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Wie Ecospirits die Spirituosenlogistik revolutionieren und Einwegflaschen radikal verringern möchte

Das in Asien gegründete Unternehmen Ecospirits hat sich zum Ziel gesetzt, die Masse an Einwegflaschen in der Spirituosenindustrie radikal zu reduzieren. Erreicht werden soll dies mittels einer revolutionären, CO2 –armen Verteilungstechnologie, dessen Herzstück der wiederbefüllbare „Ecotote“ ist. Nun starten die markanten, froschgrünen Kanister auch in Deutschland. Kann das funktionieren? MIXOLOGY Online hat nachgefragt.

„In der Spirituosenindustrie ist die Einweg-Glasflasche eine der größten Einzelquellen für Abfall und CO2-Emissionen.“ So wie Paul Gabie dasteht – modern sitzender Anzug, offenes Hemd und legeres Lächeln – kann man sich gut vorstellen, wie er in den Nullerjahren in New York als Anwalt gearbeitet hat. Das aber ist eine Weile her. Seither hat Paul Gabie seine Agentur Proof & Company in Singapur gegründet und zahlreiche preisgekrönte Bar-Projekte wie 28 Hongkong Street, Manhattan und Atlas in Singapur, The Pontiac in Hongkong oder das Charles H in Seoul mitentwickelt.

Seit 2018 aber widmet sich der Unternehmer fast vollständig seinem neuen Ziel – der radikalen Verringerung des CO2-Fußabrucks in der Gastronomie: Willkommen bei ecoSPIRITS. „Wir glauben“, so Paul Gabie weiter, „dass ein Übergang zu kohlenstoff- und abfallarmen Verpackungslösungen in allen Sektoren unerlässlich ist, um die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die nationalen wie multilateralen Verpflichtungen zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen zu erreichen.“

Mutter, der Mann mit dem Kanister ist da: ecoSPIRITS-Gründer Paul Gabie
ecoSPIRITS ersetzt Einweg-Logistik durch ein vollständig wiederverwendbares, geschlossenes Technologiesystem

Das Herzstück: der „Ecotote“

Er und sein Team haben ecoSPIRITS mit der Idee gegründet, um eine Kreislauflösung gegenüber der herkömmlichen Einweg-Glasflaschenverpackung zu finden. Die Idee ist gewachsen und hat sich mittlerweile als Unternehmensmission manifestiert. Einwegglas soll auch in der Spirituosenindustrie durch einen Übergang zu einer Mehrweg-Verpackungstechnologie extrem verringert werden. Als Unternehmen für Kreislaufwirtschaftstechnologie haben Gabie und seine Mitstreiter:innen die weltweit erste CO2- und abfallarme Verteilungstechnologie für Premium-Spirituosen entwickelt. So soll das Problem des bei Produktion, Vertrieb und Konsum von Spirituosen entstehenden Mülls gelöst werden.

Das Ziel ist kein kleines. Laut ecoSPIRITS sind im Jahr 2020 weltweit 40 Milliarden Einwegflaschen in der Gesamtgastronomie verwendet worden. „Das macht 22 Millionen Tonnen an Emissionen. Der Klimafußabdruck einer Einwegflasche liegt bei 550 Gramm CO2, der eines einzelnen Cocktails bei etwa 30 Gramm“, ergänzt Zdenek Kastranek, Mitbegründer von Proof & Company sowie internationaler Verkaufsleiter von ecoSPIRITS.

ecoSPIRITS macht etwas, worüber in der Branche in Theorie schon oft gesprochen wurde, das aber noch nie jemand in die Praxis umzusetzen vermochte: Es ersetzt Einweg-Logistik durch ein vollständig wiederverwendbares, geschlossenes Technologiesystem, dem zum Patent angemeldeten „Closed-Loop-System“. Das Herzstück dieses geschlossenen Systems ist ein so genanntes „Ecotote“. Das ist ein manipulationssicheres, ergonomisches 4,5-Liter-Glasgefäß mit einem stoßfesten Gehäuse – gehalten in einem markanten Froschgrün. Das Ecotote ersetzt den traditionellen Sechs-Flaschen-Spirituosenkarton durch ein vollständig wieder verwendbares und platzsparendes Format. Der Ecotote-Kessel wiederum wird in einer eigens errichteten Abfüllanlage, der „Ecoplant“, wieder befüllt – dort, wo die Container der eigentlichen Spirituosen-Hersteller lagern.

Folglich werden die neu befüllten Ecototes an Restaurants, Bars und Hotels geliefert, die leeren retourniert. Mittels Smartpour-Technologie werden die Markenspirituosenflaschen vor Ort wieder befüllt, um das Erlebnis für den Gast an der Bar zu erhalten. „Mit dem Smartpour funktioniert es in 30 bis 35 Sekunden relativ zügig, eine Spirituose in die Originalflasche zu füllen. Wir bezeichnen dieses Abfüllen als ‘Decanting’. Ist das Label auf der Markenflasche mit der Zeit abgegriffen, wird diese von unserer Seite gegen eine neue Flasche ausgetauscht“, erklärt der international bekannte Bartender Kastranek.

Weniger Müll und dabei noch mehr Lagerfläche

„Ich halte dies für eine großartige Geschichte“, zeigt sich Lukas Motejzik von der Idee begeistert. „Denn das Problem in der Bar und Gastronomie ist, dass wir Glasmüll ohne Ende haben. Dieses System wird eine große Menge dessen verhindern“, zeigt der Betreiber der Münchner Zephyr Bar großes Interesse an der neuen Technologie. An der Lagerung der Ecototes im Keller oder der Backbar anstelle bisheriger Flaschen oder Fässer würde sich nicht viel ändern. „Die Kanister lassen sich genauso stapeln und sind zudem sogar platzsparender, und im Endeffekt ergeben die 4,5 Liter-Fässer das gleiche Resultat wie sechs 0,7-Liter-Flaschen, die ich allerdings entsorgen müsste“, meint Motejzik.

Hinzu komme die beachtliche Reduzierung des Mülls, der Arbeits- wie Zeitersparnis. Denn Flaschenkartons müssten nicht mehr zerkleinert und in der gewerblichen Papiertonne entsorgt, Werbematerial oder Schrumpfkappen an der Flasche nicht mehr abgemacht werden. ecoSPIRITS zufolge könnten die platzsparenden, weil leicht stapelbaren Ecototes die Lagerfläche um bis zu 70 Prozent reduzieren, was gerade bei kleinen Bars Sinn macht. Glas- und Kartonabfälle könnten bis zu 95 Prozent reduziert werden. „Allerdings macht dieses System nur Sinn bei Pouring-Spirituosen, nicht bei Edelqualitäten oder Sondereditionen mit weniger Umlauf“, so Motejzik.

Der „Ecotote“ wird in einer eigens errichteten Abfüllanlage, der „Ecoplant“, wieder befüllt

Nachfrage bei Bars nach größeren Gebinden steigt

Bastian Heuser von den Brandenburger Spreewood Distillers sieht das ähnlich: „Bei einer viel verwendeten Pouring-Spirituose mit einer hohen gastronomischen Drehung ergibt das Sinn, weniger aber bei einem hochpreisigen Whisky zum Beispiel, der von Konsumentenseite weniger nachgefragt wird“.

Der Geschäftsführer der Stork Club Whiskey-Destillerie hatte schon Gelegenheit, sich Einblick in den Ablauf bei einer Beteiligung von ecoSPIRITS zu verschaffen: „Ein gut durchdachtes und stimmiges Konzept, vor allem, wenn es darum geht, CO2 in größerem Kontext zu reduzieren.“ Als Spirituosenproduzent könnte Heuser somit seinen Whiskey-Container von der Destillerie in die nächste Ecoplant führen. Ein ecoSPIRITS -Mitarbeiter würde in dieser „Abfüllstraße“ wiederum die per Tracking verfolgbaren Ecototes für Gastronomen betanken und ausliefern. „Das ergibt Sinn. Viele Gastronomen fragen bereits nach größeren Gebinden. In diesem Kreislaufsystem würden wir viel an Ausstattungskosten einsparen“, meint Heuser und merkt an, den daraus resultierenden Preisvorteil an die Gastronomie weitergeben zu können. Ein bedeutendes und zeitgemäßes Kriterium für den Produzenten aber sei der nachhaltige Ansatz.

Gemäß ecoSPIRITS würde die Systemeinführung für Spirituosenhersteller rund 90 Prozent Reduzierung an Verpackungskosten und Arbeitszeit bedeuten und könnte auch Auswirkungen auf die Produktqualität zeigen. Denn bis zu 70 Prozent der Grundkosten der Herstellung von Spirituosen beziehen sich auf Verpackung, Logistik und die damit verbundene Arbeit. „In einer hart umkämpften Branche bedeutet dies unvermeidliche Kompromisse bei der Qualität der Zutaten und des Endprodukts, das an Bars, Hotels und Restaurants geliefert wird“, so das Unternehmen mit Sitz in Singapur.

Nun erfolgt der Start in Deutschland

Die ecoSPIRITS -Technologie ist in sieben Ländern und 30 Städten im asiatisch-pazifischen Raum sowie in Europa verfügbar. Das globale Netz von Closed-Loop-Diensten wird weiter ausgebaut. Mittlerweile gibt es Niederlassungen in London, Paris und Miami. Mehr als 800 führende Bars, Restaurants und Hotels haben die Technologie bereits übernommen. „Seit unserer Einführung in Singapur im Jahr 2018 ist die Resonanz der Barindustrie auf die ecoSPIRITS-Lösung phänomenal. Das schnelle Wachstum unseres globalen Netzwerks von Closed-Loop-Services, die Qualität unserer Partner für Veranstaltungsorte und Spirituosen und die Anerkennung in der Branche haben alle unsere Erwartungen übertroffen“, beschreibt Paul Gabie. So wurde Ecospirits bei den P.E.A. Awards – dem führenden Nachhaltigkeitspreis Großbritanniens – als Green Packaging of the Year der Food & Beletage-Kategorie ausgezeichnet und bekam den Spirits Business Awards 2021 für Verpackungsinnovation.

Mit Jahresbeginn 2002 nun nimmt das Unternehmen seinen Betrieb in Deutschland auf, repräsentiert durch Innovative Drinks. „Mit der Spirits Bar in Köln sowie der Zephyr Bar in München konnten wir gleich zwei namhafte Bars für den offiziellen Launch begeistern. Die Gespräche mit weiteren Bars verlaufen außerordentlich positiv, und es gibt bereits jetzt eine große Nachfrage seitens der Gastronomie“, freut sich Knud Reiss von Innovative Drinks auch über hiesige Resonanz.

Die Zukunft also ist grün. Und in diesem Fall sogar: froschgrün.

Credits

Foto: Ecospirits

Comments (1)

  • Bernhard

    Vielleicht eine blöde Frage, aber warum verschließt man sich der Abgabe an Privatkunden?
    Klar, das Ziel ist die Einsparung der Emissionen der Gastronomie, aber für Privatpersonen die größere Feste ausrichten oder auf solchen hobbymäßig ein paar Cocktails mixen kann das System doch auch interessant sein.

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