Inventur am 25. August 2024 – SirDavis: Beyoncé betritt die Spirituosen-Bühne
Um die Berliner Gastronomie scheint es schlimm bestellt zu sein. Zumindest, wenn man fünf Autor:innen der Berliner Zeitung glaubt. Die ließen sich nämlich zu Beginn der Woche in einem gemeinsamen Beitrag darüber aus, „warum wir in Berlin nicht mehr essen gehen werden“. Okay.
Was nach einer Punchline klingt, die man vielleicht sogar mit wirklichen, recherchierten Gründen füllen könnte, ergeht sich jedoch in Wirklichkeit in ziemlich schlaffem Gejammer. Die Berliner Restaurants seien inzwischen viel zu selten offen, weswegen Menschen, die nicht kochen können, jetzt manchmal am Nachmittag nirgendwo mehr essen gehen können und selbst kochen müssen. Wir gehen davon aus, dass die vielen Wirt:innen der Stadt ihre Läden in Wahrheit nur deswegen mittags schließen, weil sie Kolumnisten ärgern wollen. Oder: Vielleicht liegt es auch daran, dass es inzwischen kaum noch ein Restaurant stemmen können, vietnamesisches Hühnchen samt Ingwertee für zehn Euro zu verschachern, denn auch dies ist einer der Vorwürfe. Aber was sollen wir noch weiter lamentieren? Wenn Sie Interesse haben, schauen Sie doch gern mal hier entlang, wo fünf Personen, die scheinbar alle nicht viel Ahnung von der aktuellen Lage im Gastgewerbe haben, ihren Senf absondern. Wer nicht mag: Kein Problem, wir haben noch die ein oder andere Schlagzeile der Woche in petto!
SirDavis: Beyoncé und Moët Hennessy launchen Whiskey
Wer unsere „Inventur“ regelmäßig liest, der kennt unsere leicht schräge Faszination für all die Prominenten, die mit „eigenen“ Getränkemarken ins Game einsteigen. Kaum eine Woche vergeht ohne eine derartige Sensationsmeldung. Diesmal allerdings dürfte es die größte Celebrity-Spirit-Schlagzeile seit George Clooneys Tequila-Milliardendeal gegeben haben: Beyoncé, der wahrscheinlich einflussreichste Popstar unserer Zeit (sorry, Swifties) bringt ihre erste eigene Spirituose auf den Markt – SirDavis Whiskey.
Doch Moment! Die Geschichte um den Namen und das Marketing mal beiseitegelassen, klingt das in der Tat relativ interessant: Bei SirDavis handelt es sich um einen American Rye, allerdings um einen aus 51% Roggen und 49% Gerstenmalz. Eine wahrscheinlich einzigartige Mash Bill, die zudem mit einem der angesehensten Whisk(e)y-Köpfe der Welt entwickelt wurde: Dr. Bill Lumsden, der für Moët Hennessy als „Director of Whisky Creation“ auch Ardbeg und Glenmorangie verantwortet, hat den in US-Eiche gelagerten und in PX-Sherryfässern gefinishten Rye entwickelt. Gebrannt wird das Destillat allerdings beim Riesenhersteller MGP in Indiana. Auf den Markt kommt der 44% starke Rye zunächst für stattliche 89 Dollar in einigen US-Bundesstaaten, für den Herbst soll dann ein langsamer Rollout in ausgewählten Stores außerhalb der USA beginnen, so Moët Hennessy gegenüber MIXOLOGY. Mehr Details enthält die Pressemeldung bei The Spirits Business.
Drogen und Vergewaltigung: Schwerer Skandal in der australischen Top-Barszene
Die Barszene am anderen Ende der Welt kennt seit Mittwoch praktisch nur noch ein Thema: In zwei Artikeln berichtete der Sydney Morning Herald (hier und hier, allerdings kostenpflichtig) mit Bezug auf mehrere anonym interviewte Bartenderinnen von mehr oder weniger systematischem Personalmissbrauch in Betrieben der Gastronomiefirma Swillhouse. Swillhouse betreibt u.a. die beiden mit vielen Preisen ausgezeichneten Bars „Shady Pines Saloon“ und „The Baxter Inn“ in Sydney.
In dem Artikel ist die Rede davon, dass in den Bars eine Arbeitskultur gepflegt werde, die nicht nur Drogen- und Alkoholmissbrauch einschließt, sondern ebenfalls offen gelebten Sexismus, sexuelle Belästigung und sogar Vergewaltigungen weiblicher Mitarbeiterinnen durch männliche Kollegen. Kurz nach Veröffentlichung der Artikel bekannte sich Jenna Hemsworth, in der Vergangenheit als Australien Bartender of the Year prämiert, eine der befragten Barfrauen zu sein, die vom Herald zitiert wurden. Der Fall entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zum wahrscheinlich größten Shitstorm, den die Szene in Down Under je erlebt hat. Die Instagram-Accounts von Swillhouse und dessen einzelnen Betrieben sind zwar noch aktiv, ein auf allen Accounts identisch geschalteter Entschuldigungs-Post kann jedoch nicht kommentiert werden. Auf dem Portal Boothby gibt es einen bewegenden Kommentar von Sam Bygrave, dem früheren Chefredakteur des Australian Bartender Magazine.
Das „The“ beim Scotch: Woher kommt das eigentlich?
Das ausdrückliche „The“ im Namen vieler Marken gibt es zahlreich. Wer aus der Bar- oder Hospitality-Szene kommt, dürfte das prominente „The“ vor allem aus zwei Bereichen kennen – von Luxushotels und Single Malt Scotch. The Macallan, The Balvenie, The Dalmore, The Glenlivet, sie alle gehören neben vielen anderen zu diesem Reigen dazu.
Für VinePair hat Pete O’Connell diese Woche Licht ins Dunkel der Entstehungsgeschichte der eigenartigen Bezeichnungsweise gebracht. Tatsächlich ist die Story ziemlich witzig und durchaus spannend. Im Prinzip ging es anfänglich um sowas wie ein Plagiat einer Herkunftsbezeichnung. Der eben erwähnte (damals noch ohne „The“) Glenlivet spielt darin die Hauptrolle und wir legen ihnen einen kurzen Blick auf die Story wirklich ans Herz. Vielleicht bei einer Tasse Tee im The Ritz-Carlton.
Mehr Tische für nicht-konsumierende Gäste? Absurdes Experiment in Berlin
Zum Schluss nochmal Berliner Gastronomie: Bei dieser Meldung muss man fast unfreiwillig auf das Datum der Veröffentlichung schauen, um festzustellen, dass dort nicht „1. April“ steht. Aber nein, das steht dort nicht. Im Artikel der Berliner Morgenpost wiederum steht: Am Lausitzer Platz in Berlin-Kreuzberg dürfen Gastronomen künftig wohl größere Flächen im Außenbereich mit Tischen und Stühlen belegen.
Was erstmal gut klingt, erweist sich als völlig absurd, denn die Erlaubnis ist ein Experiment des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg und nennt sich „Open Table“. Dahinter wiederum verbirgt sich folgende, skurrile Idee: Der Wirt nämlich muss an diesen speziell gekennzeichneten Tischen auch Gäste Platz nehmen lassen, die dort lediglich mitgebrachte Speisen und Getränke verzehren. Was? Ach so: Keine Pointe. Weitere Details gibt es hier (Paywall).
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