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Ist die Welt genug?

Die gebürtige Husumerin Gönke Hansen ist bei den kommenden MIXOLOGY BAR AWARDS 2016 als Newcomer des Jahres nominiert. Mit MIXOLOGY ONLINE sprach sie über ihr Heim- und Fernweh, Kite-Surfen in der Heimat und Bergwandern in der Schweiz. Und über ihre Leidenschaft, als Bartenderin zu leben.

Im vergangenen Juni versprühte die erst 24-jährige Bartenderin aus der Onyx Bar im Zürcher Park Hyatt ihren Charme als Finalistin bei der Made in GSA-Competition und servierte einen „The Duchess Matilda“, eine frisch-sommerliche Gin-Komposition. Eigentlich würde sie selbst gerne Gin & Tonic trinken — „aber ich mag kein Tonic Water“, gesteht sie. Bei der Arbeit greift sie gerne zum kompatiblen und vielfältigen Rum und trinkt selbst am liebsten Bier.

Von Bord und in die Berge

Dass sie jetzt als Newcomerin des Jahres 2016 auf der Long List der MIXOLOGY BAR AWARDS 2016 platziert ist, hat sie komplett überrascht. „Damit hätte ich nie gerechnet, eine wirklich große Überraschung“, betrachtet die ambitionierte Bartenderin die Nominierung als Wertschätzung ihres bisherigen Wirkens in der Welt der Bars. Derer hat sie auch mit ihren jungen Jahren schon viele, auf dem Hapag-Lloyd-Kreuzfahrtschiff Columbus 2 auch zu Wasser, gesehen. „Ich mache meinen Job, und der macht in erster Linie Spaß. Es tut aber auch mal wirklich gut, zu sehen, wenn die eigene Leistung anerkannt wird“, freut sich die begeisterte Motorradfahrerin. Ihre geliebte Honda Shadow hat sie erst vor wenigen Tagen gemeinsam mit ihrem Freund in die Schweiz geholt.

Seit Dezember vorigen Jahres arbeitet Gönke dort mit Headbartender Simon Brandmayer in der Onyx Bar im Grand Hyatt in Zürich. „Grüezi“, „Merci“ oder „Panasch“, wie die Schweizer ein Radler nennen, sind für die ganz und gar nicht kühle Norddeutsche mittlerweile keine Fremdwörter mehr. Anfangs jedoch war „das Schwyzzerdütsch ein wenig gewöhnungsbedürftig“. Die Schweizer würden als Gäste annehmen und erwarten, dass man sie versteht, erzählt sie. Wenn es doch mal Probleme in der Kommunikation gibt, dann sind es Hansens Kollegen, die sie gerne um Rat fragt. „Ich habe in der Schweiz Leute gefunden, die mich mit ihrem Ehrgeiz, ihrer Energie und Lust auf die Arbeit gepusht haben“, schätzt sie den für ihre Tätigkeit erforderlichen Teamgeist in der Onyx Bar.

Der Apfel, der nicht weit vom Stamm fällt

Gönke Hansen ist mit ihren beiden Schwestern bei einem „Dad“ aufgewachsen, der als ausgebildeter, an der Berufsschule unterrichtender und vor allem leidenschaftlicher Koch „die Hand stets an den Töpfen hatte, und ich war immer dabei“, erinnert sie sich an die Kochaktionen mit ihrem Vorbild. Ihr Vater wollte nicht, dass seine Tochter den Weg in die Gastronomie einschlägt.

„Doch nach dem Abitur habe ich mich dafür entschieden und im Grand Hyatt in Berlin meine Ausbildung zur Hotel- und Restaurantfachfrau absolviert“, erzählt Hansen, die von der Atmosphäre, der Musik und den Gästen an der Bar schlichtweg angetan und begeistert gewesen ist. „An einem Abend beim Blick in die Hotel-Bar gab es diesen besonderen Moment. Fortan wusste ich: dort will ich hin. Ich habe alles dafür getan, und es hat geklappt“, resümiert die Bartenderin, die ihre Leidenschaft im Anschluss an der Barschule in Rostock perfektioniert hat.

Kein Job für Zwischendurch, sondern für jeden Tag

Dort seien ihr Schüler und Schülerinnen untergekommen, die eigentlich nur vorübergehend, während sie auf einen Studienplatz warteten, die Barschule besuchten. „Warum machst du das dann?“ wollte Hansen wissen. Die Arbeit in der Bar sei wunderschön, aber harte Arbeit. „Ein schlechter Tag ist etwas anderes als im falschen Job zu sein“, so ihre Überzeugung und ihr Credo. Empathie, Interaktion mit Menschen, die Freude am Umgang mit und das Interesse an Gästen, die gerade eine Telefonkonferenz an der Bar führen oder ihre Reiselektüre in Ruhe lesen möchten, gesprächige Amerikaner oder neugierige, interessierte Bar-Besucher, Teamarbeit und Kollegialität sowie der oftmalige Verzicht auf Abende unter Freunden sind mit Hansens Arbeitszeiten verbunden. „Wir arbeiten dann, wenn unsere Freunde Konzerte besuchen. Wir laufen konträr und müssen oft zurücktreten“, gibt sie zu bedenken. Daher müsse man seinen Job lieben, um glücklich zu sein.

Nicht zuletzt das Wissen über klassische Cocktails, der Aufbau von Trendgetränken sowie der Überblick über das ständig wachsende Spirituosensegment seien für sie Herausforderung und bedeuteten Interesse und Weiterbildung. „Da geht noch so viel mehr, man ist nie fertig und kann nie aufhören, Neues auszuprobieren, wenn man bedenkt, was alles auf den Markt schießt“, erklärt sie ihren Wunsch, up-to-date zu sein, um ihren Traumberuf ausüben und leben zu können.

Unter Männern

Als Frau hinter der Bar habe sie fast ausschließlich mit männlichen Kollegen zusammengearbeitet, während sie den Kolleginnen öfter im Service begegnet, so Gönke. Der Job bleibt bis heute eine ziemlich männliche Bastion. Aber: „Frau-Sein kann ein Vorteil sein, weil man auffällt und heraussticht, auch bei Wettbewerben“, bemerkt sie. Allerdings müsse man sich als Frau hin und wieder beweisen. „Ich glaube, dass eine Frau die gleichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten besitzt, um einen Martini-Cocktail zu mixen“, hat Gönke einst zu einem Gast gesagt, der sie kritisch beäugt hat und sich nicht sicher gewesen ist, ob auch eine Frau einen solchen meistern kann. „Ist ja toll“, so dessen Reaktion zum natürlich geglückten Martini. „Seither bestellt der Gast gerne bei mir“, fügt Hansen hinzu.

Der gepackte Koffer…

Manchmal, so Gönke, verspürt sie Heimweh und würde gerne wie eine ihrer Schwestern ihren „Dad“ kurz mal zum Abendbrot besuchen. Als Wassersportlerin und passionierte Kite-Surferin vermisst sie das Meer, die Strand-Atmosphäre, die Ruhe und den Blick in die Weite. Dafür ist sie in der Schweiz auf Bergwandern und Snowboarden gekommen: „Die Landschaft ist toll, ich genieße das Wandern und lege sogar richtige Picknick-Pausen ein“.

Denkt sie an Selbstständigkeit, deren Zeit noch nicht spruchreif ist, dann nicht an Fünf-Sterne-Etablissements, sondern an eine Art Surf-Bar, zu deren bedeutenden Gästen die Familie und Freunde zählen sollten. „Und wenn das Bier dann mal nicht auf die kleine Insel geliefert werden kann, dann sind wir trotzdem zusammen und grillen einfach“.

Mit nur einem Koffer im Gepäck ist Gönke damals in die Schweiz gezogen, „jederzeit bereit aufzubrechen, offen für und neugierig auf Entscheidungen und Gelegenheiten“, die das Leben ihr bietet. Da geht noch was!

Credits

Foto: Gönke Hansen bei der Made in GSA Competition 2015 via Katja Hiendlmayer

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