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Florian Perschel: Der Fänger im Hopfen

Florian Perschel vom Hopfenriesen Barth-Haas war auf der Brau Beviale 2015 in Nürnberg wohl der gefragteste Mann. Wegen der miserablen Hopfenernte gaben sich Brauer aller Couleur beim Sales Manager des Hopfenhändlers die Klinke in die Hand und buhlten um die magere Ausbeute. MIXOLOGY ONLINE versorgte er hingegen freigiebig mit Neuem zum Stand des Hopfens in Deutschland und der Welt.

Studiert hat der 31-jährige eigentlich Brauwesen und Getränketechnologie an der TUM bei Weihenstephan in Freising. In seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit unterschiedlichen Methoden des Hopfenstopfens und der Alterungsstabilität der resultierenden Gebräue. Sicherlich keine schlechte Vorraussetzung, um nun Brauern den richtigen Hopfen für ihr Bier zu verkaufen – und das tut Perschel inzwischen in Deutschland und Österreich. Zeit für ein paar kritische Fragen!

Florian, warst Du schonmal Hopfenkönig?

(lacht) Nein, dazu muss man aus einer Familie stammen, die Hopfen anbaut. Das trifft auf mich nicht zu. Barth-Haas ist zwar an verschiedenen Stellen auch an Anbau und Zucht beteiligt, primär sind wir aber durchaus ein voll umfänglicher Dienstleister rund um den Hopfen.

Wie genau bis Du zum Hopfenhändler geworden?

Durch Initiativbewerbung. Ich bin einfach bei der Drinktec in München zum Stand von Barth-Haas marschiert und habe gefragt, ob sie was im Verkauf frei haben. Das war der Fall, und auf keinen Fall der Regelfall. Also bewarb ich mich, wurde eingeladen und zwei Wochen später sollte ich vorstellig werden, um den Vertrag zu unterschreiben. Um ehrlich zu sein – das war meine bislang einzige Bewerbung.

 

Wird der Konsument die schlechte letzte Ernte und die damit verbundenen Preise des Hopfens demnächst im Bier bemerken?

Für die meisten Biertrinker wird das kaum einen Unterschied machen. Bei Bier aus Massenproduktion ist ohnehin meist nicht allzu viel Hopfen drin, und sämtliche Vorgänge sind optimiert. Das verteilt sich am Ende so sehr, dass man es am einzelnen Bier kaum spürt. Craft-Brauer, die verhältnismäßig viel Geld für Hopfen hinlegen und auf den Hektoliter gerechnet eine erheblich höhere Menge an Hopfen verarbeiten, werden hingegen schon den Unterschied merken.

Was also tut der kreative Brauer, wenn der begehrte Aromahopfen für sein Signature IPA plötzlich knapp wird?

Wir bieten eine umfassende Beratung an, um z.B. bestimmte Aromen durch eine Kombination anderer Hopfensorten zu erreichen, deren jeweilige Eigenheiten natürlich auch bedacht sein wollen. Dafür arbeiten wir auch mit Parfümeuren zusammen, die uns helfen, unsere Hopfen aromatisch zu beschreiben und zugänglicher zu machen.

In den USA gab es vor einigen Jahren Sorge um die Cascade-Versorgung, weil eine bestimmte Brauerei sich auf Jahre die Ernte vorkaufte. Ist so etwas aus Angst vor erneuter Missernte auch in Deutschland zu erwarten?

Grundsätzlich ist es möglich, Hopfen im Voraus zu kaufen und sich damit eine feste Menge und einen gleichbleibenden Preis zu sichern. Damit diese Preisregelung aber nicht, wie 2003 in Deutschland fast geschehen, zum reihenweisen Bankrott von Hopfenbauern bei schlechter Ernte führt, gibt es seit 2007 die sogenannte „Alphasäureklausel“.

Ah, natürlich, die gute, alte Alphasäureklausel. Wer kennt sie nicht…?

Alphasäure ist – grob gesprochen – das, was im Bier für die Bitterkeit sorgt, wenn sie im Kochprozess zu iso-Alphasäure isomerisiert. Die Klausel sorgt bei Missernten dafür, dass es durch eine Neuberechnung der gesamt verfügbaren Alphasäure zu einer gerechten Verteilung der Ernte auf alle Vertragspartner kommt. Sie greift allerdings nur bei Aromahopfen und nur bei Verträgen, die auf Kilogramm Alphasäure abgeschlossen wurden.

Gibt es denn generell eine Verschiebung im Anbau zu beobachten?

Ja, der Trend zum Aromahopfen ist deutlich, gerade in den USA. Dort liegt das Verhältnis von Aroma- zu Bitterhopfen inzwischen bei 70% zu 30%. Ironischerweise bedeutet das, dass nun mehr Bitterhopfen woanders angebaut werden muss, denn dieser wird ja weiterhin gebraucht. In Deutschland liegen wir bei 57% zu 43%.
Außerdem gilt in den USA gerade: Jeder kann Hopfen. Wo es früher sehr klar definierte Anbaugebiete gab, z.B. das Yakima Valley, wächst nun ein grüner Gürtel durch rund die Hälfte aller Bundesstaaten, in dem viele (leider oft auch völlig unerfahrene) Kleinbauern auf insgesamt gut 350 Hektar Hopfen anpflanzen. Außerdem sind es generell andere Dimensionen: Die durchschnittliche Anbaufläche deutscher Anpflanzer liegt in der Hallertau bei 15-20 Hektar. Bei den großen Bauern im Yakima Valley sind die zehnmal so groß.

Wieso hat Deutschland denn so lange gepennt, was Aromahopfen angeht?

Haben wir doch gar nicht! Die HBC-Hopfen kommen von der Hop Breeding Company, das ist ein Barth-Haas-Joint Venture. Und auch in Australien züchten und kultivieren wir neue Sorten, die wir dann auch dort anbauen.

Wie wird denn so ein Hopfen benamt?

Im kleinen Kreis, von den Forschern, Züchtern und Brauern. Die geben Namensvorschläge ab, welche möglichst international Anwendung finden können. 008/033-IPA klingt einfach nicht so gut wie Enigma Pilsener.

Florian, was hält Deine Zukunft bereit?

Im Juli werde ich vorraussichtlich auch bei unserer Tochterfirma Simply Hops in England einsteigen und dann deren deutschsprachige Kunden betreuen.

Dann wünschen wir viel Erfolg!

Credits

Foto: Florian Perschel

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