TOP
Handshake Bar in Mexico City

Die Handshake Bar in Mexico City ist wie ein herzlicher Handschlag. Wenn auch ein kurzer

Die 30 Plätze fassende Handshake Bar in Mexico City steht aktuell auf Platz Elf der Liste der World’s 50 Best Bars. Eine Reservierung ist Pflicht, mehr als 90 Minuten hat man vor Ort nicht. Sarah Liewehr über einen Abend mit Smoke, Zeitdruck und Erlebnisfaktor.

Man ist ja jetzt schon einige Jahre in Bars (mitunter auch Speakeasys) unterwegs, aber nun ist das einer dieser Momente, in denen man sich ein bisschen uncool fühlt. Als sei’s der erste Barbesuch überhaupt. Wir stehen vor der (aktuell) Nummer 11 der „World’s 50 Best Bars“ 2022 in Mexiko Stadt und wissen nicht, wie wir reinkommen. Die Kamera über der schwarzen Tür der Handshake Bar im Stadtteil Juárez der gigantischen CDMX ist zwar auf den Eingang gerichtet, aber die Tür geht nicht auf, es gibt keine Klingel … nichts.

Hotelgäste auf dem Weg ins NH Hotel, das sich über der Handshake Bar aufbaut, spazieren durch die Glastür rechts an der Bar vorbei, neugierige Blicke und von direkt gegenüber schallt laute Musik, denn da gibt es Pizza und Tequila – halt zur Not Plan B denken wir.

Wenige Minuten später, die sich anfühlen wie viele, wird die Situation aufgelöst. In weißem Hemd und mit Hosenträgern, kommt sichtlich der Front of House mit iPad in der Hand heraus und lässt uns so schnell wie charmant wissen, dass wir heute – an diesem Mittwoch – ohne Reservierung leider keinen Platz haben. Naiv von uns. Die Bars habe nur 30 Sitzplätze, aber wir könnten gerne eine Reservierung für morgen machen. Machen wir.

Handshake Bar

C. Amberes 65, Juárez, Cuauhtémoc
06600 Ciudad de México, CDMX,

Mo- Do 18 - 1:00 Uhr, Fr - Sa 18 - 2 Uhr, So 18 - 24 Uhr

Um die 30 Cocktails umfasst die Karte
Um die 30 Cocktails umfasst die Karte

Zweiter Anlauf Richtung Tresen

Gute 24 Stunden später als geplant geht der Bar-Abend los. Schlag 18 Uhr, wenn die Bar öffnet, stehen wir wieder vor der mysteriösen Tür und warten darauf, dass sie sich öffnet. Vor und hinter uns haben sich bereits andere Gäste versammelt, schön in Zweierreihe und gespannt wartend wie vor einem Schulausflug. Sie kommen aus Australien, aus Großbritannien – und vor uns sprechen zwei Frauen mit Hund spanisch miteinander. Zehn Minuten später als geplant (und das ist wichtig, weil eine Reservierung einem nur einen Slot von 90 Minuten sichert) sind wir schon fast drinnen. Wir sollen erst zwischen zwei Vorhängen warten, dann wird einer davon dramatisch nach innen geöffnet und es schallt uns ein lautes ¡BIENVENIDOS! des gesamten 7-köpfigen Bar Teams entgegen. Wie wir in den kommenden 80 Minuten herausfinden, wird jeder Gast so begrüßt. Der Raum offenbart schwarz-goldenes Interieur, so wie man sich eine Speakeasy vorstellt. In der Mitte steht ein großer Tisch mit Platz für rund neun Personen, die übrigen 21 Sitzplätze verteilen sich auf Tischchen drumherum und am Tresen.

Dort nehmen auch wir Platz und bekommen noch einmal die Regeln erklärt – nur 90 Minuten Zeit, 20 Minuten vor Ablauf werde man noch einmal auf uns zu kommen und an die ablaufende Zeit erinnern und selbstverständlich sei das eine Nichtraucher- und Nicht-Vaperbar – los geht’s. Am Tresen bekommen wir mit, wie sich die Bar sukzessiv gemäß der gebuchten Zeitfenster füllt. Denn immer dann, wenn sich der Vorhang mit neuen Gästen dahinter öffnet, heißt es wieder …

¡BIENVENIDOS!

Das Bar Team versprüht Worlds Best 50-Charme und höchste Professionalität. Die Karte offenbart Vielfalt: Man entscheidet sich zwischen 29 Cocktails, die zum Großteil zwischen 10 und 12 Euro liegen, unterteilt in acht Kategorien von „Sip by Sip“ bis „Fresh & Funky“. Wenn der Sinn nach etwas Purem steht, hat man die Wahl zwischen einer Vielzahl von Raicillas, natürlich Mezcals und Tequilas, aber auch Sotol, Bacanora oder Pox.

Eine Kategorie der Cocktails – und da geht es dann an den Dispo der Kreditkarte – heißt „Vintage Drinks“. Hier findet sich neben einem „Negroni Shakerato“ mit Campari aus den 1980ern für umgerechnet 50 Euro auch ein „100 Years Old Hanky Panky“ mit Cinzano Rosso und Gin aus den 1950ern und einem Fernet Branca aus den 1930ern für umgerechnet 400 Euro. Für alle, die aufs Ganze gehen wollen. Auch für den kleinen Durst – oder wie wir dann merken: die letzten 20 Minuten – gibt es passende Drinks: die Miniature Cocktails. Für umgerechnet 5 Euro kann man sich einen Bottle Aged Mezcal Negroni oder einen Manhattan holen. Kleines Glas, ein paar Schlucke, eine gute Idee. Das Wiener Fluchtachterl in Cocktailform.

Auch Bar Food kann man bestellen, entstanden in Kollaboration mit dem Chefkoch aus dem Migrante im Viertel Roma Norte, Fernando Martinez Zavala. Was wir auf den Tellern der Tresen-Nachbar:innen erspähen, sieht vorzüglich aus: Es gibt Braised Beef mit einer Emulsion von schwarzen Knoblauch, ein Wassermelonen Ceviche oder geröstete Jakobsmuscheln mit einem Spargel-Mandel-Gazpacho. Wir überspringen das Essen aus leichtem Zeitdruck, Tick Tack nur noch 70 Minuten.

Cocktailkunst auf der Höhe der Zeit
Die Handshake Bar betreibt Cocktailkunst auf der Höhe der Zeit – sowohl für das Auge als auch für den Gaumen
Branded Eis gehört in einer Bar wie dem Handshake zur Selbstverständlichkeit
Branded Eis gehört in einer Bar wie dem Handshake zur Selbstverständlichkeit
Die Karte ist unterteilt in acht Kategorien, von „Sip by Sip“ bis „Fresh & Funky“ hin zu „Vintage Cocktails“
Die Karte ist unterteilt in acht Kategorien, von „Sip by Sip“ bis „Fresh & Funky“ hin zu „Vintage Cocktails“

Es geht um den Smoke

Wir wählen den „Chica de Humo“ mit Tomatenwasser, Tequila, Soda sowie „Smoke“ und den „Mexi-Thai“, in dem Tequila auf Kokosnuss, Kaffir Limette, Basilikum-Öl und wieder Tomatenwasser trifft. Beide kommen in den fantastisch feinen Gläsern von kes-shō und – mit Gimmicks. Denn unser „Chica de Humo“ ist nicht etwa genussfertig, wenn er vor einem steht, nein, die Bartenderin wirft eine Art Bunsenbrenner an und es dauert ein paar Sekunden der Überraschung bis klar wird, was zu tun ist. Man soll mit seinem Glas die Rauchkugel fangen, die für den auf der Karte angeteaserten „Smoke“ sorgt. Nach viel „Ohhh“ und „Ahhh“ aller Tresengäste klappt das dann beim dritten Mal auch für die Beteiligten einigermaßen zufriedenstellend.

Zweite Runde

Weiter gehts’, ein Drink muss noch drin sein. Die Entscheidung fällt auf den „Once Upon a Time in Oaxaca“. Denn da … brennt was. Nach dem Kugelfangen ist es definitiv Zeit für Feuer und die Mischung aus Siete Misterios Doba-Yej Mezcal, Absinth, Minze, Zitrone sowie noch einmal „Smoke“.

Es brennt auch wirklich etwas, aber dieses Mal nicht für das versprochen Rauchige, sondern „cause it looks dope“ wie der Bartender kommentiert. Ein Häufchen Stahlwolle wird vom Drink durch eine kleine, runde Holzplatte abgetrennt und dann angezündet. Sieht auch gut aus. Das Warum bleibt ungeklärt. Braucht der Drink das? Nein. Er ist auch allein beeindruckend. Ein Blick auf die Uhr bestätigt, was wir bereits ahnen: Die letzten 20 Minuten brechen an. Noch rasch bleibt Zeit für einen Mini-Cocktail, dann wird auch schon gezahlt und es geht raus in Mexikos Nacht. Leider hatten wir keine Zeit mehr für die transparente Piña Colada, man muss hier Prioritäten setzen. Das waren sie also, die 80 Minuten in der World’s 50 Best Bar Nummer 11.

Ein Bar-Abend als Erlebnis

Die Handshake Bar ist anders, als man sich als Berliner:in eine Bar vielleicht erwartet. Leider war unser Aufenthalt in Mexiko Stadt zu kurz, um die anderen vier auf der Worlds 50 Best Bars Liste vertretenen Bars, wie das Hanky Panky (Nr. 13), die Licorería Limantour (Nr. 4), oder die Baltra Bar (Nr. 32) zu besuchen und herauszufinden, wie es sich in den anderen Bars der Metropole verhält.

Die Handshake Bar hat jedenfalls einen definierten Zeitrahmen, was ausladende Abende verunmöglicht, und in fast jedem Drink scheint neben der gekonnten Mixologie oft ein Bemühen um das „Wow“ in der Präsentation hervor. Es ist keine Bar zum Verweilen, es ist eine, um was zu erleben. Die Bar ist im Vordergrund, nicht unbedingt der Abend in Gesellschaft. Sie wird nicht zum Rahmen, sie ist das Bild. Hat was, aber man muss es wissen.

Bis heute frage ich mich zwei Dinge: Woher weiß man in der Bar, dass Gäste vor der Tür stehen? Und was passiert, wenn man sich kurz vor knapp den 400 Euro Vintage Hanky Panky kauft. Bekommt man dann extra 20 Minuten zum Genießen?

Credits

Foto: @thebarchemist_ ;@zeilmaker.d

Kommentieren