Eine moderne Bleibe: Zu Besuch in der neuen Destillerie von Elephant Gin
Es gibt bestimmt Menschen, die Wittenburg in Mecklenburg-Vorpommern durch das dortige Alpincenter Bottrop kennen, die größte Skihalle Deutschlands mit einer Pistenfläche von 30.000 Quadratmetern. Wir bei Mixology gehören jedoch nicht dazu, weswegen wir überrascht staunen beim Anblick des imposanten Baus, der plötzlich entlang der Landstraße wie ein künstlicher Ayers Rock in den Himmel ragt.
Elephant Gin mit Transparenz
„Hier trainieren auch professionelle Alpinkader für die Wintersaison“, erklärt Robin Gerlach, der den Wagen an der Skihalle vorbeilenkt. Wir sind ja auch nicht zum Skifahren hier. Sondern für den Besuch der neuen Destillerie von Elephant Gin in der Rosenstraße 3. 2013 haben Tessa und Robin Gerlach die Marke gegründet, beides Quereinsteiger zu einem Zeitpunkt, als der Gin-Hype nicht mehr am Anfang war, aber auch noch nicht seinen Höhepunkt erreicht hatte. Die Marke konnte sich mit ihrer Kombination aus afrikanischen Botanicals und der signifikanten Flasche rasch einen Namen machen. Sowie natürlich der Tatsache, dass 15% des Gewinnes pro Flasche für die Erhaltung der namensgebenden Tiere aufgewendet wurden.
Eine Million Euro hat man in der Dekade seines Bestehens laut eigenen Angaben gespendet. Das ist eine beachtliche Zahl, und generell gibt man sich bei Elephant Gin erfreulich transparent im Umgang mit Zahlen und Fakten. „Die Investition in den neuen Standort haben sich auf etwa fünf Millionen belaufen“, so Robin Gerlach. Eigentlich war das Ganze früher geplant, aber die Coronapandemie hatte einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ende 2022 ist Elephant Gin auch in den Besitz des langjährigen italienischen Partners Compagnia dei Caraibi gewechselt. Die neue (und erste eigene) Destillerie ist nun in einem ursprünglichen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem später eine Süßstofffabrik untergebracht gewesen war, beheimatet, der saniert und adaptiert wurde. Die Brennanlage mit zwei Holstein-Kupferbrennblasen (2 mal 250 Liter) sowie die Abfüllanlagen samt Lager befinden sich Erdgeschoss, im ersten Stock wartet das Besucherzentrum mit Tasting Room und ausladender Bar.
Es ist ein offener, freundlicher Komplex mit vielen großflächigen Fenstern, praktisch das Gegenprogramm zu den letzten beiden Jahren, als man sich übergangsmäßig in fensterlosen Räumen der Landmolkerei im nahe gelegenen Hagenow einquartiert hatte. „Das war wichtig, aber hat unseren Master Distiller auch an die mentalen Grenzen gebracht“, schmunzelt Robin Gerlach.
Der Spagat zwischen Meck-Pomm und Afrika
Jetzt steht Master Distiller Yannik Ranft in einem lichtdurchfluteten Raum, während hinter ihm zwei Rotovaps für eine Testreihe rotieren. Seit zweieinhalb Jahren verantwortet er die Produktion, zuvor hatte das Robin Gerlach selbst getan. Als Autodidakt hatte sich der ehemalige Buchhalter Gerlach, der in seiner früheren Tätigkeit seine Vorliebe für Akribie verankert sieht, aber auch viele kulinarische Vergleiche zieht, wenn er über Aromen spricht, das Brennen beigebracht und dafür Kurse in Großbritannien besucht. Nun beaufsichtigt Ranft die Produktion des Portfolios, das im Augenblick neben dem Elephant London Dry Gin aus dem Elephant Orange Cocoa Gin, Elephant Sloe Gin, Elephant Strength, Elefang Gin Coffee Liqeur sowie dem Online-Bestseller, dem Bottled Cocktail Negroni, besteht. Zum Bar Convent Berlin plant man den Launch des auf 5.000 Stück limitierten „African Explorer“. Letzterer ist dominiert vom Aroma von Buchu, „meinem Lieblingskraut, das nach schwarzer Johannisbeere schmeckt“, wie Tessa Gerlach bemerkt.
Das tut es in der Tat. Mittlerweile sitzen wir im Tastingroom in der oberen Etage, haben zuvor bereits eine Flasche Gin selbst befüllt, sie mit einer Etikette versehen und selbst beschriftet sowie die Flasche mit den von Massai produzierten Bändern umwickelt. Dieses Erlebnis den Besucher:innen die Idee von Elephant Gin nochmal näherbringen, verdeutlicht den Spagat zwischen einer Spirituose mit afrikanischen Botanicals wie Baobab, Devil’s Clas oder African Wormwood samt ihrem Engagement für gefährdete Tiere und der regionalen Produktion in Mecklenburg-Vorpommern, wo gerade die Apfelproduktion einen wichtigen Faktor in der Herstellung von Elephant Gin ausmacht. Es ist die Kunst von Tessa und Robin Gerlach, diesen Spagat über Kontinente hinweg mit Authentizität zu füllen.
Der Kraftakt ist vollbracht
„Die Arbeit mit regionalen Partnern wollen wir auch noch weiter ausbauen“, so das Gründerduo. Die neue Anlage ist so auf mehrfache Weise ein Startschuss in ein neues Kapitel. Es war ein Kraftakt, denn wer immer einen Umbau dieser Größenordnung absolviert hat, weiß: Das kostet Kraft und Nerven. Und nie läuft alles exakt nach Plan, dazu braucht es noch nicht mal eine globale Pandemie. Aber nun steht sie da, die neue Destillerie. In den Brennblasen rotiert der Wacholder, rund 5.000 Besucher pro Jahr ist das erste, anvisierte Ziel.
Wenn dann ein paar Gäste in Skischuhen reinspazieren, ist man auch gewappnet. Das hält der Boden locker aus. Können auch Elefanten drüber laufen.
Credits
Foto: Stefan Adrian