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Fassgelagerter Gin der Brennerei Scheibel

Wie viele Kräuter passen in einen Gin, welches Tonic hat die schönste Perlage und bei welchen vermeintlich neuen Aromen schnalzt der Liebhaber noch mit der Zunge? Fragen die in schöner Regelmäßigkeit wieder auftauchen, wenn es um die Trendspirituose geht.
Viele Kräuter, Rinden oder Pflanzen dürfte man nicht mehr finden, die noch nicht in einem Gin verarbeitet wurden beziehungsweise ihm sein unvergleichliches Aroma verleihen. Es müssen also andere Wege gefunden werden, um einen neuen Gin interessant zu entwickeln.
Hoffentlich ein Blick in die Zukunft
Was an dieser Stelle klingt wie das nächste Schmählied auf den überbordenden Gin-Hype ist alles andere als das, sondern ein hoffnungsvoller Blick auf einen Markt, der gerade erst den Kinderschuhen entsprungen ist. War fassgelagert vor langer Zeit ein Zufallsprodukt, ist heute das Zusammenspiel von Destillat, Holz und vorherigen Inhalten eine Wissenschaft für sich, und immer mehr Brenner und Fassexperten beschäftigen sich mit Gin und dessen Fassreifung.War Citadelle Gin vor einigen Jahren noch recht einsamer Vorreiter in dieser Kategorie, gibt es immer mehr Abfüllungen, die auf den Markt drängen und einen Platz im Regal für sich beanspruchen. Einer der deutschen Vertreter dieser neuen Gin-Gattung ist der „the oriGINal – pure pleasure“ aus der Brennerei Scheibel. Verpackt in einer edlen Flasche mit goldenem Korken, erinnert das Äußere eher an Cognac, als an Gin. Gin finished in Cherry Brandy Casks – so die Information auf dem Etikett. 43% Vol. Alkohol beinhaltet die Flasche und der leicht rosige Schein der Flüssigkeit lässt auf einen spürbaren Einfluss des Fasses hoffen. Vor der Verkostung soll aber geklärt werden, wie jemand auf die Idee kommt Gin in Fässer zu füllen.
Zufallstreffer durch Reisebegleitung
Brenner Michael Scheibel hat vor einigen Jahren ein Rezept für einen alten Cherry Brandy neu aufgelegt, den er in der Reihe „Alte Zeit“ in einer limitierten Auflage präsentierte. Selbst sehr begeistert von diesem Produkt, nahm Scheibel einen Flachmann dieses Brandys mit auf eine Englandreise. Allerdings überlebte der Inhalt kaum die Anreise und der Flachmann wurde in London kurzerhand mit Gin aufgefüllt. Der Mix aus fassgelagertem Cherry Brandy und Gin schmeckte dem Brenner dann so gut, dass die Idee entstand, ein Produkt mit diesem Aromenmix zu kreieren. So wurden, zurück in Deutschland, die leeren Fässer mit denen der Cherry Brandy belegt wurde, mit Gin befüllt und für neun Monate sich selbst überlassen. Ob diese Geschichte nun der Wahrheit entspricht oder der Marketingabteilung entsprungen ist, ist zweitrangig – entscheidend ist das Produkt, das am Ende in die Flasche kommt.
Die Verkostung
Und der Geschmack ist außergewöhnlich. Der Gin wird laut Verkaufsabteilung zugekauft, allerdings nach Vorgaben von Scheibel produziert. Mit 63 – 65% Vol. Alkohol wandert er ins Fass und wird nach etwa neun Monaten auf Trinkstärke von 43% Vol. herabgesetzt. Sehr leicht gefärbt, lässt das zarte rot-braun erahnen, dass das Fass seine Spuren hinterlassen hat. Die Nase erkennt typische Gin-Aromen bemerkt aber auch leichte Frucht und warme Holznoten. Wacholder, Pfeffer und Koriander lassen sich identifizieren, mit der Zeit wird die fruchtige Kirschnote intensiver und die Holznoten treten hervor, werden aber zu keiner Zeit aufdringlich.
Der Geschmack ist eine Aromabombe. Gin, Frucht und Holz ergänzen sich gegenseitig und wechseln sich immer wieder ab am Gaumen. Sehr harmonisch und ohne jede alkoholische Schärfe bleibt der Gin ewig im Mundraum. Anfangs mit einer fruchtigen, leichten Süße – im Abgang dann trocken. Gin und Fass ergänzen sich perfekt und schaffen somit ein neues, ungeahntes Produkt, das sich großartig für den Purgenuss eignet, sich aber gleichzeitig als spannende Cocktailzutat präsentiert. Ein Martinez wird mit diesem fassgelagerten Gin zu einem unglaublich harmonischen, dabei aber sehr komplexen Drink. Dem Martini Cocktail verleiht er eine ungeahnte Tiefe und eine angenehme Fruchtigkeit. Ein spannendes Produkt, das man als Gin-Liebhaber unbedingt probiert haben sollte.
Einzig unverständlich ist die Namensgebung die sicherlich originell (ungewolltes Wortspiel) sein soll, aber nicht durchdacht wirkt. Wer einmal „oriGINal Gin“ in eine gängige Suchmaschine eingibt, wird schnell feststellen, dass der Name an Originalität noch zulegen müsste.
 

Credits

Foto: Fass via Shutterstock

Comments (1)

  • Peter

    mich würde ein Vergleich mit dem Gin Ceret der Brennerei Struthof (Westerwald) interessieren, der ist angeblich 2 Jahre im Sherryfass gereift

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