Heidelberg Spirits: Die erstaunliche Beharrlichkeit eines Mutter-Tochter-Duos
Petra Spamer-Riether und ihre Tochter Janina Riether sind die Köpfe hinter Heidelberg Spirits, bekannt durch Marken wie Schrödinger’s Katzen Gin und Pussanga. Auf dem Reißbrett haben sie ihr Unternehmen nicht entworfen, vielmehr ist es eine Kombination aus Intuition, Traum und Durchhaltevermögen. Noch immer reisen sie mit ihren Flaschen im Rucksack persönlich durch die Lande.
Die Geschichte von Heidelberg Spirits ist die Geschichte über und von zwei Frauen, die einen ungewöhnlichen Weg genommen haben, um ihre Produkte international zu vermarkten. Auch die Idee, sich dem Haifischbecken Spirituosenproduktion auszusetzen, hatte bereits einen ungewöhnlichen Ursprung. Petra Spamer-Riether ist nämlich ursprünglich studierte Chemikerin, die auch journalistisch arbeitete. Sie drehte Reisereportagen wie „Länder, Menschen, Abenteuer“ und bediente so ihre Vorliebe für exotische Geschmackswelten gleich mit.
„Wie ich die Idee hatte, Schnaps zu machen? Ich habe 2010 einen Film über die Krupp-Frauen gemacht, die haben ja in dieser wechselvollen Firmengeschichte immer eine starke Rolle gespielt. Da ging es um Helene Amalie Krupp. Sie hat einen kleinen Kolonialwarenladen zu einem Imperium geformt. Das hat mich tief beeindruckt. Dann habe ich das Buch Der Koch von Martin Suter gelesen, in dem es um aphrodisierende Gerichte gehrt. Also reifte der Entschluss: Ich mache eine aphrodisierende Spirituose.“ Das war 2012, und 2013 erfolgte der Markenauftritt von „Pussanga“.
Der Start von Heidelberg Spirits verläuft etwas verkrampft
Zusammen mit Tochter Janina Riether, die sich vor allem um Marketing und Digitales kümmert, hat sich das kleine Unternehmen einen Platz in den Bars und bei Liebhabern ausgefallener Aromen erobert. „Ich hätte nie gedacht, dass ein Buch so eine Unternehmung auslöst. Das hatte auch für mich Konsequenzen. Ich stand gerade mitten im Abitur, und durch unsere Arbeit stand bald mein Entschluss fest, BWL zu studieren“, erzählt Janina. „Wir waren ja totale Amateure. Beim Bar Convent Berlin 2013 haben wir uns erstmals einem größeren Publikum präsentiert und haben Pussanga Sours gemixt. Das war auch ein Abenteuer.“
Da sei erstmal der Sturz in die Realität erfolgt. Petra erzählt: „In Österreich und der Schweiz lief es gleich ganz gut, aber hierzulande war es schwierig. Wir sind mit einer Präsentation von Bar zu Bar gezogen, mussten aber erst lernen, wie man mit Bartendern spricht, und vor allem wann. Das war ein echter Lernprozess. Da war ich anfangs auch zu verkrampft.“
Dann stellten sich erste Erfolge ein. „Wir waren dann 2016 zur Preisverleihung der London Spirits Competition in London, haben erste lockere Kontakte geknüpft und Bars besucht, wie Nightjar, Oriole und Connaught.“ Janina ergänzt: „London ist einfach das Tor zur Welt, da wollten wir auch hin.“
Heidelberg Spirits: Mit Beharrlichkeit zum Ziel
Inzwischen war auch das nächste Produkt auf dem Markt, der „Schrödinger’s Katzen Gin“. Nun wurde ein Importeur gesucht. „Die Antworten und das Interesse waren erst mal mau, also haben wir uns entschlossen, einfach hinzufahren“, erinnert sich Janina.
Dann wurde ein Plan entwickelt und mit U-Bahn und zu Fuß London in einem Road-Trip in alle Himmelsrichtungen erkundet. Immer im Rucksack: einige Flaschen Schrödinger’s Katzen Gin und Pussanga. „Die haben uns aber meist nur schräg angeguckt und weitergereicht. Aber wir haben uns nicht entmutigen lassen und sind dann abends wieder in die Bars gegangen. So ist nach und nach ein Netzwerk entstanden“, sagt Petra.
Da habe man auch die Adresse des „Spirit Cartell“ erhalten. „Die haben noch nicht mal ein Schild an der Tür gehabt, damit so Leute wie wir da nicht einfach auftauchen.“ Dort wurden die beiden dann mit weiteren Kontakten versorgt und nach einem Intermezzo bei „10 Degree“ ist man inzwischen bei „Sea Spirits“ unter den Fittichen. Petra Spamer-Riether berichtet mit Stolz: „Inzwischen sind wir mit unseren Produkten auf den Karten aller großer und renommierte Bars vertreten. Das war wie ein Schneeballsystem, natürlich stark getrieben von unserem Gin. Auch Pussanga ist in vielen Bars anerkannt und geschätzt. Da haben wir uns inzwischen ein Top-Standing erarbeitet. Die Bartender kombinieren ihn mit Whisky, Rum, Pisco oder Tequila.“
Die Rucksack-Reisenden aus Dossenheim
Die beiden Frauen haben in London die Erfahrung gemacht, dass man ihnen – auch wenn die Stadt riesig und der Markt hart umkämpft ist – von Anfang an Vertrauen entgegengebracht habe. Inzwischen seien sie als Mutter-Tochter-Gespann weithin bekannt. Petra Spamer-Riether resümiert: „Die Leute waren immer herzlich und respektvoll. Auch in Luxusbars kannst du jederzeit hingehen. Selbst wenn es voll ist, zeigt man sich offen und neugierig. Irgendwann ergibt sich dann auch mal kurz Zeit für einen Plausch. London ist einfach in seiner Mentalität viel internationaler als andere Städte. Es gibt nicht so viele Bedenkenträger.“
Aber es gebe auf Grund der Dimension der Stadt noch viel zu entdecken und zu bearbeiten. Die beiden sind immer noch zu Fuß und mit Rucksäcken voller Flaschen unterwegs, um ihre Produkte vorzustellen. Man wolle das gute Netzwerk persönlich pflegen und ausbauen. Aus der Londoner Szene heraus haben sich inzwischen noch ganz neue Möglichkeiten aufgetan. Die Italiener – und als Vision für die Zukunft – auch die Chinesen können sich schon mal auf die Beharrlichkeit der beiden Frauen gefasst machen, erste Kontakte zu Importeuren sind geknüpft. „Wir bringen ja gerade unseren Aperitif Anna Famosa auf den Markt, da passt Italien natürlich gut“, so Petra. „Ohne Importeur geht nicht viel, wie wir in London gelernt haben. Aber du musst auch selbst aktiv werden. Wir haben viel Geduld und Geld investiert, aber es hat sich gelohnt.“
Und Unerschrockenheit, darf man wohl hinzufügen. „Wer es in London schafft, kann es überall schaffen“, sind sich die beiden Rucksack-Reisenden aus Dossenheim sicher. Rom, Mailand, Peking und Shanghai sind ja auch immer eine Aroma- und Botanicalreise wert.
Credits
Foto: Petra Spamer-Riether
Happel Kornelia
Liebe Frau Spamer-Riether, ich kenne Sie aus der HDer Zeit und Journalismus. Schöner Artikel, Respekt und weiterhin viel Erfolg! Kornelia Happel