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Inventur 10. November 2019

Inventur am 13. April – Quarantänelesungen, Webinare & die meist gegoogelten Cocktails

Wir beginnen unsere sonntägliche Inventur mit etwas Kultur. Die Pest war ein Stück Literaturgeschichte, das beim Ausbruch der Corona-Pandemie aufgrund der nicht von der Hand zu weisenden Parallelen zur Gegenwart häufig Erwähung fand: Veröffentlicht im Jahr 1947, zeigt das Werk des französischen Schriftstellers Albert Camus auf, wie eine ausbrechende Krankheit sich über eine Gesellschaft senkt, in diesem Fall die Stadt Oran. 120 KünstlerInnen haben das Werk jetzt in einer Marathonlesung für den österreichischen Radiosender FM4 eingelesen, der Stream steht einen Monat lang zur Verfügung. Mitmachende sind u.a. Sophie Rois, Ernst Molden, Karl Markovics, Esrap, Elfriede Jelinek, Franzobel, Birgit Minichmayr, Mira Lu Kovacs, Josef Hader oder Anja F. Plaschg (Soap & Skin).

Geschüttelt und gerührt in Zeiten der Quarantäne

Es war schon vor der Corona-Krise auffällig, dass die Bar-Szene eine Szene ist, die in den Sozialen Medien stark aktiv war und weltweit vernetzt ist. Mit dem Ausbruch und den Schließungen der Gastronomien – und somit dem Entziehen der Grundlage des Arbeitseinkommens – hat sich diese Tatsache noch intensiviert. Die Liste der BartenderInnen, die in irgendeiner Weise ihr Wissen teilen, ist groß. Teils in feinem Zwirn vor choreographiertem Hintergrund oder teils im Big-Lebowski-Bademantel-Look in der eigenen Küche, die qualitative Vielfalt ist dabei ebenso breit. Ob diese Webinare teilweise als Werbeplattform mit Spirituosenherstellern umgesetzt wird, wollen wir hier an dieser Stelle ebenfalls weder bewerten noch kritisieren.

Relativ rasch etwa hat im deutschsprachigen Raum Nicolas Kröger auf die Krise reagiert, der neben Instagram-Videos mittlerweile einen Podcast gestartet hat. Sven Goller agiert mit Thomas Henry, während Chloé Merz auf Instagram Rezepte kreiert für Menschen, die ihr Fotos schicken von dem, was sie im Kühlschrank so rumstehen haben. Auch international ist die Liste an Protagonisten lang und prominent: Tony Pescatori (Nighjar, London) agiert im Kurzfilmmodus, Naren Young (Ex-Dante) macht es salopp aus seinem New Yorker Appartment, während Margot Lecarpentier (Combat, Paris) elegante Instagram-Stories streamt. Selbst Cocktail-Maestro Salvatore Calabrese rückt ins IGTV-Rampenlicht. Nico de Soto hingegen mixt lieber Musik, denn eines scheint auch klar: Jemand wird den Menschen nach der Krise wieder erklären müssen, dass man Drinks nicht wirklich im Marmeladeglas schüttelt.

Bar Symposium Cologne mit Online-Gesprächen

Auch das Bar Symposium Cologne musste aufgrund der Corona-Auswirkungen natürlich seinen Termin Anfang Mai verschieben. Neu anvisierter Termin der innerhalb von kurzer Zeit zu einem Fixpunkt in der deutschsprachigen Barszene gewordenen Veranstaltung sind die Tage vom 17. – 18. August.

Bis dahin will man allerdings nicht untätig sein. Also haben die Macher rund um Felix Engels und Dominique Simon nun BSC on Air ins Leben gerufen, wo Barbetreiber über ihre jeweiligen Erfahrungen in der Corona-Krise sprechen – und was wir möglicherweise daraus mitnehmen können. Den Auftakt machte Jigger & Spoon-Betreiber Eric Bergmann, für Teil Zwei konnte Joerg Meyer gewonnen werden.

Die meist gegoogelten Cocktails in Großbritannien

Natürlich entstehen diese Online-Tutorials, DIY-Snippets und Webinare nicht nur aus dem Bedürfnis heraus, die eigene Zeit totzuschlagen und den Shutdown zu überwinden: Eine in die eigenen vier Wände gesperrte Weltbevölkerung entdeckt nämlich nicht nur eine Vorliebe für selbst gebackenes Brot, sondern für Cocktails – und deren Herstellung. Die britische Online-Plattform OnBuy hat nun eruiert, welche Cocktails in diesen Tagen die zehn meist gegoogelten in Großbritannien sind, wie The Spirits Business berichtet.

Diese Liste liest sich – wenig überraschend – wie ein Who is Who der Klassiker, von Bloody Mary auf Platz Zehn über Martini auf Platz Neun oder Margarita auf Platz Fünf. Für eine Spur Überraschung sorgt womöglich die Tatsache, dass der Espresso Martini tatsächlich auf Platz Drei gelandet ist. Und Platz Eins? Bitte selber raten. Als Hinweis nur soviel: Es ist ein Rum-Drink. Mit Minze. Jedenfalls ist zu vermuten, dass diese Analyse für den deutschsprachigen Raum ähnlich ausfallen würde …

Serien-Bösewicht liest für Kraken Rum

Am Anfang dieser Inventur stand ein Lesemarathon, und am Ende wird wieder gelesen: Iwan Rheon ist mit einem Serien-Charakter berühmt geworden, dessen Sadismus in den letzten Jahren wohl seinesgleichen gesucht hat – jener des Bolton Ramsey im Serien-Schlager Game of Thrones. Für Kraken Rum begibt sich der britische Schauspieler wieder in düstere Gefilde, diesmal allerdings wesentlich zugänglicher. Für die Online-Serie Krakenory liest er Geschichten von Jules Verne und, natürlich, Edgar Allan Poe. Es sind etwas fortgeschrittene Englischkenntnisse von Nöten, um die Sprache der Autoren aus dem 19. Jahrhundert zu verstehen (sowie auch die nicht ganz lupenreine Mikrofonführung), aber an Zeit, um sich das Ganze ein weiteres mal anzuhören, sollte es in diesen Tagen nicht mangeln. Die Lesung von Iwan Rheon ist die dritte der Reihe, zuvor lasen bereits der Schauspieler Mark Strong sowie der Musiker Carl Barat (The Libertines).

Credits

Foto: Everett Collection / shutterstock.com

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