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Mixology Verkostungsrunde September 2022

Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde im September 2022

Wie gewohnt haben wir auch diesen Monat fünf Produkte verkostet, die unsere Neugier geweckt haben: der neue Empirical Symphony No. 6 aus Kopenhagen, der spezielle afrikanische Gin Procera, ein Tonic von Franklin & Sons, Pastis von der Mosel und deutscher Eichelschnaps. Unsere Verkostungsrunde im September 2022.

Der neue Empirical Symphony No. 6
Der neue Empirical Symphony No. 6 aus der Kopenhagener Tüftlerschmiede

Empirical Symphony No. 6

Der größte Rotationsverdampfer Europas hat wieder zugeschlagen und so manch einer mag sich freuen, dass endlich ein Produkt auf den Markt kommt, das die gleiche Farbe hat wie ein berühmter italienischer Aperitiflikör. Ob man von Farbe auf Geschmack schließen kann, das wollen wir uns einmal ansehen und hoffen heimlich auf größtmögliche Diskrepanz.
Das gewohnte Design von Empirical verrät schon einiges über den Inhalt. Neben Blättern von Zitrone, Kaffee und Feige ist es vor allem die Knospe der schwarzen Johannisbeere, die die Aromatik dominieren soll.

Orange leuchtend lädt die Empirical Symphony No. 6 ein, verkostet zu werden. In der Nase viel dunkle Frucht, eine leichte Zitrusnote und viel Aroma. Ein sehr runder und vielversprechender erster Eindruck. Auf der Zunge braucht es einen Moment, bis das volle Aroma durchkommt. Dann wird die Symphony aber wirklich komplett durchgespielt. Viel Frucht, dunkle rote Aromen und eine angenehme Bitterkeit, abgerundet von leichter Säure. Schmeckt tatsächlich sehr lecker und ist sicher eine interessante Basis für verschieden,e kohlensäurehaltige Filler. Allerdings sollte man sich mit der Aromatik weiterer Zutaten ein wenig zügeln, um die feine Symphony nicht zu zerstören.

Flaschengröße: 500 ml
Alkoholgehalt 40 % Vol.
UVP: € 39,-
Vertrieb: Charles Hosie

Procera African Juniper Gin – Green Dot

Ohne überheblich sein zu wollen, habe ich bis vor kurzem tatsächlich gedacht, dass mich in puncto Gin wohl nichts mehr überraschen würde. Nun, weit gefehlt. In Kenia destillierter Gin, der mit einem speziellen, frischen Wacholder aromatisiert wurde, kam mir bisher noch nicht ins Glas. Es kam durchaus Neugierde auf, befeuert durch das doch sehr minimalistisch gehaltene Flaschendesign. Eine wuchtige Glasflasche mit in Leder eingefasstem Hals und einem geschnitzten Korken machen optisch einiges her, und die Verwendung eines lokalen Wacholder – Juniperus Procera – könnte ja tatsächlich Abwechslung im Ginregal versprechen.

Im Glas, wenig überraschend, eine klare Flüssigkeit. In der Nase weniger Zitrus als man erwarten würde, aber die volle Breitseite Wacholder. Kein Wunder, ist doch der „Green Dot“ eine Jahrgangsabfüllung und soll den Juniperus Procera vollends in das Rampenlicht stellen. Und das gelingt. Die 47% Vol. sind kaum spürbar, weich und mild schmeckt der Gin und vor allem nach Wacholder. Mit leichter Schärfe und langem Abgang ist die Zunge ordentlich beschäftigt. Ungewöhnlich, außergewöhnlich und wirklich lecker. Die Standardlinie, der „Blue Dot“, ist da schon deutlich Gin-typischer, auch wenn der Wacholder wirklich sehr präsent ist. Preislich ist die Procera-Range eine Liga für sich, aber wer einen wirklich speziellen Gin probieren möchte, ist hier richtig.

Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt: 47% Vol.
UVP: 139,99 € / Flasche
Vertrieb: Südafrika Genuss

Procera Gin wird in Kenia produziert
Procera Gin wird in Kenia produziert und ist aromatisch wie preislich anspruchsvoll
Das Franklin & Sons Tonic Grapefruit & Bergamot überzeugt im Test

Franklin & Sons Tonic Grapefruit & Bergamot

Wer einen Gin im Glas hat, der nur sehr wenig Zitrusaromen mit sich bringt, mag diesen vielleicht durch ein spezielles Tonic ein wenig auffrischen. Franklin & Sons bietet hier eine ganze Reihe an verschiedenen, aromatisierten Tonics an und möchte sich damit auf dem deutschen Markt etablieren. Zur Verkostung habe ich mir das Grapefruit + Bergamot Tonic ausgesucht. Die kleine Flasche ist optisch stark und liegt gut in der Hand. Ein prägnantes Geräusch beim Öffnen verrät starke Kohlensäure. Eine angenehme Zitrusnote umweht das Glas und macht Lust auf den ersten Schluck. Viel Zitrus, viel Grapefruit, es lässt sich ein wenig Bergamotte erschnuppern und schmecken. Obwohl nach Wasser Fruktose als zweitstärkste Zutat aufgeführt wird, ist das Tonic im Mund angenehm trocken und macht wirklich Spaß. Die Kohlensäure ist so präsent wie anfangs erhofft, das Bittere der Grapefruit hat einen angenehmen langen Nachhall. Hier wird sicherlich nicht die Bitterlimonade neu erfunden, aber wer ein gutes Tonic mit spannenden Aromen sucht, wird fündig.

Flaschengröße 200 ml
Alkoholgehalt: 0%
UVP: € 1,99
Vertrieb: Moreno

Oken – Schnaps aus Eicheln

Die vielzitierte Schnapsidee dreier Freunde, denen an einem feucht-fröhlichen Abend die Idee für ein gemeinsames Projekt kam. Nun gut, in diesem Falle will ich sie einmal glauben. Zu schlüssig scheint die Frage, wieso allerlei Spirituosen in Eichenfässern gelagert werden, aber kein einziges Destillat aus Eicheln hergestellt wird. Es wurde also probiert, getestet und gecrowdfunded, und mittlerweile ist bereits die zweite Charge des ungewöhnlichen Destillats produziert.

Außer für lustige Bastelarbeiten mit Kindern sind die Dinger also doch zu was gut. Wollen wir mal sehen. Das Destillat ist klar und zieht mit dicken Schlieren am Glas hinab. Die Nase erinnert ein wenig an Korn, hat aber noch einen deutlichen Nebenton. Erdig, dunkel und irgendwie „kühl“ wirkt der Schnaps in der Nase. Auf der Zunge dann eine leichte Süße, deutlich dünner als der Geruch vermuten ließ, und irgendwie kommt immer wieder die Assoziation zu Korn, obwohl der Geschmack deutlich anders ist. Anders und spannend ist auch der Gesamteindruck, allein die Relevanz für eine Cocktailbar will sich im ersten Moment nicht ganz erschließen und muss wohl jeder für sich selbst herausfinden.

Flaschengröße: 500 ml
Alkoholgehalt 40% Vol
UVP: € 40,-
Vertrieb: Oken

Eicheln taugen zu mehr als nur zu lustigen Bastelarbeiten für Kinder
Eicheln taugen zu mehr als nur zu lustigen Bastelarbeiten für Kinder
Pastis von der Mosel von Andreas Vallendar
Pastis von der Mosel von Andreas Vallendar

Mosel Distillers Pastis

Andreas Vallendar ist uns in Form der Mosel Distillers bereits mit seinen Fruchtdestillaten begegnet. Mit seinem neuesten Streich widmet er sich einer Kategorie, die längst vergessen schien: Pastis. Entstanden aus dem Verbot des Absinth vor etwa einem Jahrhhundert, ist Pastis mittlerweile eine eigene Kategorie, und so lang muss man dann gar nicht zurückreisen in der Zeit, um ein altes Familienrezept zu finden. Die bereits bekannte Flasche schmückt ein buntes Etikett, deutlich anders als die Etiketten der Fruchtdestillate. Künstlerisch und eher schmückend. Der Inhalt ist klar inklusive eines leichten Gelbstichs. Tolle Nase: Wermut, Anis und Fenchel stechen klar heraus und sind auch in der Purverkostung sehr dominant. Aber Pastis möchte ja verdünnt werden: 6-10 Teile Wasser empfiehlt das Etikett, und die direkte Umsetzung führt zu einer herben Enttäuschung. Kein Louche-Effekt, keine Eintrübung der Flüssigkeit. Auf Nachfrage wird erklärt, dass schlicht „zu sauber destilliert“ wurde. In der zweiten Charge soll dieser Effekt aber auftreten, bei einer ingesamt etwas kräftigeren Aromatik. Ob die Kategorie des Pastis eine Renaissance erleben wird, bleibt abzuwarten, aber selbst wenn sie nur klein wird, hier wäre ein guter Vertreter.

Flaschengröße 500 ml
Alkoholgehalt 17% Vol.
UVP: € 19,99
Vertrieb: Capulet & Montague

Credits

Foto: Marco Beier

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