TOP
Gelbes Haus

Neu, aber kein Neuanfang: Gelbes Haus in Nürnberg zieht um

29 Jahre führte Oliver Kirschner sein Gelbes Haus im Nürnberger Stadtteil Gostenhof. Das 30-jährige Jubiläum feiert er jedoch an einem neuen Standort. Nach Eigentümerwechsel konnte er sich die Miete der Bar nicht mehr leisten. Im Nürnberger Stadtteil Johannis blickt er der Zukunft trotzdem positiv entgegen.

Es fallen ein paar bunte Blätter von den Bäumen, auch auf den Tisch, an dem Oliver Kirschner sitzt und sein Mittagsessen zu sich nimmt. „Treffen wir uns doch in einer Wirtschaft um die Ecke des alten Gelbes Haus in Gostenhof (Ortsteil von Nürnberg, Anm.)“,  hatte er vorgeschlagen, denn das Gelbe Haus, eine der Bar-Institutionen in Nürnberg, ach Franken und darüber hinaus, hat er vorübergehend schließen müssen.

Gelbes Haus Nürnberg: Go Big or GoHo

„Fast 30 Jahre waren wir in der Troststraße, damals war hier kaum was los“, erzählt er. Mittlerweile ist in Gostenhof einiges mehr vorzufinden: Bars, Cafés und Restaurants, ein paar nette Klamottenläden und so weiter. Das ehemalige Arbeiterviertel ist in den letzten Jahren zu einem der In-Bezirke Nürnbergs avanciert – Berlin-Prenzlauer Berg lässt grüßen, wobei GoHo (wie es die Nürnberger liebevoll nennen) immer noch recht gemütlich und überschaubar ist und jetzt eben um einen schönen Ort ärmer.
Und das liegt dann wohl doch auch an dieser Gentrifizierung und diesen immer steigenden Mieten, durch die Kieze sich perspektivisch auch selbst abschaffen (haben wir schon alle oft gehört, gesagt werden sollte es dennoch immer wieder, weil es ein wirkliches Problem darstellt). „Die alte Hauseigentümerin ist verstorben und die Erbengemeinschaft hat versucht, die gegenwärtige Immobiliensituation zu ihren Gunsten auszunützen, um für ein altes Haus mit großem Instandhaltungs – und Reparaturstau einen überzogenen Verkaufspreis zu erzielen“, so Kirschner.

Neu. Aber kein Neuanfang.

Die Entscheidung des Umzugs fällten er und sein Bar-Team im Frühjahr 2018, nachdem der erste Schock sich gelegt hatte, so der Gelbes-Haus-Besitzer. Und dann kam etwas Glück ins Spiel: Kirschner ist nämlich in erster Linie Geschäftsmann, so hatte er bereits Anfang der 1990er Jahre einen Altbau mit Gastronomieräumlichkeiten gekauft, der einen Bezirk weiter in Johannis steht, und das mitten im Zentrum dieses ebenfalls sehr beliebten Stadtteils. „Die letzten zehn Jahre war dort ein vegetarisches Restaurant, das die Betreiberin aus Altersgründen nicht mehr weiterführen wollte, so haben wir uns kurzerhand überlegt, umzuziehen.“
Um die fünf Monate dauerte dieser Umzug, der einiges in sich hatte: So wurden Bar und Inventar aus- und fast komplett wieder eingebaut, „Der Flair soll bleiben, wir machen ja keinen Neuanfang.“ Die Mittagszeit ist vorbei und Kirschner fährt wieder auf die Baustelle im neuen Domizil, das sich sehen lassen kann. Der alte, gut erhaltene Klinkerbau von anno 1895 mit kleinem Außenbereich, in dem Lavendel und Rosen blühen, fällt sofort in die Augen. Auch der Innenbereich lädt ein: Hohe Decken, eine Reihe an Fenstern und an den Wänden ein zartes Zitronengelb (irgendwo muss sich der Barname ja auch widerspiegeln), dazu ein schöner Parkettboden.

Nürnberg, Stadt der Biertrinker

„Noch wird hier gebaut, wie unschwer zu erkennen ist“, sagt Kirschner. Er grüßt einen der Bauarbeiter, der zwischen Planen und Farbeimern auf einer Leiter steht. Mit Baustellen kennt sich Kirschner mittlerweile aus, seit knapp drei Jahren arbeitet er an der Umsetzung einer Spirituosenschule, die nur ein paar Autominuten vom neuen Standort entfernt und teils auch schon in Betrieb ist.
„Wir möchten dort Kurse für Interessierte anbieten.“ Als Mischwarenhandel beschreibt er sein Geschäftsmodell, denn neben der Bar und der Schule betreibt er seit Jahren ein Cateringunternehmen. „Es ist wichtig, sich in Nürnberg breiter aufzustellen“, sagt er, und spielt damit auch auf die recht übersichtliche Barszene an, die es schwer hat in der Stadt. Viele behördliche Vorschriften schränken ein, und dann sind die Nürnberger und Nürnbergerin auch eher Biertrinker.

New Dogs, Old Cats in Nürnberg

Vor der neuen Umgebung hat Kirschner keine Angst. „Es ist ein bisschen so wie nach Hause kommen, in Johannis habe ich schon viel Zeit verlebt und kenne die benachbarten Gastronomie- sowie Geschäftsbetreiber gut.“ Glück im Unglück muss man wohl sagen, denn ohne diese Immobilie in der Hinterhand hätte es Kirschner deutlich schwieriger gehabt – und für die meisten anderen wäre so eine Mieterhöhung wohl eher ein geschäftlicher Todesstoß gewesen.
Um eines trauert Oliver Kirschner allerdings doch, denn die Kiezkatze Emma, die in die alten Räumlichkeiten gehörte wie jede einzelne Spirituose, zieht nicht mit um. „Aber es gibt dort sehr nette Nachbarn, die kümmern sich um sie.“ In diesem Sinne: auf gute Nachbarschaften.

Credits

Foto: Shuttertsock

Kommentieren