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FÜNF! Drinks für’s Camping

Sommerzeit. Urlaub. Wer keinen mondänen Stadturlaub machen möchte, der schnallt den großen Rucksack über und geht zelten. Nicht gerade das typische Umfeld edler Drinks. Wer auch in der Wildnis nicht auf den eleganten, hochprozentigen Begleiter für den Abend verzichten mag, der muss kreativ sein. FÜNF! Denkanstöße für den naturnahen Mixologen.

 

Fürs Campen muss man gemacht sein. Die einen begreifen den Aufbruch mit dem Zelt in die Natur als den ultimativen temporären Fluchtentwurf, der Körper und Seele reinigt. Alle anderen sehen darin eher einen, wie Benjamin von Stuckrad-Barre eins sagte, „Rückfall in frühere Formen menschlichen Zusammenlebens, für den es kaum einleuchtende Argumente gibt“.

Für alle Liebhaber guter Drinks stellt sich vor allem die Frage, wie man jenseits von warmem, den ganzen Tag durch Wald und Flur geschlepptem Bier Abends ein flüssiges Labsal für das Beisammensein am Lagerfeuer bewerkstelligt. Man könnte freilich das Kompendium an teuren Barwerkzeugen mit auf die Reise nehmen. Allerdings will man den vergoldeten Shaker nicht unbedingt neben Gaskocher, Zeltstangen und Reiseapotheke in den Rucksack stopfen, und andererseits schlägt das dickwandige japanische Rührglas mit unnötigem Gewicht zu Buche.

Es stellt sich also die Frage, wie man zwischen Trekking-Sandalen, Blechgeschirr und Isomatte am ehesten Wege findet, in akzeptabler Weise so etwas wie einen Cocktail zuzubereiten. Einfach ist es nicht. Und wir garantieren auch nicht, dass es schmeckt. Aber versuchen sollte man es. Stillschweigende Voraussetzung ist dabei natürlich, dass es Eis gibt.

1) Abmessen

„Every Bartender should use a jigger“. Was schon im 19. Jahrhundert bei Harry Johnson Geltung hatte, ist auch im archaischen Gelände-Urlaub Pflicht. Erst recht dann, wenn angenommen werden darf, dass die notdürftig mitgenommenen Spirituosen wohl kaum in Flaschen mit vernünftigen Pourern lagern.

Im Wald und im Gebirge sollte man daher auf die einfache Regel zurückgreifen, Cocktailrezepte am sinnvollsten in Teilen zu denken. Als Maßeinheit kann dann alles mögliche dienen: der Deckel der Mineralwasserflasche etwa. Oder man verlässt sich auf Augenmaß. In Zeiten der Analogfotografie konnten Urlauber zumeist noch auf die kleinen, schwarzen Filmdöschen zurückgreifen — eigentlich der perfekte Jigger-Ersatz. Hat aber heutzutage fast niemand mehr bei sich.

2) Shaken

Schütteln kann man prinzipiell in jedem verschließbaren Gefäß aus Metall oder Kunststoff. Wer richtig urtümlich ausgestattet ist, kann den antiken Henkelmann nach dem Essen gründlich ausspülen und danach vielleicht zur Zubereitung des Whiskey Sour verwenden.

Glück hat, wer über ein leeres Einweckglas samt Schraubdeckel verfügt. Jene werden in den USA schon lange als „Mason-Shaker“ verwendet (der US-Marktführer bei solchen Gläsern ist die Firma Mason; mittlerweile gibt es gar kommerziell gefertigte Mason-Shaker mit Sieb). Ansonsten kann es auch eine fest verschließbare Kunststoff-Trinkflasche sein, deren Öffnung ausreichend groß ist, um Eiswürfel hinein zu bekommen.

Selbstverständlich können all jene Gefäße auch als Rührglas zum Einsatz kommen.

3) Rühren

Normalerweise sollte sich ein Gegenstand zum Rühren problemlos finden. Wer jedoch darauf Wert legt, genauso wie am heimischen Tresen mit einer möglichst runden, flüssigen Bewegung und wirklich elegant zu rühren, der stellt sich selbst vor eine echte Herausforderung. Denn Campingbesteck besteht gerne aus platt gepresstem Blech — und wer kann damit einen eleganten „Stir“ vollziehen?

Eine zugegebenermaßen recht abseitige Lösung wäre unter Umständen der Bleistift, der sowieso dabei ist, um in der Landkarte herumzukritzeln. Oder, für ganz verzweifelt: die Maccharoni, die sowieso noch ungekocht in der Wegzehrung lagern, eignen sich tatsächlich ganz hervorragend als Barlöffel-Ersatz. Sie sind lang, fest und rund, und lassen sich somit überraschend gut als spontanes Rührstäbchen einsetzen. Ob man sie danach allerdings noch kochen und mit Dosenbolognese übergießen mag, steht dann auf einem anderen Blatt.

4) Abseihen

Beim Abseihen wird es schon schwieriger. Vielleicht ist ja eine Art Teesieb mit auf Reisen gegangen, aber das eignet sich nur bedingt, um Eiswürfel beim Strainen zurückzuhalten. Wer wie oben beschrieben ein Weck-Glas als Shaker nimmt, kann eventuell den Deckel nach dem Öffnen als eine Art Verschluss vor die Glasöffnung halten und durch den so entstandenen Spalt abseihen.

Als bester Helfer erweist sich jedoch der klassische, einfache Esslöffel, der wahrscheinlich auch bei jedem noch so einfach ausgestatteten Camper vorhanden sein dürfte. Er kann — fast wie ein echtes Barsieb — beim Ausgießen vor die Öffnung gehalten werden und hält dann große Eisstücke im „Shaker“.

5) Der Rest

Nehmen wir an, der Drink ist tatsächlich gelungen und im, naja, in dem, was man als „Glas“ verwendet, gelandet. Und nun? Eine Zeste lässt sich vielleicht einigermaßen mit der Klinge des Schweizer oder Opinel-Messers schneiden, das natürlich jeder unerschrockene Pfadfinder bei sich hat. Und Minze zum Garnieren wächst tatsächlich fast in jeder Böschung.

Wer tatsächlich kein Eis hat oder nur einen puren Schluck trinken will, der sollte sich des alten schottischen Brauchs annehmen und aus dem benachbarten, freilich kristallklaren Gebirgsbach ein paar kühle Kiesel sammeln. Und das beste: die verwässern den Drink dann noch nicht mal. Cheers!

Credits

Foto: Hund und Zelt via Shutterstock.

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