TOP

„Ich bin, wer ich bin, und zeige, was ich zeigen will.“ Eileen von Aswegen im Porträt

Vor acht Jahren hat Eileen von Aswegen aus Liebe zur Gastronomie ihr Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an den Nagel gehängt, seither ist sie ein fixer Bestandteil der Kölner Barszene. Im Gespräch mit MIXOLOGY Online spricht die Bartenderin aus dem Suderman über das Leben in der Subkultur, als Frau in der Bar und über die wachsende Bedeutung der Work-Life-Balance in der Gastronomie.

„Anfangs fiel es mir gedanklich schwer, den akademischen Weg für die Gastronomie aufgegeben zu haben, weil man immer gefragt wird, was man denn sonst noch so macht“, erzählt Eileen von Aswegen. Das war vor rund acht Jahren, als sie ihr Studium des Industrial Engineering für die Ausbildung zur Hotelfachfrau im Hilton Cologne aufgegeben hatte. Nach dieser Ausbildung ging es für die gebürtige Bremerin für ein Jahr in die mittlerweile nicht mehr bestehende Kölner Ice Bar. Im Anschluss in das Ona Mor unter Barchef Alessandro Romano, wo sie tiefer in das Bar-Handwerk eintauchen und ihr Fachwissen anreichern konnte. Ihre Liebe zur Gastronomie aber hatte die kontaktfreudige 31-Jährige schon im Alter von 17 Jahren in einem euro-asiatischen Fusion-Restaurant entdeckt. Als sie dort, wie auch später während des Studiums, in der Gastronomie gejobbt hatte.

Eileen von Aswegen in der Suderman Bar in Köln

Flache Hierarchien im Suderman

Vor zwei Jahren beginnt Eileen von Aswegen in der Suderman Bar ihrer Kölner Wahlheimat zu arbeiten und schlittert wie die gesamte Bar-Gemeinschaft geradewegs in ein durch die Pandemie geprägtes Leben. „Es war natürlich eine extrem harte Zeit, aber Corona hat uns auch gelehrt, unsere eigenen Gefühle zu artikulieren und mit anderen darüber zu sprechen“, analysiert sie. „Zu fragen, ob und was der andere gerade braucht, was ihn beschäftigt, und wie man darauf Rücksicht nehmen und eingehen kann. Über Emotionen zu sprechen und diese zu evozieren, soll auch Thema unserer neuen Barkarte sein, die gerade im Entstehen begriffen ist. Durch Corona haben wir somit neue Wege für uns entdeckt, die auch Schönes entstehen ließen.“

So wurde zum Beispiel bereits während der ersten Corona-Welle die Geschäftsidee des Bottled Cocktails-Services Soul to Soul der Suderman Bar-Betreiber Felix Engels und Dominique Simon initiiert und auf solider Ebene realisiert. Eileen von Aswegen hat von Beginn an daran aktiv mitgewirkt, denn alle Agenden werden gleichwertig im Bar-Team verteilt. Seit der Pandemie und auch weil die vormalige Barchefin Katrin Löcher zu neuen Ufern in der Botanik Bar aufgebrochen ist, herrschen flache Hierarchien vor, basierend auf Vertrauen, Respekt und Rücksichtnahme. Seither gibt es auch keine:n Barchef:in mehr. „Unser Team macht es möglich, dass wir sämtliche Aufgaben auf allen unseren Schultern und nach jeweiligem Befinden verteilen können. Jeder von uns kann eigenständig alle Positionen besetzen und fühlt sich selbst- wie mitverantwortlich“, schildert Eileen von Aswegen. Zugunsten des Teamgeistes wird das Job-Rotationssystem zum Daily Business erklärt. Agenden wie Bar-Betrieb, Tresen-Verantwortung, Service, Veranstaltungsorganisation oder Bestellungen werden gemeinsam von den festen Bar-Mitgliedern Julius Scholtz, Paul Thompson und Eileen von Aswegen sowie mit Unterstützung von Made in GSA-Gewinner 2020 Paul Pelzer getragen.

Wer an schlechten Tagen keine Lust hat, den Gastgeber zu spielen, darf zum Beispiel an die Spüle. „An den Wochenenden ist es natürlich schwieriger, aus den Positionen heraus zu wechseln, und bestimmte Strukturen und Abläufe müssen einfach berücksichtigt werden. Aber wenn man doch plötzlich findet, den Gastgeber des Lebens spielen zu wollen, warum nicht?“, meint die Bartenderin, die auch Wettbewerbserfahrung wie als Finalistin der Quarantine Cocktail Competition der Baijiu-Marke Ming River ins Suderman mitbringt. Bei dem Wyborowa Mixing Contest 2020 belegte sie sogar den ersten Platz.

Eileen von Aswegen: Work-Life-Balance ist wichtig

Mittlerweile spielten Competitions keine so große Rolle mehr für sie. Der unter Kolleg:innen inspirierende und intensivierte Austausch ergebe sich durchaus auch bei gelegentlichen Workshops, Guest Bartendings oder Veranstaltungen. Lieber rückt sie den Baralltag im Suderman und bei Soul to Soul für sich selbst in den Vordergrund. „Hier kann ich sein, wer ich bin, und tun, was ich liebe: auf den Gast und seine Wünsche eingehen. Doch in der Gastronomie zu arbeiten, bedeutet nicht nur zu mixen und guten Service zu bieten. Es steckt viel mehr dahinter“. Nämlich Herzblut und Leidenschaft, beschwört Eileen von Aswegen im Wissen, dass jeder passionierte Gastronom die gleiche Antwort geben würde.

In der Suderman Bar und genauso gut im Nachtleben wähnt sich die überzeugte Gastronomin angekommen, ohne den Wunsch nach einer eigenen Bar in der Zukunft zu hegen. „Ich bin glücklich im Hier und Jetzt sowie darüber, wie es in diesem emotionalen und fröhlichen Team gerade läuft.“ Die für das gesamte Team der Suderman Bar geltende Vier-Tage-Woche stifte die gebührende Work-Life-Balance für einen gesunden Ausgleich zwischen Beruf und privatem Freizeitvergnügen, dem die Wahlkölnerin vielfach gemeinsam mit Bar- und GastrokollegInnen nachgeht. Derzeit steht das Bouldern an Stelle des bisherigen Wakeboarden im Interesse der Wahlkölnerin. „Der Sport, aber auch die damit verbundene Geselligkeit und der sportliche Austausch über Routen und ihre Beherrschbarkeit geben mir unglaublich viel und sind ein guter Ausgleich“, meint sie.

Gerade in der Subkultur oder Parallelwelt ihres Metiers sei eine gut geführte Work-Life-Balance von besonderer Bedeutung, um Zeit für einen Freundeskreis aus einer anderen Arbeitswelt oder für Familie und Partnerschaft aufzubringen. „Ich kann verstehen, dass diese Vereinbarkeit manchmal schwierig ist. Aber es kommt immer darauf an, was man daraus macht. Wie man die Freizeit gestaltet. Durch die Vier-Tage-Woche im Suderman gewinne ich viel Freiheit und Freizeit, die ich für mich nutzen kann. Nimmt man sich Zeit für sich, performt man auch besser, und eigentlich kommt es darauf an“, ist von Aswegen überzeugt. Demnächst möchte die Rum- und Mezcal-Liebhaberin eine vierwöchige Auszeit antreten, um Energie aufzutanken und Erfahrungen zu sammeln, bei sich zu sein. Ob sie vielleicht Freunde nach Japan begleitet oder die Reise doch anderswohin geht, darüber ist sich die beruflich in der Gastronomie gereifte und selbstbewusste Dame noch nicht sicher.

Es kommt darauf an, was man daraus macht

Gerade zu Beginn ihres beruflichen Werdegangs habe sie für lange Zeit hochgeschlossen gearbeitet, um nicht reduziert zu werden auf das hübsche, feminine Äußere, darauf reduziert oder lediglich als Frau in der Bar bewertet zu werden. Auch bedingt durch den Studienabbruch wollte sie und sich selbst beweisen, dass sie genauso gute Drinks wie ihre Kollegen mixen oder kreieren und schwer heben kann, um schneller voranzukommen.

„Mittlerweile sehe ich vieles entspannt. Ich glaube, das Thema Frau in der Bar wird erst Thema, wenn man es zu einem solchen macht. Es gibt schon so viele tolle Kolleginnen wie Chloé Merz, Roxanne Helm oder Katrin Löcher in unserer Branche“, findet sie und meint weiter: „Wird man mit ,Mausi‘ angesprochen, dann gilt die freie Schnauze. Auch dieses Thema ist, was man daraus macht. Und ich bin, wer ich bin, und zeige, was ich zeigen will.“

Credits

Foto: Paul Pelzer

Kommentieren

Datenschutz
Wir, Meininger Verlag GmbH (Firmensitz: Deutschland), würden gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht uns aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
Länderflagge Deutsch
Wir, Meininger Verlag GmbH (Firmensitz: Deutschland), würden gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht uns aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: