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Fünf Bars in Ulm: Zwischen Qualität und Bescheidenheit

Wenn in Ulm trinken, dann hier: Die beschauliche Stadt in Baden-Württemberg hat eine kleine, aber feine Barszene. Wir haben uns zwischen Blaupausen und Stadtkindern umgesehen und einen sympathischen Mix aus Qualität und Bescheidenheit vorgefunden. 

In Ulm kann man mittlerweile so gut trinken, dass man sich gar nicht mehr groß darum kümmern muss, was um Ulm herum so passiert. Das beschauliche Städtchen hat genug davon, sich auf dem Reiz seiner pittoresken Gässchen samt Weltrekord-Kirchturm auszuruhen, und bietet eine erstaunliche Vielfalt an Bars, die variantenreich mit den verschiedensten Ansätzen die verschiedensten Ansprüche befriedigen. Gemein haben sie: Qualität. Und auch Bescheidenheit. Es liegt nicht in der Natur des Schwaben (der hier, ganz nebenbei, sehr multinational ausgeprägt auftritt), angesichts jeder erfolgreich skalpierten Limette in Siegesgeheul auszubrechen. Vielleicht ist das ja eher ein Wesenszug der südlichen Nachbarn.

5 Barempfehlungen für Ulm

Die Bar

Karpfengasse 5
89073 Ulm

Do - Sa 18 - 2:30 Uhr

Die Bar klingt ein bisschen nach Die Mannschaft oder Das Auto, aber ein derartiges pseudomodernes Marketingschlagwortdreschen ist sehr un-Ulmerisch und deshalb auch hier nicht der Fall. Man geht in die Bar wie in die Wirtschaft oder zum Metzger, und mehr steckt auch nicht dahinter. Die Bar selbst erfreut sich dementsprechend auch zweckmäßiger Schlichtheit, strahlt dabei aber auch Selbstbewusstsein aus: Alles, was nötig ist, ist da; was nicht da ist, ist auch nicht nötig. Dabei hat man inhaltlich sehr wohl die bewundernswerte Entscheidung getroffen, mehr zu machen als nötig, weil man nämlich den Andrang der feierwütigen Gesellschaft an diesem Fleckchen der Stadt auch mit bedeutend weniger inhaltlichem Aufwand hätte bewältigen können. Der qualitätsbewusste Gast nimmt dankbar zur Kenntnis, dass man in der Bar sein Geld nicht zwangsläufig auf die leichtest mögliche Art verdienen will und lässt sich alleine schon durch die opulente Backbar gerne vor die Qual der Wahl des nächsten Drinks stellen. Gerade die Whisky-Auswahl ist hervorragend, und die Drinks werden teils mit eigenen, hochwertigen Blends gemixt. Man genießt still und freut sich über die Vorstellung, wie viele Mojito-Liebhaber hier wohl schon auf den rechten Pfad des Old Cuban gelotst wurden.

Stadtkind

Theodor-Pfizer-Platz 50
89073 Ulm

Mi - So 18 - 1 Uhr, Mo & Di geschlossen

Die urbane Jugendlichkeit im Namen trägt das Stadtkind, wo man zum einen beweist, dass es eben nicht das unabänderliche Schicksal junger Menschen sein muss, die Zeit bis zum Greisenalter mit schlechtem Alkohol zu überbrücken, und zum anderen, dass man auch abseits der Metropolen städtisches Leben ohne das Präfix „klein“ darstellen kann. Sehr zentral liegt die selbstbezeichnete „EinZimmerKücheBar“ und hat sich so schnell zum Anlaufpunkt für die feierfreudige Lebenslustwandelnden entwickelt. Die arg ungeräumig anmutende Titulierung bleibt dabei charmantes Understatement, schließlich hat die Bar mit ihren verschiedenen Ebenen und dem offenen Konzept keinerlei Ähnlichkeit mit der Bedrängnis klassischer Studentenbuden; eher freut man sich, jugendliche Unbeschwertheit atmen zu dürfen. Die Drinks spiegeln diese Unbeschwertheit ebenfalls wider, ohne sich dabei mit den tausendfach abgenudelten Mule-Klassikern zufriedenzugeben: Die Frische kann man im Stadtkind eben auch mit kantigeren Spirituosen, mit verschiedenen Wermuts, mit Verjus oder verschiedenem Selbstgeköcheltem erfahren. Insofern erfüllt das Stadtkind einen Auftrag von hohem pädagogischem Mehrwert, indem es Schwellenängste vor einem komplexen Thema abbaut und mit freudvollen Erfahrungen verknüpft. So hätte man sich seinen Physiklehrer gewünscht.

Blaupause

Neue Straße 43
89073 Ulm

Mo - Do 19 - 24 Uhr, Fr - Sa 19 - 2 Uhr, So geschlossen

Die Frage, ob denn der Gin Basil Smash tatsächlich in Hamburg erfunden wurde oder nicht doch in Ulm, mag den ein oder anderen südpatriotischen Beckmesser interessieren, nicht jedoch die Betreiber der Blaupause, denen diese Frage ähnlich relevant erscheint wie die nach der Henne und dem Ei. Hauptsache, es schmeckt. Und so ist die Blaupause eingerichtet wie das Ulmer Gemüt an sich: unprätentiös, gemütlich, unaufdringlich. Man fühlt sich sofort wohl, auch, weil man bemerkt, dass es derartige klassische, schlichte Bars nicht mehr allzuoft gibt, wo man mit einem umfassenden Cocktailwissen ohne Zielgruppenforschung einfach mal für jeden da sein will – und das auch hervorragend schafft, vom Studenten bis hin zu dessen Dozenten. Die Einrichtung mit dem langen Tresen aus dunklem Holz strahlt das Ambiente ruhigen Genusses aus, ohne altertümlich zu wirken; überhaupt wirkt die ganze Bar erfrischend zeitlos, und man merkt, dass so etwas mittlerweile viel zu selten findet. Das Cocktailwissen reicht tief, was ja schon alleine durch die frühe Erinnerung an eine uralte Kategorie wie den Smash deutlich wird; auch einen Crusta kann man finden, und überhaupt das ganze tiefe Fundament gemixter Drinks. Bei der Zubereitung werden dann oft regionale Produkte wie Tannenspitzen oder Quitten mit verarbeitet, aber man mag das hier nicht gequält neudeutsch als „Twist“ bezeichnen. Das läuft in der Blaupause eher unter „persönliche Note“.

Mudita Bar

Neue Straße 100
89073 Ulm

Do - Sa 19 - 2 Uhr (geänderte Öffnungszeiten pandemiebedingt)

Mit der Mudita Bar erfüllte sich der Ulmer Nihat Ciftci den Traum der eigenen Bar. Sie ist ein Primus inter Pares und man merkt, dass hier die besten Erfahrungen aus den verschiedensten Bereichen gastronomischer Erfahrung kulminieren. Die modern eingerichteten Räumlichkeiten scheinen zu funktionieren wie die Telefonzelle von Dr. Who: It’s bigger on the inside. Und überhaupt offenbar genau so groß, wie man sie nach Bedarf gerade haben will, ob für den beschaulichen Abend zu zweit oder die große Party mit DJ an den Decks. Ulm hat eine große Geschichte im Bereich Design, und man merkt es der Bar an, dass sie mit viel Wissen gestaltet wurde. Die Mudita Bar wagt sich auch von allen Bars der Stadt am weitesten in die mixologischen Grenzbereiche hinaus, die zwar in den Cocktailzentren der Welt zum Alltag gehören, womit man aber gerade in kleineren Städten oft einige Vorurteile und eingefahrene Trinkgewohnheiten zu überwinden hat. In der Mudita allerdings hat man es von Anfang an geschafft, das Neue im Glas ohne Überheblichkeit zu servieren, mit überragender Gastfreundschaft alles etwaige Fremdeln des Gastes im Keim zu ersticken und dessen Neugierde zu wecken. Von diesem Punkt an hat die Mudita gewonnen, und niemand wird sich mehr über eine Kaper im Glas wundern und auch nicht mehr erstaunt wegen eines selbstgemachten Rosenblütensirups oder Tangerinensafts reagieren. Höchstens erfreut.

Rosebottel

Zeitblomstraße 21
89073 Ulm

Mo - Sa ab 20 Uhr

Der Name der Blaupause Bar in Ulm ist durchaus symbolisch, steht die Bar doch für eine ganze Reihe von Ulmer Bartendern, die durch ihre Schule gegangen sind, bevor sie ihre eigenen Projekte in die Tat umgesetzt haben; außerdem hat sie auch einen ganz persönlichen Sprössling hervorgebracht, der sich anschickt, den Meister zu überflügeln, wie man es von einem guten Padavan so erwartet: die Rosebottel. Der niederländische Begriff für Hagebutte steht hier für ein ursprünglich ganz bescheiden angelegtes Projekt zur Herstellung von Essenzen für Tonics und Limonaden, frei nach dem schwäbischen Urgedanken, dass man ja nichts kaufen sollte, was man selbst besser machen könnte. Nachdem sich die so fabrizierten Essenzen bald regen Zuspruchs erfreuten, gesellte man der Produktionsstätte alsbald auch eine Konsumiermöglichkeit hinzu, wo sich der Longdrink-affine Gast die hochwertigen Filler zum hochwertigen Alkohol servieren lassen kann. Die Bar der Rosebottel – neben einem Verkaufsgeschäft und einer sogenannten Event-Location der zentrale Anlaufpunkt – wäre auch ohne den Anreiz der Getränke schon sehenswert: diese Mischung aus Wiener Kaffeehaus und englischer Hotelbar beschwört durch ihre stilvolle Vornehmheit den Geist vergangener Zeiten; das moderne Konzept verschmilzt damit zu einer symbiotischen Ungezwungenheit. So kann man sich Synergieeffekte schmecken lassen.

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