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Inventur

Inventur am 17. Mai 2020 – Charles Schumann zeigt sich nachdenklich & ein trauriger Spaziergang durch Bamberg

Eine wilde Woche liegt hinter uns, seit Langem die erste Woche mit so etwas wie guten Entwicklungen aus Sicht der Bars: In den ersten Städten oder Bundesländern sind die Regelungen für die Gastronomie nun so formuliert, dass auch klassische Cocktailbars ihren Betrieb wieder aufnehmen dürfen.

Doch das klingt besser, als es wirklich ist. Denn zwar dürfen Bars teilweise öffnen, doch aufgrund der strengen Maßgaben ist es so gut wie unmöglich, dabei auch sinnvoll zu wirtschaften. Denn mit einem halben Dutzend Gäste verdient der Wirt wahrscheinlich in vielen Fällen nicht einmal genug, um seine Fixkosten zu bedienen – hat dafür aber jetzt wieder mit Kosten für Ware, Strom, Personal und ähnliches zu rechnen. Für zahlreiche Betriebe also könnte ein Öffnen unter den aktuellen Auflagen sogar zu noch mehr Verlust führen als die Schließung. Gleichzeitig sind Betriebe, deren Mitarbeiter in Kurzarbeit sind, gesetzlich verpflichtet, zu öffnen. Aus einigen Städten hören wir nun schon davon, dass Wirte einstweilige Verfügungen gegen die erlaubten Personenzahlen erwirken. Wie ist es in Ihrem Betrieb? Wir freuen uns über jede Nachricht unter [email protected]! Und nun schauen wir, was es diese Woche sonst noch so rund um Bars, die Gastronomie und Corona zu lesen gab.

Charles Schumann ruft zu mehr Bescheidenheit auf

Er ist und bleibt der wichtigste, bekannteste deutsche Barmann und Barbetreiber, daran kann sein Alter ebenso wenig ändern wie der weltweite Skandal um seine früheren problematischen Aussagen darüber, ob Frauen hinter der Bar arbeiten sollten. Da wundert es also nur wenig, dass gerade die Süddeutsche Zeitung mit ihm über die Schließung der Gastronomie und die Corona-Krise im Allgemeinen gesprochen hat.

Doch was auch wir bislang nicht wussten: Der in wenigen Monaten 79-jährige Schumann war sogar selbst an Covid-19 erkrankt, hat die Infektion aber – trotz seines Alters – ohne Probleme überstanden. Das ändert nichts daran, dass wir im Interview einen „neuen“ Charles Schumann erleben, der sich selbst, seine Betriebe, die Gastronomie und die Gesellschaft nun mit anderen Augen sieht. Der Beitrag ist lesbar hinter der Paywall von SZ Plus.

Restaurant in Virginia staffiert Gastraum mit Schaufensterpuppen aus

Ein Restaurant, das sich allen Auflagen des Social Distancing unterwirft, kann schnell gespenstisch wirken – viele deutsche Wirte dürften in den letzten Tagen vergleichbare Eindrücke gesammelt haben. Ist eigentlich auch klar: Kellner mit Masken, laminierte Speisekarten und erzwungen großer Abstand zwischen zwei Tischen; all das sorgt nicht unbedingt für eine heimelige Atmosphäre.

Das mit drei Michelin-Sternen prämierte Gourmet-Restaurant im „Inn at Litte Washington” in Rappahannock County/Virginia geht nun einen skurrilen, aber kreativen Weg, um diesem Begleitumstand zu begegnen: Alle Plätze, die aufgrund der Regelungen leer bleiben müssen, sind mit nostalgischen Schaufensterpuppen in eleganter Garderobe besetzt. Ein kleines bisschen Normalität beim Restaurantbesuch, wenn wir auch unweigerlich an Will Smiths Flirt mit einer Puppe aus, genau, dem Virus-Thriller I am Legend denken müssen.

Ein trauriger Spaziergang durch Deutschlands Bierhauptstadt

Wer schon einmal in der wärmeren Jahreshälfte durch Bamberg spaziert ist, kann sich die Stadt auf keinen Fall ohne ihre Gastwirtschaften und ohne ihr Bier vorstellen. Bis heute gilt die Stadt – die sich auch als Bar-Destination einen besonderen Ruf erwerben konnte – als Zentrum der fränkischen Biertradition und damit als so etwas wie die Hauptstadt der Brauerei-reichsten Region der Welt (nein, wir übertreiben nicht).

Natürlich trifft demnach die Corona-Krise die mittelalterliche Stadt mit unvermittelter Härte: Wo sonst das Leben pulsiert und die Zapfhähne sprudeln, gibt es lediglich ein bisschen Straßenverkauf. Und auch nach der Wiedereröffnung fehlt doch ein zentrales Element der Gastronomie: die Nähe. Für ihre Bier-Kolumne sind die Kollegen von der F.A.Z. auf einen Spaziergang durch die Stadt des Bieres aufgebrochen und sprechen mit den Brauern und Wirten.

Systemrelevanz = Dankbarkeit? Eine US-Kellnerin schenkt ein Tröpfchen Wahrheit ein

Die USA sind nicht unbedingt für ihre Arbeitnehmerfreundlichkeit bekannt, wohl aber für den Umstand, dass der Kunde im Land der unbegrenzten Möglichkeiten immer, wirklich immer König ist und mit Beschwerden nicht hinterm Berg hält. Definitiv wurde der Satz „Ich will den Geschäftsführer sprechen“ zum ersten Mal in den USA gesagt.

Ein schönes Beispiel, dass sich daran auch durch Covid-10 nur wenig ändert, zeigen die Kollegen vom Eater Magazine mit dem neuesten Teil der Serie „Eater Voices“. Dort kommen traditionell Beschäftigte aus dem Gastgewerbe zu Wort und berichten über Skurriles, aber auch über unfaire Behandlung. So auch in diesem Fall. Nur so viel: Wer denkt, dass die Kunden in Los Angeles während der Corona-Krise sympathischer werden oder gar dankbar für die Arbeit von Kellnern und Köchen sind – der irrt sich, wie der Artikel zeigt. Schade. Aber irgendwie ja auch nicht überraschend.

Credits

Foto: Everett Collection / shutterstock.com

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