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Inventur am 19. März 2023

Inventur am 19. März 2023 – ChatGPT meistert Sommelier-Prüfung & die neuen Pfade des alten Rye

Wir schreiben den 19. März. Vor elf Tagen haben wir unsere diesjährige Made in GSA Competition eröffnet, und es erreichen uns schon einige Anfragen den Wettbewerb betreffend. Wir werten das als ein gutes Zeichen für zahlreiche Teilnahmen, das Anmeldefenster für einen Cocktail ist bis zum 12. April 2023 auf der Wettbewerbsseite gsa.mixology.eu geöffnet.

Kurz zur Erinnerung: Teilnahmeberechtigt sind alle, die einen Cocktail einreichen wollen, die Anstellung oder Tätigkeit in einer Bar ist keine Pflicht. Des Weiteren muss ein gewisser Anteil des Cocktails aus unseren Partnerprodukten bestehen, die ebenfalls auf der Website zu finden sind. Die meisten unserer Partner stellen auch Samples zum Ausmixen zur Verfügung. Also gerne weitersagen und ran an die Rezeptur – bis zum 12. April ist noch jede Menge Zeit. Und somit springen wir schon in die Inventur der abgelaufenen Woche.

ChatGPT meistert Stufen des Sommelier-Examens

Der Wirbel, für den der Chatbot ChatGPT seit seiner Einführung Ende letzten Jahres gesorgt hat, ist enorm. Das textbasierte Dialogsystem ist für viele der nächste Evolutionsschritt von Künstlicher Intelligenz, auch wenn die Meinungen, ob es das menschliche Lernen damit erleichtert oder eliminiert wird, auseinander gehen. Im Januar hatte das Programm jedenfalls schon über 100 Millionen Nutzer – und es lernt fleißig weiter.

Laut dem Entwickler OpenAI, so schreibt das US-amerikanische Magazin VinePair, hat die neueste Version von ChatGPT (GPT-4) nun sogar drei Stufen der Court of Master Sommeliers-Prüfung bestanden. Diese Prüfung ist in der Regel in die Abschnitte Theorie und Praxis unterteilt. Zur Theorie zählen Weintypen, Geschichte und aktuelle Ereignisse aus der Branche, der praktische Abschnitt umfasst eine Blindverkostung und – je nach Prüfungsstufe – einen Test in Servierfähigkeiten. Selbstredend stellt der Praxisteil eine unüberwindliche Hürde für einen Chatbot dar, aber bei der Einführungsprüfung zum Court of Master Sommelier erzielte ChatGPT satte 92 Prozent. Auch bei den Prüfungen zum Certified und Advanced Sommelier wurden 86 bzw. 77 Prozent erreicht.

Paris Bar-Gründer Michel Würthle verstorben

In der Nacht zum Donnerstag ist in Berlin Michel Würthle im Alter von 79 Jahren verstorben. Würthle war Gründer und prägende Figur der Paris Bar, ein Ort, mit dem Berlin 1979 ein Restaurant bekam, mit dem im Grunde die Westberliner Kunstszene und Bohème der Stadt definiert wurde. Würthle, ein enger Freund des Künstlers Martin Kippenberger, der dort mit Gemälden bezahlte (und die teilweise dort immer noch hängen), war eigentlich gebürtiger Österreicher, der in den Siebzigerjahren zum Gründungsteam des legendären „Exil“ in Kreuzberg gehörte (übrigens der Ort, an dem sich heute das Restaurant Hórvath von Sebastian Frank befindet).

Der Tagesspiegel veröffentlicht anlässlich des Todes des Lebemannes Würthle ein Porträt aus dem Jahr 2022, in dem so schöne Zitate stehen wie „Ein Exzess ist jederzeit möglich, aber nicht durchhaltbar.“ In einem sechsteiligen Buchband, der zitiert wird, sagt Würthle: „Es ist schwierig, jemandem von der Paris Bar zu erzählen, der nichts von ihr weiß.“ Das kann auch dieser Text nicht; aber er kommt an dieses Phänomen nahe dran wie möglich – und ist sowohl eine Hommage an den Menschen Würthle als auch an die Nacht an sich.

Die neuen Pfade des alten Rye Whiskey

Neueinsteiger:innen in der Bar, für die die Zubereitung eines Old Fashioned mit Rye Whiskey so selbstverständlich ist wie das Alphabet, mag es wundern, aber die Zeit, in denen Rye Whiskey eine mehr oder weniger auf Talfahrt Richtung Aussterben befindliche Kategorie war, ist noch nicht so lange her. Erst die Bar-Renaissance der Nuller Jahre hat der Kategorie, die vor der Prohibition auf Augenhöhe mit Bourbon (und oft auch darüber) stand, zur neuen Relevanz verholfen. Das Ende dieser Entwicklung ist noch nicht erreicht, sondern geht, wie ein Beitrag im Imbibe Magazine darlegt, vielmehr neue Wege.

Gerade die Craft Brenner-Szene in den USA experimentiert mit alten, vergessenen Roggensorten, die dem Whiskey neue und komplexe Facetten geben. „Ich denke, man kann auch bei Bourbon über Sorten und vielleicht auch Terroir sprechen, und es gibt Leute, die das auch tun. Aber Roggen bietet sich dafür in gewisser Weise geradezu an. In sehr kurzer Zeit hat sich die Vielfalt in vielerlei Hinsicht explosionsartig entwickelt. Das ist einfach faszinierend“, wird Clay Risen zitiert, Whiskey-Autor und Verfasser von American Rye. Lesenswert.

Ukrainische Gastronomie im Krieg

Vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hatte man die Aussage „Kiew ist das neue Berlin“ nicht selten gehört. Es mag immer mal Städte geben, denen diese Kombination aus Aufbruchstimmung, Abgefucktheit und Anything-goes übergestülpt wird, aber gerade die ukrainische Hauptstadt war dabei, mit Partys und Verfügbarkeit von Raum und Infrastruktur eine interessante Destination von Expads zu werden. Dieser Entwicklung wurde am 24. Februar 2022 mit Terror und Gewalt ein abruptes Ende gesetzt.

Was es bedeutet, unter dem ständigen Schrecken nicht nur zu leben, sondern auch noch gastronomische Konzepte aufrecht zu erhalten, macht ein Gastbeitrag auf CNN klar. Autor Michael Bociurkiw, eigentlich Analyst für globale Angelegenheiten in Odessa, berichtet, wie die Macher:innen von geplünderten, historischen Winzereien oder Restaurants in Kiew versuchen, sich an die Bedingungen anzupassen, in denen er selbst, wie er schreibt, teilweise der einzige Gast in einem Restaurant gewesen und Gehsteige wie leergefegt seien. Der Text zeigt eine weniger thematisierte, dennoch logische Seite eines Krieges, der neben dem vielen menschlichen und sozialen Leid auch viele wirtschaftliche Zweige in die Dunkelheit stößt; symbolisiert jedoch auch gleichzeitig den Willen und die Durchhaltekraft der Menschen in der Ukraine, dem Aggressor nicht klein beigeben.

Credits

Foto: everettovrk - stock.adobe.com

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