Die Botschaft von Franz Königsberger und seinem El Niño: Trinkt mehr Bitter Lemon!
Bitter Lemon. Laut einer aktuellen Umfrage, die MIXOLOGY für ein Dossier unter führenden Barbetreiber:innen durchgeführt hat, führen 40,9% der deutschen Bars ein Bitter Lemon. Knapp 41 Prozent klingt erstmal nicht schlecht, heißt aber auch kopfüber von der Decke hängend gelesen: Knapp 60% führen überhaupt kein Bitter Lemon mehr.
Es gab eine Zeit, in der das undenkbar gewesen wäre. In der vor allem „Vodka Lemon“ ein stehender Begriff bei einer Bestellung war – mal abgesehen von der mixologischen Qualität des Getränks, war der Longdrink aus dem Nachtleben kaum wegzudenken. „Definitiv, viele kennen es von früher und lächeln heute darüber, weil sie es mit Dorfdisco und Jugendeskapaden verbinden“, meint auch Franz Königsberger, aktuell im The Tiny Cup in Frankfurt tätig. „Im Gin & Tonic-Boom der letzten zehn Jahre sowie mit dem gesteigerten Interesse an hochwertigen Spirituosen geht ein Filler wie Bitter Lemon, der hauptsächlich mit einer geschmacksneutralen alkoholischen Substanz gemixt wurde, gerne mal unter. Außerdem sind moderne Drinks heute eher klar und kompakt gebaut, maximal ein Schuss Soda, so wir den Drink nicht sogar selbst Karbonisieren.“
El Niño
Zutaten
4,5 cl Tequila Blanco
2,5 cl Midori Melon
2,5 cl Frischer Limettensaft
0,5 cl Zuckersirup (1-1)
2-3 Dashes Celery Bitters
Fill up Bitter Lemon
Bitter Lemon, das Umami der Filler
Er meint im gleichen Atemzug aber auch: „Trinkt mehr Bitter Lemon!“.
Warum aber meint er das? Erklärung, bitte: „Für mich ist Bitter Lemon das geheime Umami unter den Fillern. Wir reden von einer herb-bitteren Limonade mit etwas Säure und vor allem Charakter – und das, ohne eine ‘quietschige’ Mango oder Ananas zu interpretieren“, so der Wahl-Frankfurter. „Ich taste mich aktuell an verschiedene Kombinationen heran, wobei mir die Harmonie mit Tequila am besten gefällt. Ein Paloma Twist ist schnell da und kann beliebig variiert werden, da sich Bitter Lemon auch mit vielen Geschmäckern verbinden lässt.“
Womit wir beim eigentlichen Kern dieser Geschichte sind: dem El Niño, einem überraschenden Bestseller auf der Karte des The Tiny Cup. Auch hier bildet die Kombination aus Tequila Blanco – beim nationalen Patrón Perfectionists-Gewinner des Jahres 2021 Königsberger ist das natürlich Patrón – und Bitter Lemon die beiden Eckpfeiler, geschmeidig verbunden vom japanischen Melonenlikör Midori Melon. Für einen etwas würzigen Gegenpart sorgen noch ein paar Dashes Celery Bitters, und fertig ist knallgrüne „Textmarker-Drink, um einen Gast zu zitieren“, so Königsberger weiter. „Der El Niño funktioniert genau so, wie er aussieht: grün, leicht verständlich und vor allem lecker.“
Eine Welle für Bitter Lemon?
Ob Drinks wie der El Niño das Kräfteverhältnis von Bitter Lemon zu seinem übermächtigen Cousin Tonic Water (bzw. auch gegen eifrige Emporkömmlinge wie Pink Grapefruit) wieder zu seinen Gunsten verschieben werden, wagen wir nicht zu prognostizieren. Wir wissen nicht, wie Wellen entstehen; aber wir wissen, dass sie entstehen. Und dieser Umstand womöglich für ein Revival der Zitrus-Chinin-Kombination spricht.
„Es ist normal, dass in unserer Szene Zutaten für einen gewissen Zeitraum exzessiv genutzt werden und dann wieder etwas in Vergessenheit geraten, bis jemand kommt, der den Funken wieder überspringen lässt“, betrachtet Franz Königsberger das Thema mit Weitblick. „Es würde mich also nicht wundern, wenn wir in den nächsten ein, zwei Jahren wieder vermehrt Bitter Lemon in den Bars sehen werden. Vielleicht auch in einer anderen Form, als wir es kennen.“
In diesem Sinne: Trinkt mehr Bitter Lemon!
Credits
Foto: Sarah Swantje Fischer