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Inventur am 12. Februar 2023

Inventur am 12. Februar 2023 – No-ABV im Fadenkreuz & mexikanischer Rum

Für viele Menschen ist der heutige Sonntag einfach ein gewöhnlicher Sonntag Mitte Februar – für einen nicht kleinen (und offenbar auch immer größer werdenden) Anteil der Weltbevölkerung heißt es aber: Super Bowl Sunday! American Football hat in den letzten Jahren global und auch hierzulande enorm an Fans gewonnen, erstmals hat die NFL (National Football League) 2022 in Gastspiel in Deutschland ausgetragen, und die Nachfrage für das Spiel in München war so groß, dass man die Allianz Arena mehrfach ausverkaufen hätte können. Beim Finale am Sonntag treffen nun die Philadelphia Eagles auf die Kansas City Chiefs. Für letztere läuft Travis Kelce aufs Feld, einer der Top-Stars seiner Mannschaft, nun rechtzeitig vor dem prestige- (und werbeträchtigen) Event sein Investment in Casa Azul Tequila Soda bekannt gegeben hat, einem Hard Seltzer auf Tequila-Basis. Ob es ein Touchdown wird? Und somit punten wir in die aktuelle Inventur der Woche.

No-ABV-Drinks: wie die Lemminge?

David Gluckman ist Autor des bekannten Buches „That S*it will never sell“ und war langjähriger Berater von Marken etwa wie Diageo. Für das Marketing Magazine The Drum hat er nun einen Beitrag geschrieben mit dem Titel „Alkoholfreie Spirituosenmarken: Sind sie das dümmste Phänomen der Welt?“ – und dieser titel gibt auch die Marschrichtung vor, denn es ist eine Abrechnung mit dem – nach wie vor boomenden – Markt von alkoholfreien Spirituosen bzw. alkoholfreien Destillaten. Gluckman ist dabei klug genug, diesen nicht ihre Existenzberechtigung abzusprechen oder gar einen nüchternen Lebensstil zu verteufeln, ihm geht es vor allem um die exorbitanten Preise, die diese Produkte aufrufen, wobei sie seiner Meinung nach eben nicht viel mehr als aromatisiertes Wasser sind. Er schlägt hypothetische Beispiele vor, wie man dem begegnen könnte, denn so könne es nicht weitergehen „Ich glaube, die derzeitige Brigade der alkoholfreien Spirituosen folgt Seedlip wie Lemminge. Und wir wissen, was mit Lemmingen passiert.“ Lesenswert.

Mexikanischer Rum: im Kommen?

Erst vor kurzem kamen die schlagzeilenträchtigen News, dass Tequila in den USA American Whiskey von Rang Zwei der meistgetrunkenen Spirituosen verdrängt hat – und laut The IWSR bis zum Ende des Jahres auch König Vodka von seinem Thron gestoßen haben wird. Von mexikanischem Rum wird weniger gesprochen, aber auch das könnte sich bald ändern. Paranubes beispielsweise ist ja auch hierzulande kein Unbekannter und hatte vor Jahren auch schon den MIXOLOGY Bar Awards als Bar-Produkt des Jahres gewonnen. Das Punch Magazine steigt in einem informativen Beitrag tiefer in die Materie ein. Der Text umreißt, wie die Rumherstellung nach Mexiko kam und warum sie aufgrund eines Verbotes der spanischen Herrscher lange Zeit heimlich betrieben wurde, bis er umschwenkt auf die Tatsache, dass Mexiko mit zuckerrohrreichen Gebieten viel Craft-Rum Qualität zu bieten hat– und letztlich auch mittelfristige Probleme in der Agaven-Spirituosenindustrie dazu führen könnten, dass sich Agavenliebhaber andere mexikanische Spirituosen suchen, die dieses Terroir zum Ausdruck bringen können.

Inselweine: in Gefahr?

Die widersprüchliche Symbiose aus Tourismus und Winzerei steht im Fokus eines Dossiers auf SevenFiftyDaily. Explizit geht es dabei um Inselweine wie jene von Madeira oder Santorin, wo man vor dem Paradoxon steht, dass die lokalen Weine eine hohe Nachfrage genießen, aber immer weniger Weinbaufläche zur Verfügung steht. Die Gründe hierfür sind wenig überraschend: Kleinen Bauern werden attraktive Preise für ihre Weinberge geboten, um diese zu Hotels umzufunktionieren, gleichzeitig finden sich immer weniger jüngere Menschen, die auf den Inseln bleiben wollen, geschweige denn sich die – nach wie vor körperintensive – Arbeit in einem Weinberg antun. Ein kleiner Teufelskreislauf, der ausgerechnet geschlossen werden soll von: Touristen. Denn diese würden wiederum dafür sorgen, dass Winzereien Besucherzentren, Tasting Rooms und Restaurants bauen und so ihre Existenzgrundlage diversifizieren. Ein Thema, das mit Fingerspitzengefühl angegangen werden muss – und mit Sicherheit nicht auf paradiesische Inseln beschränkt bleibt.

Lieferant:innen: bessere Arbeitsbedingungen?

Sie gehören zumindest in größeren Städten fest zum urbanen Stadtbild: Lieferfahrer:innen auf Fahrrädern, auf ihren Rücken die überdimensionalen Quadrate geschnallt, mit denen die gewünschte Lieferung Sushi, unverpacktes Gemüse, Pizza oder auch Bottled Cocktails an die Haustür geliefert wird. So strahlend und freiheitsversprechend die überdimensionalen Werbeplakate dieser Anbieter wie Uber, Bolt, Lieferando & Co. auch sind, so stark stehen die Arbeitsbedingungen seit Jahren in der Kritik. Wie Business Insider berichtet, will das Europäische Parlament diese Arbeitsbedingungen nun verbessern. In einer solchen Beschäftigung sei man Sklave des Algorithmus, wird die sozialdemokratische Europaabgeordnete Elisabetta Gualmini im EU-Parlament zitiert. Millionen von Beschäftigten könnten laut dem Beitrag dem Vorschlag nach wie Angestellte eingestuft werden – und nicht wie bisher wie Freiberufler:innen, womit sie einen Anspruch auf Arbeitnehmerrechte wie Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung hätten. Kritik an dem Vorschlag kommt von der FDP, die meint, dies würde alle Personen, die ihre Dienstleistungen über digitale Arbeitsplattformen anbieten, in ein Angestelltenverhältnis zwingen. Bei der nächsten Bestellung vielleicht einfach mal den verschwitzten Fahrer fragen, wie er oder sie dazu steht?

Credits

Foto: everettovrk - stock.adobe.com

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