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Gin Gin Mule Audrey Saunders

Der Gin Gin Mule: Moderner Klassiker und Blaupause

Der Gin Gin Mule Cocktail bringt im Prinzip die beiden großen Highballs dieses Jahrtausends zusammen: Wer keine Lust mehr auf Gin & Tonic oder Moscow Mule hat, der greift zu dem modernen Klassiker aus New York. Und wenn wir „moderner Klassiker“ sagen, dann meinen wir das ganz ernst. Denn die Funktionsweise des Gin Gin Mule ist quasi eine Blaupause für zahllose andere Drinks.

In den Jahren nach der Jahrtausendwende gab es eine kleine Weisheit in der internationalen Barszene. Sie lautete ungefähr so: Was Audrey Saunders in den Shaker gibt, wird zu Gold. Ausgebildet u.a. von „King Cocktail“ Dale DeGroff, setzte Saunders schnell eigene Akzente. Spätestens mit der Eröffnung ihrer Bar Pegu Club in New York wurde die Bartenderin und Unternehmerin selbst zur maßgeblichen Gestalterin der Branche. Der Pegu Club war eine der wichtigsten Bars der frühen, globalen Bar-Renaissance, so mancher heut tonangebende Protagonist erwarb dort seine Sporen. Und wir erinnern uns: Sogar ein gewisser Joerg Meyer verliebte sich nach eigener Aussage genau dort, am Tresen des Pegu Club, in die Drink-Kategorie Smash, was später noch Folgen haben sollte.

Mit dem Thema Smash sind wir auch schon bei einer offensichtlichen Lieblingszutat von Audrey Saunders: der Minze. Sie spielt eine zentrale Rolle im klassischen Whiskey Smash, ebenso in Saunders‘ anderem Geniestreich, der sogar noch bekannter ist als der Gin Gin Mule, dem Old Cuban Cocktail. Schauen wir uns den wacholdrigen Mule genauer an.

Zwei „Gin“ sind besser als einer?

Grundsätzlich ist der Gin Gin Mule nichts anderes als ein klassischer Mule, nur eben mit Gin statt Vodka. Also nach der groben Formel „Spirituose plus Ginger Beer plus etwas Limette“. Vor diesem Hintergrund hätte somit auch nur ein „Gin“ im Namen ausgereicht. Die manchmal herangezogene Erklärung, das zweite „Gin“ stehe für „Ginger“, ist an sich nicht nachvollziehbar, weil obsolet – denn ein Mule enthält stets Ingwerlimonade. Wie der Name zustande kam, hat Saunders (zumindest nach Kenntnisstand der Redaktion) nirgendwo zu Protokoll gegeben.

Vielleicht ging es ja auch eher um eine klanglich-spielerische Konnotation, die auf das Aromenprofil anspielt? Durchaus vorstellbar, erinnert doch das „Gin Gin“ ans italienische Trinkmotto „Cin-Cin“ und damit automatisch an Leichtigkeit, Lebensart und einen spritzig-frischen Aperitivo?

Der Gin Gin Mule Cocktail: die Minze als (moderner) Alleskönner

Denn genau das macht das Wesen des Gin Gin Mule aus: Er bringt einfach eine gehörige Portion Freshness mit. Das wiederum liegt zu einem guten Teil an der Beigabe der oben schon erwähnten Minze. Denn die Kombination aus einem crispen Dry Gin, Ingwer, Limette und der charakteristischen, kühlenden Mentholfrische ist, das muss man zugeben, zwar nach heutigen Maßstäben keine monströse Innovation – aber einfach unfassbar belebend, anregend und schlicht köstlich.

Gin Gin Mule

Zutaten

4,5 cl Gin
2,25 cl frischer Limettensaft
1 cl Zuckersirup
6-8 Blätter Minze
6-8 cl Ginger Beer

Klar: Minze ist wahrlich keine Neuheit, aber ungefähr seit der Wiederentdeckung des Mojito hat sich neuerlich zu dem Bar-Alleskönner entwickelt, der sie früher schon einmal war. Insbesondere als Garnitur hat sie sich neben Zitruszesten als klare Nummer zwei etabliert. Und erst recht im Bereich der immer stärker gefragten Highballs und Spritz-Drinks ist sie beinahe zu so etwas wie einem klassischen Formel-Bestandteil geworden – so mancher Bartender kommentiert heute flapsig: Keine Idee für eine Garnitur? Nimm Minze, wird schon passen.

Mit den Gin Gin Mule definiert Audrey Saunders eine Formel, die fast immer passt

Genau jene erwähnte Formel bedient jedenfalls auch der Gin Gin Mule. Aber Saunders steckt die Minze nicht einfach an den Glasrand, sie arbeitet das duftige Kraut wirklich in den Drink ein (also wirklich eine klare Parallele zum Old Cuban). Hier unterscheidet sich der Gin Gin Mule dann also doch von Verwandten wie Moscow Mule oder London Buck, die ja schlicht im Glas „gebaut“ werden: Der Gin Gin Mule wird zunächst, natürlich ohne das Ginger Beer, geschüttelt, um das Minz-Aroma kraftvoll in den Drink zu überführen. Ob man dabei überhaupt die große Menge Zuckersirup aus dem Originalrezept braucht, hängt vom jeweiligen Ginger Beer und vom persönlichen Geschmack ab. In vielen Fällen genügen schon 1 bis 2 Barlöffel. Nach dem Abseihen auf Eis kommt dann der Filler hinzu.

Damit haben wir im Prinzip die Blaupause zahlloser Drinks, die es in den letzten zehn Jahren auf zahllose Barkarten geschafft haben, irgendwann auch gern abgewandelt mit anderen Kräutern. Der zentrale Impuls für die Funktionsweise kam damals von Audrey Saunders. Danken wir ihr auch heute noch dafür.

Auch – oder gerade weil – der Pegu Club ein Opfer des Corona-Shutdowns geworden ist und nicht mehr geöffnet werden wird.

Credits

Foto: Sarah Swantje Fischer

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