Die Highend Bar im Food Court: Das Himitsu räumt mit Klischees auf
Anfang 2022 begrüßte der Manifesto Market seine Besucher im frisch umgestalteten Einkaufszentrum „The Playce“, dem Standort der ehemaligen Potsdamer Platz Arkaden. Man versprach selbstbewusst ein hochwertiges Gastronomieangebot, das sich qualitativ über dem bewegen soll, das üblicherweise in Flughäfen, Bahnhöfen oder eben Einkaufszentren angeboten wird.
Da dort, wo auf hohem Niveau gegessen wird, auch ein Getränkeangebot nicht fehlen darf, ist natürlich auch eine Bar Teil des Konzepts. Oder in diesem Fall sogar zwei. Während die erste Bar gleich zu Beginn am Start ist und überwiegend mit gut ausgeführten Standard-Drinks die breite Masse abholt, ließ man sich mit der zweiten, für den anspruchsvollen Trinker sehr viel interessanteren Bar, dem Himitsu, fast zwei Jahre Zeit, um am Konzept und dessen Umsetzung zu arbeiten.
Im Himitsu schätzt man Geheimnisse
Unscheinbar und unauffällig weist ein kleines rotes Licht an einer mit Mangas geschmückten Tür unter der Treppe des Aufgangs zum Obergeschoss des Food Courts auf den Eingang hin. Wer dieses findet und die Klingel betätigt, dem wird kurz darauf von Barchef Diego Aspra die Tür geöffnet. Der gut gelaunte, gebürtige Mexikaner, stets mit Hut und reichlich Silberware an den Fingern gekleidet, ist kein Unbekannter in Berlins Bar-Szene. Nach Stationen wie dem The Gin Room, der Bar Franzotti oder dem Frederick’s ist es nun das Himitsu, das unter seiner Leitung zu einer der Top-Adressen in Berlin werden soll. Eine interessante Mischung aus unerwarteten Faktoren: Eine japanische Highend Bar, inmitten eines Food Courts, geführt von einem Mexikaner. „Eine japanisch-inspirierte Bar!“, korrigiert Aspra aber auch gleich. „Klar, die meisten Zutaten, das Konzept so wie der Name der Bar, all das ist japanisch, aber eben nicht alles. Das soll nicht missverstanden werden.“
Himitsu, für diejenigen, die des Japanischen nicht mächtig sind: das ist der Begriff für „Geheimnis“. Hat man einmal in die Bar gefunden und Platz genommen, kommt auch schon das zweite Geheimnis an den Platz: das „Naisho“. Der japanische Begriff für ein „persönliches Geheimnis“ zwischen zwei Personen. Diese sind in diesem Fall der Bartender und der Gast und gemeint ist damit natürlich die Karte. Und während Fotos grundsätzlich erlaubt sind in der kleinen Bar, die 25 Gästen Platz bietet, wird beim Aushändigen der Karte darauf hingewiesen, dass für diese ein explizites Fotoverbot gilt. Einen Hauch von Geheimnis möchte man sich dann doch bewahren und den Gästen vorbehalten.
Ob Japanisch oder nicht, die Idee wird klar
Die Karte selbst, soviel darf an dieser Stelle verraten werden, stellt dann wieder ganz klar den japanischen Einfluss der Bar heraus. Da vor allem Highballs in Japan sehr populär sind, ist ihnen im Himitsu ein eigener Bereich auf der Karte gewidmet. Für die Kategorie der Aged Cocktails werden Klassiker mit fernöstlichem Twist in den sogenannten „Kame“ gelagert. Dies sind traditionelle japanische Tontöpfe, die eigens aus Okinawa importiert wurden und die die Aromen der Drinks weiter reifen lassen und abrunden sollen. Und wo Aged Cocktails angeboten werden, dürfen natürlich auch Cocktails aus frischen Zutaten nicht fehlen. In den Signatures des Himitsu finden sich Zutaten wie Oolong oder Matcha Tee, Umeshu, Yuzu, Pandan und natürlich Sake. Was darf auf der Karte einer guten japanisch-inspirierten Bar ebenfalls nicht fehlen? Klar: der Mizuwari, mit dem die Karte abgerundet wird.
Im Himitsu wirkt alles mit so viel japanischer Sorgfalt geplant, dass der Gedanke, sich in einem Shopping Center zu befinden, beim Betreten der Bar schnell in Vergessenheit gerät. Das elegante, gemütliche Interieur mit dem schummrig-gemütlichen Licht, die Qualität der Drinks, die Auswahl und die Lautstärke der Musik und nicht zuletzt auch der Gastgeber mit seiner positiven und freundlichen Art machen die Außenwelt nur allzu schnell vergessen. Gelegentlich dringt noch etwas Lärm von außen hinein und ruft in Erinnerung, wo man sich gerade eigentlich befindet.
Himitsu ist angenehm anders
Wer den Besuch in einem Food Court mit fettiger Pizza, Softeis und schlechten Longdrinks assoziiert, wird in dieser Bar auf sehr angenehme Art davon überzeugt, dass es auch anders geht. Großartig ausgewogene Drinks in einer Atmosphäre, die das Gefühl vermittelt, sich zumindest für die Zeit des Besuchs eher in Kyoto als in Berlin zu befinden. Überraschend und unerwartet gut und vielleicht auch ein kleines Zeichen, dass gängige Klischees doch immer wieder mal hinterfragt werden sollten.
Neugierigen, die sich ein Bild von Berlins neuestem Speakeasy-Geheimnis machen wollen, wird eine Reservierung empfohlen, die über die Website des Manifesto Markets oder über Instagram vorgenommen werden kann.
Denn das Geheimnis vom Himitsu macht bereits die Runde …
Credits
Foto: Himitsu
Peter Schütte
Na toll! Jetzt will ich hin.
Danke für diese detaillierte Beschreibung einer Grundeinstellung. Ich freue mich sehr auf einen Besuch.