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DER HAVELAAR PUNCH – DARF ES ETWAS BATAVIA ARRACK SEIN?

Der Trend geht in Richtung kleinerer Spirituosen mit großem Profil. Der Zürcher Pascal Kählin leistet seinen Beitrag und belebt mit seinem Batavia Arrack eine fast ausgestorbene Spirituose.  Zusätzlich bietet er mit seinem Havelaar Punch ein leichtes Rezept, um ihr auch gleich zum Laufen zu verhelfen.

Die Gäste von heute zu beeindrucken wird zunehmend eine schwierige Angelegenheit. Dabei ist es nicht lange her, dass in den Barschulen über Vodka, Gin, Rum, Brandy, Tequila und Whiskey als die Grundspirituosen referiert wurde. Inzwischen sind wir glücklicherweise etwas weiter, die Scheuklappen leiern aus, und es macht sich die Erkenntnis breit, dass alles Destillierte von guter Qualität sich als ‘Grundspirituose’ eignet. Mehr noch, besonders gefragt sind Charaktere, starke Aromen, wie sie oft weniger regulierte Gegenden und ratinierte Methoden hervorbringen. Man siehe nur den Mezcal-Wahn der letzten Jahre, das gestiegene Interesse an Poitin oder den neulich hier veröffentlichten Artikel zu Clairin.

Death Metal im Hawaii-Hemd

Reden wir heute also über Arrack, genauer gesagt, über Batavia Arrack. Denn Arrack ist ein sehr weiter Begriff und die verschiedenen Ausprägungen könnten unterschiedlicher kaum sein. Batavia Arrack ist eine davon, und bezeichnet eine auf den indonesischen Inseln hergestellte Zuckerrohr-Spirituose. Das klingt zunächst nach Rum, aber statt auf gezüchtete Hefe-Stränge zurückzugreifen, wird der Zuckerrohr-Saft mit rotem Reis gemischt und mittels wilder Hefen und Sporen fermentiert. Der Bezug zum Rum lässt sich erkennen, aber der Vergleich fühlt sich an, als würde man Isaac Hayes neben eine Death Metal-Band in Hawaii-Hemden stellen.

Dies war besonders beliebt zur Zeit der holländischen Kolonien, und wer in Europa etwas auf sich hielt zu der Zeit, der trank Arrack. Es finden sich also einige alte Rezepte, in welchen Arrack eine wichtige Rolle spielt: Insbesondere in David Wondrichs phänomenaler Abhandlung über Punch kommt er oft vor. Aller historischer Relevanz zum Trotz ist es aber heutzutage nicht einfach, Arrack zu bekommen. Wondrich spricht in seinem Buch eine Empfehlung für genau eine Marke aus – van Oosten – und wenngleich diese auch von guter Qualität ist, so ist dies wohl auch dem Umstand geschuldet, dass es genau noch eine leicht zu beschaffene Marke überhaupt gibt. Eine Marke vertritt also eine ganze Kategorie, die einst den gleichen Stellenwert hatte wie Gin heute?

Von Arrack nach Zürich

Daran störte sich der Zürcher Pascal Kählin. Selbst Spirituosenhändler und Barmann erster Güte, sah er sich mit der Nachfrage einiger Kollegen konfrontiert, und entschloss sich, die Barwelt um eine eigene Arrack-Abfüllung zu bereichern. Diese ist ein Blend aus verschiedenen Arracks aus Java, welche im Pot Still gebrannt werden und ein Jahr im Teak-Fass ruhen. Ein kräftiger Tropfen, ein Feuerwerk von geschnittenem Gras, überreifen Früchten, aber auch Petrol, Leder und Vanille.

Bei der Namensgebung lies Kählin sich von einem holländischen Schriftsteller inspirieren, welcher zur Kolonialzeit die Ausbeutung der Urbevölkerung auf den Kolonien der Holländer anprangerte. Das klingt zunächst wenig passend für einen Arrack, aber Kählin erklärt: “Edward Douwes Dekker war sowohl ein Kämpfer für die Rechte der Unterdrückten als auch ein Trinker und Spieler. Jeder Holländer kennt ihn, aber bei uns ist er völlig in Vergessenheit geraten. Ich fand, ein bisschen Ehre tut gut.”

Rum, Roulette und später Ruhm

Denn neben weniger bewegenden Veröffentlichungen wie etwa über eine ‘sichere’ Gewinnmethode beim Roulette, soll er auch einer Liebelei wegen einer Kirche beigetreten sein und eine freigekaufte Prostituierte zur Freundin gehabt haben. Das klingt schon mehr nach Rum. Er klagte aber auch den holländischen Staat an und beschrieb seine Erfahrungen in Java in seinem bekanntesten Werk Max Havelaar oder Die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft. Nach der fiktiven Hauptperson ist heute das berühmte Fair Trade Label benannt. Und nach dessen Autor nun auch ein Arrack.

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker.

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