind saftig und reif. Wenn man mit dem Fingernagel leicht an der Schale kratzt, spritzt einem förmlich der Saft entgegen. Die Zitronen von Sorrento sind so besonders, weil sie in sehr nährstoffreicher, vulkanischer Erde angepflanzt werden.

Guter Limoncello wird per Hand hergestellt und nur aus den Schalen von frischen Zitronen, Zucker, Wasser und Alkohol. Üblicherweise werden sogar die Zitronen noch bis zum heutigen Tag handverlesen und der Produktionsprozess ist auch noch derselbe wie vor 100 Jahren: Frisch geschälte Zitronenschalen werden in Alkohol eingelegt und danach zweimal destilliert. Im Jahre 2008 wurde Limoncello von der EU als landwirtschaftliches Produkt gekennzeichnet. Um den Titel „Liquore di Limone di Sorrento“ tragen zu dürfen, darf der Limoncello nur aus Sorrento-Zitronen produziert werden und die Herstellung muss in der selben Region vollzogen werden, in der auch die Zitronen gepflückt wurden. Alles ist zu 100 Prozent natürlich, damit die gelbe „Limone di Sorrento“ am besten zur Geltung kommen kann.

Aus der Sonne an die Bar?

Limoncello hat für die Amalfi- und Sorrentoküste Wunder bewirkt. Weil die Sorrento-Zitronen so geschätzt und gehegt wurden, gelten die Früchte mittlerweile als geschütztes geografische Produkt (IPG). In den letzten Jahrzehnten wurde sich viel um die Region gekümmert, und so liegt es an den Zitronen, dass man hier anstatt von Wolkenkratzerhotels eher verschlafene Gässchen und Wirtshäuser findet. Das Kopfsteinpflaster poltert unter den Schuhen und hinter der nächsten Ecke verbirgt sich meist das Gesicht eines lächelnden Italieners. Tiefe Grübchen setzen sich von dunkler Haut ab, während fröhlich ein oder zwei oder drei Limoncello gereicht werden.

Nach meiner Reise verstehe ich langsam, wieso die Einheimischen sich unter dem Konzept von „Himmel“ nichts vorstellen können. Schließlich kann es doch nicht besser werden, wenn man sein ganzes Leben an der sonnigen Amalfiküste verbringen durfte. Bleibt nur die Frage: Wann kommt der Limoncello eigentlich an die Bar?

 

Offenlegung: Pressereise.

Credits

Foto: Bild via Villa Massa.

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