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Die Geschichte der Fabelei oder wie eine Bar konsequent ihren Weg geht

Die Geschichte der Fabelei oder wie eine Bar konsequent ihren Weg geht

Der Wunsch nach einer eigenen Bar auf der einen Seite, der Wille sich zu beweisen auf der anderen Seite. So könnte man die Entstehungsgeschichte der Fabelei zusammenfassen, die kürzlich ihr fünfjähriges Jubiläum feiern durfte und sich zu einer der spannendsten Bars in Berlin entwickelt hat. Der Weg dorthin war für das Betreiber-Ehepaar Anastasia und Filip Schöck-Bochenski mit Herausforderungen gespickt.

In der Fabelei laufen einige Dinge etwas anders als in anderen Bars, und das ist genau so beabsichtigt. „No Speakeasy, no Smoke, no Bullshit“ ist das Motto, das seit Kurzem auch in Form eines prominenten Neon-Schriftzugs die Idee der Bar kommuniziert. Statt düster und schummrig, sollte die Bar hell und freundlich werden. Kein Speakeasy, und geraucht werden darf nur vor der Bar.

Fabelhaftes Duo: Anastasia und Filip Schöck-Bochenski betreiben die Fabelei in Berlin-Schöneberg
Fabelhaftes Duo: Anastasia und Filip Schöck-Bochenski betreiben die Fabelei in Berlin-Schöneberg
Stimmungsvoll: Auch das Interior-Konzept stammt aus der Feder von Anastasia Schöck-Bochenski
Stimmungsvoll: Auch das Interior-Konzept stammt aus der Feder von Anastasia Schöck-Bochenski

Einfach mal fragen …

Insgesamt ein Dreivierteljahr war man dafür ab 2017 auf der Suche nach der passenden Immobilie. Fündig wurde man dann in einer eher ruhigen Gegend von Schöneberg. Wobei, fündig ist in dem Fall vielleicht nicht ganz der richtige Begriff: „Ich hatte das französische Bistro, das hier drin war, schon länger beobachtet und hatte nicht das Gefühl, dass es wirklich gut läuft. Also habe ich etwas dreist eine E-Mail geschrieben und gefragt, ob sie den Laden abgeben würden“, erzählt uns Anastasia Schöck-Bochenski bei unserem Besuch. Das eher etwas unkonventionelle Vorgehen wird belohnt und der bisherige Gastronom stimmt einer Übernahme tatsächlich zu. Für die fällige Abstandszahlung erarbeitet Anastasia Schöck-Bochenski, die zuvor nie selbst in einer Bar tätig war, nahezu über Nacht einen Business Plan, mit dem später die Finanzierung über eine Bank realisiert werden sollte.

Schnell stellt sich heraus, dass die Immobilie schon etwas in die Jahre gekommen ist und für eine moderne Bar nicht unbedingt die besten Voraussetzungen mitbringt. In Absprache mit der Vermieterin, die sich offen und kooperativ zeigt, wird der Putz von den Wänden und der Decke geholt, es werden neue Leitungen verlegt. Fast alles wird mühsam mit den eigenen Händen renoviert und auf Vordermann gebracht. Lampen, Holzbeschläge, Böden und Deko. Alles soll genau den eigenen Vorstellungen entsprechen, nichts wird dem Zufall überlassen. Filip Schöck-Bochenski kommt bei der Konzeption des Barbereichs seine Erfahrung zugute, die er zuvor in verschiedenen Bars in Berlin (u.a. Salut Bar) und Polen gesammelt hat. Als nach mehreren Monaten der Vorbereitung die Bar endlich öffnet, wartet auch schon die nächste Herausforderung, vor der wohl die wenigsten Bars verschont bleiben: die Nachbarschaft. Diese Problematik kommt nochmal besonders zum Tragen, wenn die Nachbarschaft eine solche ist, in der das Nachtleben bisher eher spärlich stattfand. Doch auch hier zeigt sich die Fabelei lösungsorientiert und so werden zur Eröffnung Gutscheine in den Briefkästen der umliegenden Wohngebäude verteilt, um die Nachbarn gleich mal präventiv zu besänftigen. Viele der Gutscheine werden bei der anschließenden Eröffnungsfeier tatsächlich eingelöst und das Betreiber-Ehepaar freut sich über den gleich zu Beginn guten Austausch. Das Verhältnis zu den Nachbarn bleibt gut und so machen die Kunden aus der Nachbarschaft gleich zu Beginn einen großen Anteil der Gäste aus.

Zum Konzept gehört eine eigene Aperitif-Karte und anspruchsvolle, alkoholfreie Cocktails, die man im Sommer gern auf der zur Südseite ausgerichteten Terrasse serviert. Auch Barfood aus der eigenen Küche gehört zum Konzept. Als Hommage an die polnische Herkunft von Filip Schöck-Bochenski gibt es hier beispielsweise Pierogi, zubereitet von Filips Bruder Ciprian, einem Mitarbeiter der ersten Stunde. Das Konzept funktioniert, die Gäste kommen. Jedenfalls bis Corona dafür sorgt, dass ab März 2020 für einige Zeit erstmal niemand mehr kommt. Ziemlich zeitgleich mit dem ersten Lockdown erblickt dann auch die Tochter der Schöck-Bochenskis das Licht der Welt. „Für mich änderte sich in diesem Moment natürlich alles, von der Bar und dem Nachtleben zurück nach Hause, Elternpflichten inklusive“, erinnert sich Anastasia Schöck-Bochenski. Plötzlich rückt die eigene Bar also doch erst einmal wieder in den Hintergrund.

Der Shiso Highball kommt alkoholfrei
Der Shiso Highball kommt alkoholfrei

Fabelei

Kyffhäuserstr. 21
10781 Berlin

Not macht erfinderisch und nicht selten auch kreativ

Um die Bartender während der unfreiwilligen Schließung bei Laune zu halten, wird Spielzeug besorgt. Eine Zentrifuge wird angeschafft, mit der experimentiert wird. Das Gerät kommt beim Team so gut an, dass zeitweise fast drei Viertel aller Drinks, die nach der Wiedereröffnung über den Tresen gehen, Zutaten enthalten, die vorher zentrifugiert wurden. Noch während des ersten Lockdowns stampft man den Online-Shop aus dem Boden, der ohnehin schon länger geplant war und dank dem Gäste auch trotz der Schließung nicht auf ihre Fabelei-Cocktails verzichten müssen. Wie bei den meisten Bars geht es recht schnell um das Überleben der damals noch sehr jungen Bar. Rücklagen konnte man im ersten Jahr des Bestehens bei der Höhe an getätigten Investitionen natürlich keine bilden, doch man hält durch. Neben der geschlossenen Bar und der Ungewissheit, wie es weitergeht, stellt derweil auch noch ein Neugeborenes das Hause Schöck-Bochenski auf den Kopf. Anfänglich gibt es Fragezeichen, wie mit der neuen Situation umzugehen sei – denn Hand aufs Herz: Viele Eltern fühlen sich auch ohne eine eigene Bar, die von Zwangsschließungen betroffen ist, von den neuen Gegebenheiten überfordert.

Der Quarter Martini ist eine elegante Interpretation des Klassikers
Der „Quarter Martini“ ist eine elegante Interpretation des Klassikers
Der „Paprika“: Die Karte ist saisonal ausgerichtet und wechselt etwa alle sechs Wochen
Der „Paprika“: Die Karte ist saisonal ausgerichtet und wechselt etwa alle sechs Wochen

Qualität auch in der Fabelei-Küche

Nach der Wiedereröffnung entwickeln sich die Bar und das wissbegierige Team immer weiter. Die Zentrifuge eröffnet neue Möglichkeiten. Später kommt weiteres Werkzeug wie ein Gefriertrockner hinzu und auch beim Eis rüstet man auf. Außerhalb der Bar-Öffnungszeiten wird die Küche genutzt, um darin hochwertige, klare Eiswürfel zu sägen. Bei der Auswahl der Spirituosen werden keine Kompromisse gemacht. Brand-Deals gibt es in fünf Jahren Fabelei nur einen zu Beginn. Zu groß war die Skepsis bei der bis dato branchenfremden Gründerin Anastasia, sich von einem Konzern abhängig zu machen. Die Mitarbeiter freut’s, haben sie so schließlich die uneingeschränkte Freiheit bei der Zusammenstellung neuer Drinks für die Karte, die saisonal und im fließenden Übergang inzwischen etwa alle sechs Wochen wechselt.

Herausforderungen sind nur Chancen, die ergriffen werden wollen. Und weil nach fünf Jahren der kontinuierlichen Verbesserung in der Bar auch der Anspruch an die eigene Küche gestiegen ist, entscheidet man sich in der Fabelei Ende 2023 dazu, das Küchenkonzept neu zu denken und nun auch die Qualität der Speisen an die Qualität der Drinks anzupassen. Während anderswo Gastronomen für den reduzierten Umsatzsteuersatz in Restaurantbetrieben demonstrieren gehen und düstere Zeiten prognostizieren, soll gerade dieser Bereich in der Fabelei weiter an Bedeutung gewinnen. Hierzu arbeitet man mit Yahir Franco, der aus seinen früheren Stationen wie dem Cookies Cream und dem Frea entsprechende Erfahrungen aus gehobenen Sterne-Restaurants mitbringt und zusammen mit der Bar Gerichte entwickelt, die in punkto Qualität und Geschmack in Harmonie zu den Drinks stehen. Zu jedem Gericht gibt es entsprechend auch die passende Drink-Empfehlung. Durch die Saisonalität der Getränkekarte wird auch die Speisekarte regelmäßig angepasst.

Opfer dieser neuen und seit diesem Jahr ebenfalls noch regelmäßiger wechselnden Karte ist die gedruckte Karte, die einem QR-Code mit digitaler Karte weichen musste. Für Freunde haptischer Karten sicherlich schade, aber ganz auf eine Karte zum Anfassen müssen die Gäste dennoch nicht verzichten. Dafür wurde eine hochwertige Metall-Karte entwickelt, die alle Cocktail-Kategorien vom Old Fashioned über Martini bis hin zum Colada abdeckt und als Hilfe bei der Getränke-Entscheidung dienen soll. Auch die Kommunikation mit dem Gast soll so gefördert werden, verspricht man sich in der Fabelei von diesem Schritt.

Fabelei: No Bullshit

Wer die Geschichte der Fabelei verfolgt, ob als Gast in der hellen und einladenden Bar selbst oder auf dem ebenfalls sehr lebendigen Instagram-Profil, merkt schnell, dass man sich hier über die Jahre hinweg treu geblieben und stets den eigenen Weg gegangen ist – und es ernst meint mit dem Konzept: No Speakeasy, no Smoke und auch keine Fabelwesen. Dafür ein kleines Team aus motivierten und qualitätsbewussten Barleuten, mit viel Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit. No Bullshit!

Credits

Foto: Felix Zimmermann; Natalia Kepesz (Porträt)

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