FÜNF! Spannende Neue Deutsche Gins, Teil II
Eine Woche, ein Gin. So in etwa ist das Intervall, in dem ein jeweils neuer „German Gin“ das Parkett betritt. Mitunter wird es schwierig, dabei den Überblick behalten zu können. Doch welcher lohnt sich? Nach der ersten Empfehlung im vergangenen Sommer wird es Zeit für eine neue Liste. Welche FÜNF! neuen deutschen Gins verzücken die Redaktion derzeit?
Es bleibt schwierig. Nicht nur aufgrund der Fülle neuer Gins. Mittlerweile mag man die Augen verdrehen, so oft findet ein neuer Gin den Weg in die Bar, ins Geschäft des Vertrauens oder eben in unsere Redaktion. Dennoch versucht man, jedes Mal objektiv zu bleiben: Was will dieser Gin? In welche Richtung möchte er gehen? Ist das noch Gin? Und vor allem: ist er seinen Preis wert? Seit dem Launch der schwarzwäldischen Apothekerflasche ruft ein Literpreis von über € 60 bei vielen Verbrauchern offenbar keine Schmerzensschreie mehr hervor. Manche Gins werden — das muss gesagt werden — ihrem Preis nicht gerecht. In den folgenden FÜNF! Fällen jedoch kann man sich sicher sein, sein Geld vernünftig angelegt zu haben.
1) Horsetown Gin
Noch beinahe brandneu ist der Horsetown Gin aus der Brennerei Bärwurz-Quelle Drexler in Bad Kötzting. Seinen Namen hat der Brand nicht von ungefähr: das Städtchen aus der Oberpfalz ist bekannt als Zentrum der deutschen Pferdezucht, weswegen neben dem Namen auch ein stolzes Hufeisen auf dem Label der eckigen Flasche prangt.
Geschmacklich zeigen die bayerischen Brenner, dass ihnen der Blick in beide Richtungen heutiger Gin-Kultur als Einfluss dient. Neben einer sehr präsenten Wacholder-Frische dominieren beim Nosing, aber vor allem im Mund sehr volle und tiefe Noten, die an Leder, Angelikawurzel, aber auch an die verarbeiteten Beeren gemahnen. Ein ausgewogener, vielseitiger Gin, darüberhinaus zu einem für die heutige Halbliter-Klasse mehr als anständigen Preis.
0,5 l
45% Vol
€ 25,50
2) Gin Luum
Zwar hat die Firma von Gründer und Entwickler Patrick Rosenberger ihren Sitz in der Fahrradstadt Münster, die Verwirklichung des Gin Luum mit dem prägnant-grünen Label erfolgt allerdings durch niemand Geringeren als die Brennerei Hubertus Vallendar, die Kennern über die deutschen Grenzen hinaus ein Begriff für Obstbrände und -Geiste höchster Güte ist.
Jene Herkunft kann und möchte der Luum auch nicht verhehlen: der eindeutig der „New Western“-Kategorie zuzurechnende Brand strotzt vor Steinobstaromen reifer Äpfel und Birnen, ergänzt durch eine deutlich blumige Note. Im Tonic eventuell so Manchem etwas zu diffus, eignet sich der Gin mit dem Anglerfisch auf dem Etikett aber hervorragend für leichte, anregende Apertifs.
0,5 l
40% Vol.
€ 33,-
3) Gin Sieben
„Cuisine Style“ muss nicht zwangsläufig einen Cocktail beschreiben. Der Gin Sieben Frankfurt Dry Gin aus dem Finanzmekka am Main bezieht seine Inspiration unverhohlen aus dem kulinarischen Vermächtnis seiner Heimatstadt: die berühmte Frankfurter „Grie Soß“, die grüne Sauce, stand Pate bei der Schöpfung.
Doch die Idee hört nicht beim Namen auf. So wandert neben dem obligatorischen Wacholder die traditionelle Mischung der für die Grie Soß typischen — Überraschung! — sieben Kräuter Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Schnittlauch, Sauerampfer und Pimpinelle in die Brennblase der Destillerie Obsthof am Berg in Kriftel am Taunus. Ein moderner Gin, der zwar den Wacholder hintanstellt, aber nicht die mittlerweile manchmal etwas ausgetretenen fruchtig-beliebigen Pfade entlang geht, sondern sich durch die deftig-krautigen und dennoch feinen Noten seine Eigenständigkeit erhält.
0,5 l
49% Vol.
€ 33,-
4) Hinterland Gin
Man mag das Allgäu, die südlichste Spitze Deutschlands, süffisant als „Hinterland“ bezeichnen. Der gleichnamige Gin aus Hergensweiler muss sich aber hinter seinen Konsorten aus den großen Städten nicht verstecken. Das lokale Kolorit erhält der Brand in der simplen, eleganten Flasche durch die Beigabe der typisch alpinen Engelwurz, ansonsten hält man es im Allgäu mit acht weiteren Botanicals für heutige Verhältnisse geradezu klassisch und minimalistisch.
Dabei punktet der Hinterland Gin vor allem durch seine Milde und Ausgewogenheit. Dazu dominieren florale Töne von Lavendel und Rosen, besonders im Abgang macht sich dazu ein harmonischer Anklang von weißem Pfeffer und Paradieskörnern bemerkbar. Ein filigraner Gin, der vielleicht nicht unbedingt im Last Word oder Martinez seinen Platz finden sollte, aber in Martinis zu glänzen vermag.
0,5 l
43,5% Vol.
€ 33,-
5) Gin Sul
Der Big Player in dieser Liste, den man eigentlich niemandem mehr ans Herz legen muss. Entstanden ist der Tropfen aus der Tonflasche durch die Begeisterung des ehemaligen Hamburger Werbeunternehmers Stephan Garbe zu seiner zweiten Heimat Portugal. Da der Gin aber tatsächlich erst seit rund eineinhalb Jahren im Spiel ist, dürfen wir ihn hier noch einmal würdigen.
Spätestens seit mit dem jungen, aber akribisch zu Werke gehenden Paul Brusdeilins ein echter Profi am Kessel steht, ist der Gin Sul ein Garant nicht nur für höchste, sondern konstante Qualität. Ohne Frage: nach Monkey 47 ist Gin Sul der zweite große Gin-Durchbruch aus Deutschland.
Besonders die westportugiesische Lack-Zistrose steuert das charakteristische Aroma von Eukalyptus, Honig und Leder bei, dazu kommt der Duft selbst angebauter Zitronen. Das Ergebnis ist ein praktisch universell einsetzbarer moderner Gin, der seine Wurzeln jedoch nicht verhehlt. Kürzlich beim Bottle-Tank von sternefresser.de als bester deutscher Gin ausgezeichnet.
0,5 l
43% Vol.
€ 36,-