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Blumen und Früchte aus Zürich

Mit seinem „G & Tea Fizz“ zeigt Dirk Hany aus der Zürcher Widder Bar, dass es nicht immer das abgefahrene Fat Washing sein muss. Es reicht auch simpler Tee. Ein wunderbares Beispiel dafür, wie ein geschulter Blick auf hochwertige Zutaten zu einem wunderbaren Fizz-Twist führt.

Die letzten 12 Monate hätten für Dirk Hany und sein Team auch schlechter laufen können. Nach einiger Zeit in Diensten eines großen Spirituosenherstellers musste der passionierte Bartender doch wieder seiner Liebe zum Tresen nachgeben. Was passte da besser als der durch Markus Blattners Ausscheiden vakant gewordene Posten als Barmanager in der Widder Bar im Februar 2015?

Die Karte als sich wandelnde Konstante

Ein Jahr später ist Hany mehr als zufrieden: Sein teilweise erneuertes Konzept der Bar in dem ehrwürdigen Zürcher Stadthotel ist aufgegangen, die Bar läuft hervorragend. Gekrönt wurde seine Arbeit prompt mit einem MIXOLOGY BAR AWARD als Bar des Jahres in der Schweiz 2016. Neben den beiden traditionellen Spezialitäten der Widder Bar – legendärem Service und einer alles andere als alltäglichen Whisk(e)y-Auswahl – setzt Dirk mit seinem Team dabei vor allem auf eine monatlich wechselnde Karte mit einer Mixtur aus neuen, saisonal abgestimmten Drinks und Topsellern der Bar.

„Wir führen jeden Monat eine neue Karte ein“, erklärt Dirk. „Dabei haben wir eigentlich nur einen Grundsatz: Jeder Drink, den wir entwickeln, ist ein Twist auf einen klassischen Drink. Und zwar möglichst minimalistisch, sodass im Idealfall nur durch eine oder höchstens zwei veränderte Zutaten etwas Neues kreiert wird“, kommentiert er dadurch auch ein wenig die wilden Twist-Orgien, bei denen manche Bartender so gut wie jede Zutat verändern und das Ergebnis anschließend immer noch Manhattan oder Negroni nennen.

Der Zauber liegt im Tee

Ein simpler, aber toller Drink, der auch Hany persönlich sehr am Herzen liegt, ist der „G & Tea Fizz“, um den es heute gehen soll. „Der Drink ist mir einfach wichtig geworden, weil er vor einem Jahr auf unserer ersten neuen Karte stand und sich sofort zum Publikumsliebling entwickelt hat“, erklärt der sympathische Schweizer und fährt fort: „Dabei ging es darum, den klassischen Fizz durch die Arbeit mit zwei verschiedenen Teesorten zu erweitern.“

Das Hauptaugenmerk liegt dabei zunächst auf dem Jasmintee-Sirup, der den einfachen Zucker ersetzt. Besonders floral-würzige Gins erhalten durch diesen Sirup eine gute Portion aromatischer Schützenhilfe und eine feine Bitterkeit. Doch nur eine einfache Erweiterung der Zuckerquelle war auch dem überzeugten Minimalisten Hany zu wenig. Das zweite „Gewisse Etwas“ des Drinks kommt aber zunächst gar nicht in den Shaker, sondern erst einmal auf den Cocktail drauf: „Der eigentliche Twist ist etwa ein Barlöffel einer exotischen Früchteteemischung, die auf den fertig abgeseihten Drink gegeben, aber erst einmal nicht untergerührt wird“, meint Dirk.

Damit die Zubereitung so funktioniert, wie sie soll, ist es daher unabdingbar, den Fizz klassisch mit etwas Eiweiß zu mixen. Da es allerdings nur um eine zarte, kleine Schaumkrone gehen soll, die die Teemischung im ersten Moment „auffängt“, verwendet das Team der Widder Bar nur einen Zentiliter pro Drink, kein ganzes Eiweiß.

Die Früchtemischung, die Anfangs auf der Oberfläche des Cocktails ruht und dem Gast beim ersten Ansetzen ihr Aroma entgegenhält, setzt sich nach einiger Zeit im Drink ab und mazeriert den bereits vorhandenen, blumig-frischen Fizz. „Es war mir wichtig, den Drink so zu entwickeln, dass er sich wiederum selbst entwickelt“, erläutert Dirk die Idee. „Das Schöne daran ist, dass diese Veränderung, die der Gast dann tatsächlich bei jedem Schluck erlebt, sich sogar auf zwei Ebenen abspielt – nicht nur durch die dichter werdenden Aromen, sondern auch aus farblicher Perspektive bleibt der Drink spannend.“

Eine Idee – unzählige Möglichkeiten

Zwar kann man freilich mit der Früchtemischung experimentieren, um auch den Cocktail jedes Mal ein wenig zu variieren. Wichtig ist dabei jedoch, auf wirklich hochwertige Früchtetee-Blends zurückzugreifen, die nicht gesüßt sind (und schon gar nicht auf kandierte Früchte): „An der Lösung mit der Teemischung gefällt mir besonders, dass man die dezenten Noten von Mango, Papaya, Passionsfrucht oder Erdbeere in den Drink transportiert, ohne mit einer zusätzlichen Süße arbeiten zu müssen“, freut sich Dirk. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, denn die säuerlichen getrockneten Früchte ergänzen den Fizz im Laufe der Zeit eher mit einer zusätzlichen herben Tönung, die hervorragend zur Floralität von Gin und Jasmin passt.

Die Fruchtmischung als Hybrid aus Garnitur und Zutat entbehrt dann im Prinzip auch der für einen Gin Fizz ansonsten obligatorischen Zitronenzeste. „Wenn der Gast das wünscht oder es zur jeweiligen Teemischung passt, machen wir das manchmal. Aber es muss nicht sein“, so Dirk. In „seiner“ Widder Bar geht es schließlich nicht um Dogmen, sondern um Aromen.

Credits

Foto: Zürich & Teebeutel via Shutterstock. Postproduktion: Tim Klöcker.

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