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Fakten: Die Agave als Alleskönner

Ob Tequila oder Mezcal, ob als Dicksaft für die Bar oder in der Küche: Die Agave ist in aller Munde. Aber wer wusste, dass man aus ihr auch Diamanten herstellen kann? 
Oder dass sie gegen den Klimawandel hilft? Mexikos Nationalpflanze im MIXOLOGY ONLINE-Check 

Ursprünglich stammt die Agave aus Mexiko und Südamerika und wurde später in den Mittelmeerraum eingeführt. In der Pflanzenwelt existieren mehr als 300 Agavensorten. Als Allrounder kann die Pflanze mehr als nur zu Alkohol oder Sirup verarbeitet zu werden, auch ihre Blütenknospen und Blätter werden geröstet oder gebacken. Fett und Salz macht doch alles schmackhaft!

Jede Agavenpflanze braucht mindestens sechs Jahre – wenn nicht länger – um heranzureifen. Weil es mehrere Jahrzehnte bis zur Ausbildung des Blütenstands dauern kann, ist die Pflanze auch als „Jahrhundertpflanze“ bekannt. Traditionell geerntet wird sie mit einer Machete, die sich auf Spanisch „Coa“ nennt. Der Mann, der sie erntet, wird als „Jimador“ bezeichnet.

Als Heilpflanze

Die Agave hat natürliche Heilqualitäten und ist besonders bei Verstopfung ideal. Schon früher wurde die Rosette von südamerikanischen Ureinwohnern als Heilpflanze genutzt, da sie leicht giftig ist und abführend, antibakteriell, harntreibend und schweißtreibend wirkt. Man kann also bei der nächsten Margarita ein ruhiges Gewissen haben, wirkt ja schließlich heilend.

Als Pulque

Dass Mexikos Nationalgetränk Pulque auch aus der Agave gewonnen wird, wird hier sicherlich niemanden großartig überraschen. Das Getränk existiert seit über 2000 Jahren und wird aus dem gegärten Saft der Pflanze gemacht. Farblich erinnert es an ein Glas Milch, jedoch hat Pulque eine dickflüssigere Konsistenz mit einem sauren, hefelastigen Geschmack. Da das Getränk schnell verdirbt, ist es außerhalb von Mexiko kaum erhältlich. Also: Beim nächsten Mexikourlaub ganz viel verdorbene, milchartige Pulque trinken! Besonders gut für die Darmgesundheit!

Im Agavensirup

Die Pflanze entwickelt während ihrer Blütenphase einen Saft, der von der Basis des Stiels verläuft. Genau das ist Agavensirup, der als Alternative zu Zucker verwendet werden kann und momentan in aller Munde und auf unzähligen Health Food-Blogs gefunden werden kann. „Gesünder“ ist der Sirup, da er einen niedrigeren Glykämischen Index (GI) als Zucker hat und deshalb weniger Insulin ins Blut geschüttet wird. Um den Sirup zu gewinnen, wird der innere Kern einer mindestens acht Jahre alter Agave entfernt und der Saft, der sich in dem Loch gesammelt hat, geerntet. Nach schnellem Filtern und Erhitzen entsteht ein Sirup mit hohem Fructosegehalt, der allerdings deutlich weniger Glucose vorweist. Allerdings kann der hohe Fructosegehalt zu Hypertriglyceridämie, verringerter Glucoseverträglichkeit, verstärkter Harnsäure-Bildung und zum metabolischen Syndrom führen. Also, Obacht, liebe Neo-Hippies, die ihr auf Teufel komm raus keinen raffinierten Zucker mehr benutzt – vielleicht den Sirup doch nicht in jedes Gebäck oder Smoothie schütten.

Die Agave als Lieferant von Benzin und Diamanten?

Agave hat das Potenzial zu einer bioenergetischen Kulturpflanze. Biokraftstoffe werden von lebenden Organismen hergestellt und sind oft in ihrer Produktion extrem zeit- und energieintensiv. Es gibt allerdings zwei Agavearten, über die verschiedene Studien besagen, dass ihr Output die Erträge vieler Biokraftstoffe bei Weitem übertrifft. Außerdem kann die Pflanze stressigen Klimawandel überstehen und wird zugleich als Co-Produkt von Tequila geerntet. Das bedeutet, dass sie theoretisch als Biokraftstoff existieren kann, ohne dass dafür weitere Flächen in Anspruch genommen werden müssen. Diese Anpassungsfähigkeit ist gerade in den Tropen und Subtropen praktisch, wo es inzwischen extrem trockene Gebiete gibt, in denen in naher Zukunft nichts angepflanzt werden kann.

Dass die Agave ein wahrer Verwandlungskünstler ist, haben Physiker der National Autonomous University of Mexico auf besondere Weise heraus gefunden: Sie können inzwischen künstliche Diamanten aus Tequila herstellen. Der Haken an der Sache: Die synthetischen Diamanten sind leider zu klein, um sie für Schmuck zu verwenden. Allerdings machen sich die kleinen Steine ganz besonders gut für elektronische und industrielle Zwecke.

Der berühmt-berüchtigte Wurm

„El Gusano“ (der Wurm) wohnt zwar in der Agavenwurzel, gehört aber nicht zwanghaft in jede Flasche Mezcal – obwohl man ihn dort immer noch oft findet. Wahrscheinlicher ist es, El Gusano in der Mezcaleria als Barsnack zu finden. Frittiert, mit etwas Zitrone oder Limette beträufelt und gesalzen macht er sich vorzüglich zu den rauchigen Noten des Mezcals. In Oaxaca serviert man die Würmer (oder auch Heuschrecken!) traditionell mit Orangenscheiben und Wurmsalz – letzteres getrocknete, zerkleinerte Würmer, die mit Salz und Chili gemischt werden. Vorzüglich.

Im Tequila

Mexikanischer Tequila wird ausschließlich aus der blauen Agave gewonnen, die ein enger Verwandter der als Heilpflanze genutzten Art ist. Die Blätter werden mit der bereits erwähnten Coa abgeschlagen, aus dem Herz (das Innere der Agave oder auch „Piña“) wird Tequila gewonnen. Dazu ist die gesetzliche Lage recht diffus: Denn angebaut werden dürfen blaue Weber-Agaven in den Bundesstaaten Jalisco, Michoacán, Sonora, Sinaloa und Oaxaca, während hingegen die eigentliche Herstellung von Tequila neben Jalisco und Michoacán noch in Guanajuato, Nayarit und Tamaulipas erlaubt ist – Agavenbrände aus anderen Orten dürfen nicht als Tequila in den Umlauf kommen. Die blaue Agave ist allerdings gefährdet, da sie für Krankheiten und Pest anfällig ist. Theoretisch könnte die Pflanze von einer Krankheit komplett ausgerottet werden – so wie die Reblaus die europäische Brandyproduktion im um 1860 verwüstete. Agavenbauern hoffen darauf, dass Tequila bald auch als Gemisch verkauft werden darf. So könnten sie die Espadin Agave, die von vielen als Mutterpflanze der blauen Agave angesehen wird, ernten und mit dem Saft der blauen Agave mischen.

Im Mezcal

Zum Abschluss, was sonst, ein Cocktail. Unser Lieblingsfakt: Mezcal macht sich gut als Vorbereitung auf den Frühling. Der Paloma ist in seiner einfachsten Form Grapefruit-Limonade gemischt mit Tequila und einer Prise Salz. Wir nehmen hier anstelle von Tequila lieber Mezcal für das rauchige Etwas und prosten rüber nach Oaxaca, dem Herzstück der Agavenernte, wo 60 Prozent von Mexikos Mezcal produziert werden.

Credits

Foto: Agavenfeld via Shutterstock; Postproduktion: Tim Klöcker

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