TOP

G&T oder GTI? Tuning beim Bombay-WMIB-Finale

Gin aussuchen, Filler wählen. Was soll man am G&T schon groß rumschrauben? Doch genau das war gefordert beim deutschen Vorentscheid der Bombay Sapphire Most Imaginative Bartender Competition.Die zehn Finalisten nutzten dabei nicht nur die Hauptdarsteller des gehypeten Zweiteilers für ihre Interpretation.

So einfach der Drink sein mag, auf den es einen Twist zu präsentieren galt, so kompliziert ist der Wettbewerbsname: World’s Most Imaginative Bartender. Zuletzt verkürzte auch der moderierende Brand Ambassador Karim Fadl nur mehr auf „WMIB“.

Das klingt nach einem Welt-Boxverband, doch harte Bandagen gab es keine. Kollegial wurden Strainer zugereicht und bei vergessenem Equipment ausgeholfen. Die erste Etappe auf dem Weg nach London zum globalen Finale stellte die Vorstellungskraft der Bartender nämlich ordentlich auf die Probe: Es gab nur einen Versuch, innerhalb einer geheimen, nicht angekündigten Challenge einen Drink aus einem vorgegebenen Warenkorb zu präsentieren – und dieser zählte bereits für die Startreihenfolge am Abend.

Die zehn Botanicals, die man den Teilnehmern in die Hotelzimmer servieren ließ, waren mitnichten ein Willkommensgruß. Gemeinsam mit den Zutaten, die im The Parlour warteten, sollten sie in einem Cocktail präsentiert werden. Ausmixen? Fehlanzeige! Lediglich bei Zucker und Säure durfte gegenüber dem nach 20 Minuten schriftlich fixierten Rezept nachgebessert werden.

30% machte diese Überraschungs-Challenge bei der Bewertung durch die Jury aus. WMIB-Vorjahressieger Marian Krause, Matthias Reeder (Cocktailnanny bzw. Bar am Lützowplatz, Berlin) und Nordeuropa-Brand Ambassador Frank Symons vergaben die Punkte für die spontanen Kreationen.

Die Tücken des Tonics

Bis zuletzt hielt die App, mit der die Jury wertete, die maximal möglichen 100 Punkte offen, die ersten Starter sollten keinen Nachteil haben. Retrospektiv war derlei Vorsicht unnötig – die Top 3 der Nachmittagssession holten sich auch am Abend im Loft-Lost die Preise.

Der Weg zum Sieg führte nicht über selbstgemachtes Tonic, an dem sich Kersten Wruck aus der Berliner Chapel versuchte. Sein „Blue Diamond“ wies aber einen leichten Grünstich auf, der 24-Jährige brachte seine erste Competition überhaupt mit einem aufwendigen Twist, der neben dem Tonic auch hausgemachten Zitruszucker verwendete, hinter sich.

Mit wenigen Ausnahmen konzentrierte sich der Spielraum damit auf den Gin selbst. Am Filler schraubte Philipp Gaux (Pearlz Bar, Bochum), der seinen vom Asia-Laden inspirierten Drink mit Ginger Beer toppte. Und auch der Erfurter Bartender Torsten Spuhn griff mit dem Elderflower Tonic von Thomas Henry zur floralen Variante.

Der fast schon legendäre Teilnehmer bei Cocktail-Competitions ergänzte den G&T um Sherry, Bergamotte und Lavendel. Mit der Blüte, die auch für aromatischen Rauch sorgte, erwies er Queen Victoria am Bombay-Label seine Reverenz. „Sie hatten einen eigenen Beauftragten, der alles mit diesem Duft versehen musste“, hatte der „Modern Masters“-Bartender gut recherchiert. Am Ende sicherte sich Spuhn mit dem „Laverstoke Fizzer“ Platz drei in der Frankfurter Event-Location.

Verbessern, nicht verwässern!

„Was bitte soll man an einem perfekten Drink verbessern?“, fragte Lokalmatador Thomas Lang, angefeuert von einer Kollegen-Delegation aus dem Roomers. Den Nachdenkprozess darüber hatte ein Tipp von The Bitter Truth-Gründer Stephan Berg beendet: „Seele jedes Drinks ist das Eis“.

Also warf „Tommy“ Lang den Rotationsverdampfer an und packte zu den zehn Botanicals von Bombay auch noch Curryblätter und Shizo. Sein daraus gefertigter, mit anderthalb Tropfen Lebensmittelfarbe im Firmen-Blau des Gins gefärbter Eiswürfel sah hoch elegant aus.

Lang wollte aber mehr. Schließlich ist das Verwässern eines der größten Hindernisse beim perfekten Gin and Tonic. „Dieses Eis sorgt dafür, dass der Drink mit der Zeit besser wird“, stellte der Roomers-Mann die Cocktail-Physik auf den Kopf.
Fast inständig bat er die Jury, „den Drink nach fünf oder zehn Minuten erneut zu kosten“. Wie ein Rohdiamant erhält er seinen Schliff erst beim Trinken, daher hieß der klar konzeptionierte Drink folgerichtig „Rough Sapphire“.

Kaffee aus dem Bordmagazin

Lang, der nach dem Vorentscheid als Zweiter gestartet war, musste sich nur der Nummer 1 des Nachmittags geschlagen geben. Lukas Motejzik ging bei der Imagination, die der Contest einfordert, tatsächlich einen weiten Weg.

Der Mann aus der Münchner Zephyr-Bar, für die Barkarte des Jahres bei den MIXOLOGY BAR AWARDS 2015 ausgezeichnet, bewies zweierlei. Erstens, dass München aktuell die Hauptstadt des Cold Drippers sein dürfte und zum anderen, dass man die Bordmagazine großer Airlines nicht so einfach unterschätzen sollte. Denn die Inspiration für die gewagte Aromen-Kombination seines G&T erhielt er, „weil ich die Kopfhörer nicht mithatte und auf das Rezept einer Schweizer Köchin stieß, die Kaffee und schwarze Oliven kombinierte“.

Die Oliven trocknete Motejzik für 20 Stunden bei 70 Grad und pulverisierte sie. In karamellisierter Form kamen sie auch als Garnitur zum Einsatz. Das Rückgrat seines Twists – „es müssen nicht immer zitrusfruchtige, frische Aromen sein“ – bildete aber ein Cold Drip mit Bombay Sapphire.

Tatsächlich kam wieder einmal das in den Kaffeebereiter, wofür er gedacht war. „Ich wollte ein zartes Kaffee-Aroma, daher wurde es der äthiopische Yirgacheffe“. Der betont blumige Single Origin-Kaffee, dem Baristas gerne Bergamotte-Noten nachsagen, erwies sich als gute Wahl.

Ergänzt um die Säure unreifer Trauben aus dem Verjus und einem Safran-Milchsirup wurde daraus eine salzig-würzige Interpretation des britischen Highballs — dessen Name „allerdings nichts mit den Zutaten zu hat, dafür merkt man ihn sich leicht“. Ob die „Lucky Note“ dem Münchner im großen globalen Finale Glück gebracht haben wird, wissen wir dann im Juni.

Credits

Foto: Sahand Zamani

Kommentieren