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Neues Jahr – Neues Glück? FÜNF! Mal gute Vorsätze des Bartenders

In den alkoholreichen, letzten Tagen des vergangenen Jahres lagen wir einander in den Armen und schworen uns gegenseitig, ab Januar zumindest partiell ein anderer Mensch zu werden. Einige Tage hat 2017 nun bereits schon auf dem Buckel, und man fragt sich: „Bringen Neujahrsvorsätze überhaupt was, und welche wären die besten für den Bartender?“ Wir haben da FÜNF! Vorschläge.

Wir schreiben das Jahr 2017. Hinter uns lassen wir ein in vielerlei Hinsicht bewegtes und nicht selten auch kompliziertes Jahr. Zeit also, eine neue Seite des Buches aufzuschlagen … wären da nicht die quälenden, alles niederwälzenden, in der Gestalt des Engels auf der Schulter sitzenden guten Vorsätze, die wir im letzten Jahr ja unbedingt noch treffen mussten.

Gute Vorsätze implizieren, dass man sich zuvor verhalten hat wie ein Rüpel. Sie sind so ein bisschen das Relikt und Überbleibsel der pädagogischen Ströme unserer Eltern, derer wir in der Jugend nicht schnell genug entkommen konnten. Doch gewiss ist die Moral des Über-Ichs auch etwas Gutes. Sie regt zur Selbstreflexion an; viel besser, sie zeigt uns unsere geheimsten Wünsche auf, ein besserer Mensch zu werden. Mit nicht ganz so viel Pathos hier also FÜNF! Vorschläge, wie man 2017 eventuell ein noch besserer Bartender werden könnte.

1) Sich weniger wichtig nehmen

Es gibt wahrscheinlich nur wenig andere Begriffe, die in der Barwelt ähnlich inflationär verwendet werden wie der des „Mixologen“. Alle sind sie Meister der Bar, haben quasi per Muttermilch die große Zauberkunst der Mixologie aufgesogen und das Bar-ABC als Fibel auf dem Nachttisch vorm Schlafengehen verschlungen. Nicht nur ist diese Bezeichnung gegenüber jenen Gestalten, die der Barszene wirklich entscheidende, ja fundamentale Impulse gegeben und sie auf bedeutsame Art und Weise geprägt haben, fast vermessen, sie ist im besten Falle nur missglückt und im schlimmsten Fall gar Erzeuger unnötigen Drucks. Der Wahnsinn in Form eines „Höher, Schneller, Weiter“-gleichenden Bar-Contests, bei dem jeder seinen „Kontrahenten“ mit einer noch viel gewiefteren, innovativeren Idee, der hochglanzpolierten Barstation und einer aufwendig, ressourcenzerfressenden Bar-Bibel (auch als Getränkekarte bekannt) übertreffen will, hat teilweise besorgniserregende Züge angenommen. Man soll sich gerne als Mixologe bezeichnen dürfen, doch sollte man sich gleichermaßen darüber bewusst sein, dass man auch noch Bartender ist. Nicht jeder Bartender ist jedoch per se auch Mixologe! John Knittel sagte einst: „Mache dich nicht so wichtig, es gibt größere Zwerge, als du einer bist.“ Recht hatte er.

Die Wichtigtuerei des in Kittel gehüllten Dr. Bartender ist ebenso deplatziert und wenig authentisch wie der mit Barwerkzeug operierende Chef-Chirurg während der Not-OP. Häufig sind es die ehrlichen Worte statt der soufflierten Phrasen. Es sind die ehrlich-demaskierenden Momenten, in denen der Bartender eine Rezeptur nicht kennt, es ist der Tropfen der beim Pouren aus dem Glas zurück auf die Barfläche springt, es sind die Schweißperlen auf der Stirn des Bartenders bei jedem neuen Kassenbon, die für viel mehr stehen als all der Hochglanz-Perfektionismus mit Kameralächeln: Eben diese Ehrlichkeit, die vor allem dann entsteht, wenn man sich darauf besinnt, das zu sein, was man wirklich ist. Bartender und Gastgeber.

2) Kein Tropfen Alkohol während der Schicht

Es mag ein kontroverses Thema sein und in gewisser Weise auch dem ersten Vorsatz widersprechen, doch macht es durchaus Sinn, darüber nachzudenken, ob Alkoholkonsum während der Schicht wirklich die beste Idee sein kann. Vieles spricht dafür, dass sie es nicht ist. Wir sehen, wie unser Bartender still und möglichst heimlich beim Umdrehen ein Schluck von einem nicht rausgegangenen Drink nimmt oder kurz die Bierflasche ansetzt. Warum auch immer er es tut, es ist und bleibt unprofessionell.

Der Bartender ist da, um Gäste zu bedienen, sich selbst bedient der Bartender bitte erst nach der Schicht. Gerne auch in Form eines Old-Fashioneds, eines Feierabendbiers oder eines edlen Tropfens aus der als heiligen Gral gehüteten Flasche Mezcal. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin in den seltensten Fällen Spielverderber und gönne dem Bartender seine liquide Freude auch, doch nicht selten ruft der Alkoholgenuss eben jenes Barmannes bei der Kundschaft Erstaunen, ja Verwunderung hervor. Bewahrt euch vor diesen Blicken und dem Ruf, der eurer Bar alsbald schnell anheften kann.

3) Ruhe

Das Wort „Ruhe“ kennt ein Bartender nicht. Ist er nicht selbst gerade eingespannt hinter der Bar und buckelt eine 12-Stunden-Schicht runter, so beschäftigt er sich entweder mit der Vorbereitung und Ideensammlung für das neue Menü, erweitert seine Kenntnis über Warenkunde, ist geladener Gast zahlreicher Tastings und/ oder Produktvorstellungen  oder steht gerade seinen Mann oder seine Frau bei Competitions. Das kann auf die Dauer nicht gut sein, denn auch wenn der Bartender im besten Fall den Vorteil hat, seine Arbeit zu lieben, braucht auch er ab und zu den Abstand zu ihr. Der Bartender liebt seine Bar, diese innige Beziehung wollen wir ihm nicht streitig machen. Es ist jedoch zumeist die Entfernung, Ferne, ja der nötige Abstand, der einem die Augen weitet und aufzeigt, mit wie viel Hingabe und Passion man einer weiteren Schicht (oder eben Treffen bei Beziehungen) entgegenfiebert oder nicht. Diese ruhevolle Zeit dankt der Körper und Geist dem Bartender mit dem Gefühl der Ausgeglichenheit. Diese wirkt sich ebenfalls positiv auf das Arbeitspensum und die Produktivität aus.

4) Weniger Reden

Es ist schon irgendwie eine Krux. Jeder kennt jeden, jeder ist mit jedem befreundet. Natürlich, die Barszene ist klein. Und ja, selbstverständlich: Die Barszene ist eine große Familie. Wirklich? Nicht selten lauscht man Aussagen, die einen verwundert die Stirn runzeln lassen, nicht weniger häufig gar fallen Sätze über Kollegen, die man von ein- und derselben Person in einem anderen Rahmen wohl so nie gehört hätte. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Sicherlich ist sie der Intimität geschuldet und ebenso offensichtlich kann die Barfamilie allerhöchstens ein Zusammenschluss von Brüdern im Geiste sein. Schließlich besteht sie aus zahlreichen, gänzlich unterschiedlichen Charakteren, Protagonisten und Figuren. Die meisten mögen im realen Leben auch sehr gut miteinander auskommen, das möchte ich an dieser Stelle keineswegs in Abrede stellen, doch schaden diejenigen, die mit ihrem Hinter-dem-Rücken-Gerede Vögel aufscheuchen, in unmissverständlicher Art und Weise der Harmonie derer, die sich wirklich miteinander verbunden fühlen. Deswegen nicht vergessen: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

5 ) Nicht die Bodenhaftung verlieren

Es mag in gewisser Weise einer dieser komplementären Vorsätze sein, der sich mit dem ersten Punkt deckt. Er ist aber einfach viel zu wichtig, um ihn an dieser Stelle nicht noch einmal prominent in Szene zu setzen. Nichts, aber auch wirklich gar nichts, ist schlimmer als ein prätentiöser Bartender, der in süffisant-belehrender Manier auf Gäste niederblickt und sich vor Kollegen mit vermeintlichen Prämien und Trophäen gewonnener Wettbewerbe brüstet. Eine solche Person erreicht sehr schnell genau das Gegenteil des von ihr Angestrebten. Statt bewundert, wird sie bemitleidet, und genießt schon bald einen sich in dieser kleinen Bar-„Familie“ wie ein Lauffeuer ausbreitenden, zweifelhaften Ruf. Am Ende geht es bei dem Beruf des Bartenders weder um Competitions noch um Freireisen durch Spirituosen-Sponsoren. Es geht um den Gast. Den beglückt man vor allem mit Bodenhaftung und Ehrlichkeit. All die Arroganz sei hoffentlich sowieso bereits mit der letzten Rakete 2016 in der Dunkelheit der Nacht zerborsten.

Credits

Foto: Foto via Shutterstock.

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