Inventur am 24. Januar 2021 – Warum ältere Konsumenten immer wichtiger werden
So kann man’s machen: Anfang Dezember brachte der in der Szene gut vernetzte Münchener Fotograf, Filmer und Bar-Maniac Jochen Hirschfeld das Charity-Projekt Geisterbars auf den Weg. Geisterbars funktioniert auf zweierlei Weise. Einerseits sollen Fotografen von verschiedensten Orten dazu animiert werden, Barbesitzer bzw. Barteams auf kunstvolle Weise in ihren lockdownbedingt leeren Bars zu fotografieren und so auf die immensen Probleme der Branche hinzuweisen. Andererseits will Geisterbars aber auch passionierte Barflys und Genießer dazu animieren, sich gegen eine großzügige Spende von der Bar ihrer Wahl einen personalisierten Signature Drink entwickeln zu lassen, der später auch mit passendem Namen Eingang in die Karte der Bar findet. Was vor rund sechs Wochen in München begonnen hat, zieht inzwischen durchaus Kreise: Über € 40.000 an Spenden konnten mittlerweile generiert werden, es nehmen bereits Bars und Fotografen aus zahlreichen Städten an der Initiative teil. Wer sich engagieren will, findet auf der Geisterbars-Website oder auf dem Instagram-Account weitere Informationen.
Thad Vogler schreibt sich den Barbetreiber-Frust von der Seele
Den berührendsten Text aus der Barszene seit sehr langer Zeit haben wir diese Woche im Punch Magazine gefunden. Dort nämlich hat sich Thad Vogler aus San Francisco in einem emotionalen Rundumschlag den Frust und die Trauer von der Seele geschrieben, die sich bei ihm im Lauf vieler Jahre als Barbetreiber aufgestaut haben – und er begründet, warum er künftig keine Bars mehr betreiben wird.
Dabei geht der bekannte Gastronom aus der Bay Area auf zwei Bereiche besonders ein: Einerseits den permanenten zeitlichen Druck und die finanzielle Not als selbstständiger Gastronom, andererseits aber vor allem auf die ungeheuren Probleme, auf die man stößt, wenn man mit einer kleinen, unabhängigen Bar ein Spirituosenportfolio abseits des Mainstreams verkaufen will – nicht ohne kenntnisreichen Rekurs auf den 2015 verstorbenen Innovator Sasha Petraske. Für Vogler ist nach vielen Jahren im Bar-Business Schluss. Er wird stattdessen nun versuchen, seine Vision von einzigartigen Spirituosen als Brenner zu verwirklichen. Absolut lesenswert und für uns das Thema der Woche!
Warum die Getränke-Industrie sich ältere Zielgruppen suchen muss
Zugegeben, uns war das noch gar nicht in aller Gänze aufgefallen: Aber es stimmt schon, dass das Marketing der meisten Getränkehersteller heute primär auf jüngere Zielgruppen wie Millenials ausgerichtet ist. Dort werden Trends gesetzt und naturgemäß gelten jüngere Käuferschichten als offener für neue Produkte und Tendenzen.
Dass diese Perspektive revidiert und zumindest erweitert werden muss, ist die zentrale These eines aufschlussreichen Essays bei SevenFiftyDaily. Denn angesichts des demografischen Wandels vor allem in den klassischen Industrienationen (und damit automatisch den traditionellen Hauptmärkten) werden auch Verbraucher jenseits der Altersgrenze von 50 Jahren nicht nur aufgrund ihrer Kaufkraft immer wichtiger für die Vermarktung alkoholischer Produkte. Dazu tragen zahlreiche Faktoren – sowohl aus der Pandemie-Zeit als auch aus den Jahren davor – bei, wie Autor Andrew Kaplan in seinem ausgiebigen Text darlegt. Wir empfehlen: Unbedingt mal reinschauen!
Die zehn interessantesten Bar-Eröffnungen 2020
Eine Sache fehlte diesmal in der Vorweihnachtszeit fast ausnahmslos: die vielen Rankings mit den wichtigsten Bar-Neueröffnungen des ausklingenden Jahres. Auch wir von MIXOLOGY haben uns eine derartige Auflistung im Pandemie-Jahr gespart, denn letztlich war da kaum etwas zu bewerten – und wie hätte man sich jene wenigen Orte schon in adäquater Weise ansehen sollen?
Dass es freilich dennoch ein paar sehr mutige Menschen gegeben hat, die sogar im mörderischen Corona-Jahr eine Bar aufgemacht haben, wissen wir nicht nur aus dem deutschsprachigen Raum. Die Kollegen vom britischen Branchendienst The Spirits Business jedenfalls haben sich sogar der heiklen Aufgabe zugewandt, eine globale Top Ten des Eröffnungs-Jahrgangs von 2020 zu erstellen. Darunter sind sowohl alte Bekannte an den üblichen Orten, aber auch ein paar Exoten.
„Wie soll man das bitte trinken?“ – die sieben Todsünden der „Insta-Tender“
Schade, dass man auf den entsprechenden Instagram-Account nicht mehr verlinken kann: Unter dem Handle @howdoidrinkthis betrieben die beiden Barleute Jess Arnott und Lewis Canavan einige Zeit lange eine provokante, aber extrem erfolgreiche Plattform, auf der sie sich recht offensiv über quasi – aus verschiedenen Gründen – untrinkbare Cocktails lustig gemacht haben. Offenbar aufgrund zu vieler Account-Meldungen beleidigter Bartender ist das Profil nun entfernt worden.
Das hat die beiden Männer nicht davon abgehalten, für das Australian Bartender Magazine ihre Liste der „Sieben Todsünden der Insta-Tender“ zusammenzuschreiben. Von Eisblöcken in Cocktailschalen über völlig unpraktische Garnituren und randvolle Gläser bis hin zu „kreativen“ Gefäßen bleibt kein Klassiker der überfantasievollen Bartender-Auswüchse ungeschoren. Amüsant und einen Blick wert. Und a propos Blick: Unter dem natürlich noch immer gebräuchlichen Hashtag #howdoidrinkthis kann man nach wie vor ganz gut nachvollziehen, was gemeint ist.
Credits
Foto: Everett Collection - shutterstock.com