TOP

Fakten: Sieben essenzielle American Whiskeys

Gin & Tonic kann jeder! Die eigentliche aktuelle Königsdisziplin für viele Bartender jedoch ist American Whiskey.

Kaum ein Tresenprofi, der sich derzeit nicht auf die Suche nach feinen, starken Tröpfchen aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten befasst. Für uns gibt Gabriel Daun sieben Tips, die in den US-Whiskey-Himmel führen könnten. 

Jeder, der sich etwas eingehender mit American Whiskey beschäftigt, weiß, wie unübersichtlich dieses Feld auf den ersten Blick ist. Verhältnismäßig wenige Brennereien destillieren eine nur schwer überschaubare Anzahl an Marken. Wer brennt was? Wer destilliert für wen? Dazu kommen eine Menge alter Abfüllungen aus geschlossenen Brennereien und bisweilen die eine oder andere  Wiedereröffnung derselben. Das soll uns heute jedoch nicht interessieren.
Wir fragen ganz einfach: Welche American Whiskeys machen richtig Spaß im Glas?
Eine subjektive Auswahl. Sieben Empfehlungen für Liebhaber und solche, die es werden wollen.


1) Rowan’s Creek

So geht Bourbon! Frische Nase, viel Eukalyptus und Minze, leicht zitronig, ein wenig Leder und Wald sowie frisch gemähte Wiese. Auf der Zunge Karamell und Vanille, eindeutiger Fasseinfluss, Akazien-Honig, etwas Virginia-Tabak, Citrus- und reife Steinfrüchte. Im Abgang wieder Minze und leichte Bitterness.

Trotz seiner 50,5 %/Vol bemerkenswert elegant. Schmeckt besonders gut an einem lauen Frühsommerabend, wenn die Grillkohlen langsam erkalten und es allmählich dunkel wird. Gerne auf Eis. Auf der Flasche findet sich kein Age Statement. Die Kentucky Bourbon Distillers (KBD), die Macher dieses Whiskeys, geben an, er sei zwölf Jahre alt und ist laut ihnen deren „Best Selling Brand“. Zu Recht.

2) Noah’s Mill

Das zweite Highlight aus der Reihe der Small Batch Bourbons von KBD. Mit 15 Jahren und 57.15%/Vol so etwas wie der große Bruder des Rowan’s Creek. Rauchige Nase, viel Eichenfass und etwas Leder.

Auf der Zunge erst Mais, dann donnert der hohe Anteil Roggen durch. Karamell, dunkle Schokolade und auch hier etwas Minze. Der perfekte Begleiter in einer Herbstnacht, wenn draußen der Wind die alten Bäume beugt und Regen an die Scheibe prasselt.

Durch sein Wuchtigkeit sicher kein Bourbon für jedermann und auch preislich schon eher im höheren Segment angesiedelt. Wer sich in im Thema Bourbon eingetrunken hat, muss ihn jedoch kennen- und wird ihn sicher lieben lernen.

3) Elijah Craig Barrel Proof

Aus der Heaven Hill Distillery in Bardstown kommt dieser 12jährige Brecher.
Sehr dunkel, mit roten Reflexen entfaltet er pure, brachiale Kraft im Mund und lässt sofort die Muskeln spielen. Mit ordentlich Fassaroma, etwas Kleber, viel Süße, Kakao und Schokolade, etwas Honig und Anklängen von schwarzen Kirschen. Im Abgang besticht dieses Bourbon-Schwergewicht mit Trockenheit und viel Power.

Geeignet für einen kräftigen Old Fashioned als Nightcap nach einem langen, erfolgreichen Tag. Aufgrund der Alkoholstärke, die von Abfüllung zu Abfüllung leicht variiert, darf man dann ruhig etwas länger rühren. Der Stoff verträgt ordentlich Schmelzwasser. Ebenfalls nichts für Bourbon-Novizen. Denen sei der auf 47% vol. herabgesetzte Elijah Craig 12 ans Herz gelegt.

4) I.W. Harper 12 years

Das letzte Glas I.W. Harper, welches dem Autor dieser Zeilen über die Zunge ging, liegt mittlerweile über zwei Jahre zurück, dennoch ist die Erinnerung daran noch frisch.

Von der seltsam anmutenden Flasche, die stark an einen Aftershave-Flakon erinnert, fühlt man sich sofort in die frühen Achtziger-Jahre zurück katapultiert. Trinken wie J.R. Ewing. Mit 43%/Vol ein eher milder Vertreter seiner Gattung, der sich stets gut dafür eignete, Bourbon-Beginner an das Thema heranzuführen.

Leichte Nase mit Vanille und Mandel und weich auf der Zunge, viel Süße, Eiche und warme Gewürze. Tolles Finish mit etwas Minze, Orange und Milchschokolade. Ein Bourbon für den Frühling!

Zur Zeit wird I.W. Harper leider nur auf dem japanischen Markt vertrieben. Gerüchten zufolge wird er derzeit in der im Diageo-Besitz befindlichen George Dickel Destillerie in Tennessee gebrannt. Andere behaupten, er werde bei Four Roses für Diageo destilliert. Glaubt man den Stimmen um diesen Bourbon, will Diageo I.W. Harper nach über 20 Jahren demnächst wieder im US-Markt launchen.

Der Name setzt sich übrigens aus den Initialen der Vornamen des deutschstämmigen Gründers der Bernheim-Distillery, Isaac (Ike) Wolfe Bernheim, und dem Nachnamen des Besitzers einer Kneipe, in der Jesse James‘ Mutter geboren wurde, zusammen.

5) Johnny Drum Private Stock

Und noch einmal Bardstown, noch einmal KBD. Bei Johnny Drum Private Stock handelt es sich um einen Blend aus unterschiedlich lange gelagerten Bourbons zwischen vier und fünfzehn Jahren, der ebenfalls mit saftigen 50.5%/Vol daher kommt. In der Nase Fichte und Pinie, über den Gaumen rollen Aromen von Zitruszesten, Nüssen, Pfeffer und Zedernholz sowie leichter Rauch.

Trotz seiner herausragenden Qualität, grandiosem value-for-money und einigermaßen unproblematischer Beschaffungslage wurde der Private Stock hierzulande bislang größtenteils ignoriert. Das ist schade, denn er ist ein großartiger Everyday-Feierabend-Bourbon, funktioniert fantastisch mit einem anständigen Bier als Chaser, aber auch genauso gut als Shot mit Aussagekraft in einer vollen Bar am Wochenende. Ein Allrounder, mit dem es sich auch großartig mixen lässt.

6) Van Winkle Family reserve Rye 13 Years Old

„Pappy Van Winkle, the bourbon so popular even billionaires can’t find it” titelte das Wall Street Journal 2013. Selbiges gilt auch für den Rye. Das ist der große Wermutstropfen bei Van Winkle: Er ist mittlerweile praktisch nicht mehr zu bekommen! Die Whiskeys von Van Winkle, die als Joint Venture von Buffalo Trace und der Van Winkle-Familie produziert werden, sind in den letzten Jahren zum Heiligen Gral der American Whiskey-Liebhaber mutiert.

Dementsprechend wuchsen die Preise rasant. So wurde im Oktober 2013 eine nicht unbeträchtliche Menge Pappy 20 years und Family Reserve Rye aus der Buffalo Trace Distillery gestohlen. Echter Stoff für einen Heist-Movie!

Da er mit 13 Jahren verhältnismäßig lange gelagert wird und die durch die Rye-Rennaissance seit Jahren geforderten Mengen schlicht und einfach noch in Fässern reifen und deshalb noch nicht verfügbar sein können, besteht die vage Hoffnung, dass dieser wunderbar würzige, fein balancierte Rye in absehbarer Zeit vielleicht wieder etwas leichter erhältlich sein wird. Sicher ist das aber leider nicht.

Wer noch eine Flasche sein eigen nennt, sollte sie dennoch öffnen – und einen der besten Manhattan Cocktails seines Lebens damit rühren!

7) LeNell’s Red Hook Rye

Und wenn wir gerade beim Thema Raritäten sind, es gibt immer noch eine Steigerung: Insgesamt nur vier verschiedene Bottlings gab es von diesem edlen Tropfen, bei dem der Alkoholgehalt ebenfalls immer leicht variierte, da es sich auch bei ihm um Barrel Proof-Abfüllungen handelte. Die Fässer, in denen dieser Rye weit über 20 Jahre lagerte, stammten aus dem „Willett private Barrel program“, das Whiskeys aus der in den 1980er Jahren geschlossenen Willett Destillerie zum Kauf anbot.
Verantwortlich für diesen großen Roggen-Whiskey zeichnete sich Tonya LeNell Smothers, die von 2003 bis 2009 eine kleine Spirituosenhandlung in Red Hook, einem Viertel in South Brooklyn, betrieb.

Einige wenige Flaschen sind noch im Umlauf. Nachschub wird es nicht geben. Ein mittlerweile aller Wahrscheinlichkeit nach unverschämt teures aber auch schwer zu wiederholendes Erlebnis, das sein Geld allemal wert ist.

Man sollte ihn bestellen, wenn man ihn entdeckt! Sonntags. In einer kleinen, nicht zu vollen Bar, in der leiser Jazz läuft. Mit einem guten Trink-Kumpanen. Schweigen und genießen und danach beseelt in die Nacht hinaus …

Credits

Foto: Sherlock Holmes & Whiskeyflasche via Shutterstock; Postproduktion: Tim Klöcker

Kommentieren