Inventur am 11. August 2024 – Die Additive Free Alliance ist jetzt eine NGO
Es ist einiges passiert in dieser Woche in eigener Sache: Zum einen haben wir unsere Long List der MIXOLOGY Bar Awards 2025 veröffentlicht, die wir am 13. Oktober 2024 vergeben. Noch nicht reingeschaut? Dann kann man hier die sieben Top Ten der Kategorien „Orte“ und hier die sieben Top Ten der Kategorien „Personen“ finden. Und dann ist auch noch unsere neue Print-Ausgabe erschienen, bei der wir den Titel der Technik der Stunde – dem Milk Punch – widmen, nach vielen Jahren auf Barreise in Stuttgart waren oder gleich zweimal in München vorbeigesehen haben: einmal bei Mario Messig in seiner Bar Garçon und einmal bei Johannes Möhring im neuen Charlatan. Also reinlesen! Und jetzt geht es weiter mit den News der Woche.
Bar Leone: Normalität for the win
Die junge Bar Leone hat in diesem Jahr einige Preise abgeräumt. Bei den Spirited Awards wurde die Bar in Hong Kong zur besten neuen internationalen Bar gewählt, bei den World’s 50 Best Bars Asia räumte der gebürtige Italiener Lorenzo Antinori (früher u.a. The Savoy London) mit seiner ersten eigenen Bar gleich dreimal ab: Als höchster Neueinstieg auf Platz Eins. Was also ist das Erfolgsgeheimnis? Wenn man dem Bericht von Imbibe glauben kann, ist es vor allem … Normalität. Die Bar arbeitet nicht mit selbst gemachten Zutaten oder versteigt sich in komplexe Drinkskreationen, sondern schafft laut Antinori vor allem ein Wohlfühlklima, in das man gerne wiederkommt – inklusive Bilder von Personen an der Wand, wie man sie beispielsweise auch von in die Jahre gekommenen Pizzerien kennt. „Bilder von Fußballern, Schauspielern oder einfach Familienmitgliedern, und das hat mich immer fasziniert“, erklärt der in Rom aufgewachsene Antinori. „Es hat sich angefühlt, bei jemanden zu Hause zu sein. Genau das möchte ich mit der Bar Leone erreichen.“
Eine Ode an die Pizza
Wo wir soeben bei Pizza waren, bleiben wir doch gleich dabei. Schließlich ist die Pizza kein klassisches Barfood, aber oft ein Day-after-the-Bar-Food: In einem ausführlichen Beitrag auf Food & Wine erklärt Autorin Helena Fitzgerald, warum eine Pizza für sie so viel mehr ist als nur ein Essen, sondern vor allem eine kulturelle Errungenschaft und ein Wegbegleiter in das eigene Erwachsensein, der ganze Generationen geprägt hat – sie selbst insbesondere durch deren Präsenz in unzähligen US-Sitcoms wie „Friends“, „Seinfeld“ oder „How I met your mother“, wo die Pizza ständig als Symbol herhalten musste: ob es um Versöhnung ging, um Motivation, um Geselligkeit oder einfach nur ein gemeinsames Essen, immer stand jemand mit Pizzaschachteln vor der Tür. Ein schöner (und sehr langer) Text, der nichts mit Drinks zu tun hat. Aber Pizza darf das.
Additive Free Alliance jetzt NGO
Die Additive Free Alliance (AFA) wurde 2020 von der Plattform Tequila Matchmaker ins Leben gerufen und war eine Kennzeichnung für Tequila-Brands, die ohne Zusatzstoffe arbeiten. Nun wurde sie als NGO ge-relauncht und ist nicht mehr nur auf Tequila bezogen, sondern offen für alle agavenbasierten Produkte wie Mezcal, Raicilla oder Agavensirup, wie The Spirits Business schreibt. Gelistet sind aktuell mehr als 100 Marken mit um die 400 Produkten und 42 Destillerien. „Wichtig ist zu betonen, dass die AFA nicht gegen Marken ist, die Zusatzstoffe benutzen. Von Anfang an ging es uns nur um Transparenz. Die AFA ist kein Regulierungsbehörde oder eine offizielle Zertifizierung. Wir sind eine unabhängige NGO von gleichgesinnten Mitgliedern und Unternehmen, die sich Transparenz, Gemeinschaft und Ehrlichkeit verschrieben haben“, erklärt Grover Sanschagrin von Tequila Matchmaker. Vielleicht auch strategische Wörter angesichts der Tatsache, dass Tequila Matchmaker vor Monaten von mexikanischen Behörden gestürmt wurde – was vielfach als Zeichen der Einschüchterung betrachtet wurde.
Der vergessene Old Crow
Im April 1987 macht die James B. Beam Distilling Co. (heute Beam Suntory) den Spirituosendeal des damaligen Jahrzehnts, als es das gesamte Spirituosenportfolio der „National Distillers and Chemicals“ erwirbt. Der eigentliche Grund des Deals war der damals beliebte DeKuyper’s Peachtree, aber in dem Deal waren auch einige Whiskey-Marken, darunter Marken wie Old Overholt und Old Crow. Viele davon haben heute wieder ihren Platz in den Backboards gefunden … nur Old Crow nicht. In einem spannenden Beitrag auf VinePair zeichnet Autor Aaron Goldfarb („Dusty Booze: In Search of Vintage Spirits“) nach, wie aus einem der respektiertesten Namen im Whiskey-Business, für dessen Vintage-Flaschen heute noch tausende von Dollars bezahlt werden, eine Billigspirituose geworden ist. „Heute ist Old Crow ein Whiskey der untersten Kategorie”, wird eine von Sotheby’s veröffentlichte Anzeige für Old Crow zitiert, „ein Schatten seines früheren Selbst, und diese Flasche ist ein Zeugnis dafür, wie glorreich dieses frühere Selbst wirklich war.“ Sehr lesenswert.
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