Inventur am 21. Juli 2024 – Wissensverlust durch Pre-Batching & das gefährliche Feel Free
DDie Fußball-Europameisterschaft der Männer ist vorbei, Olympia steht vor der Tür – es ist ein sportiver Sommer. Noch dazu hat der Hochsommer Einzug gehalten, das Thermometer klettert allerorts nach oben. Da heißt es, viel Wasser zu trinken, aber das sind auch viele Anlässe, um gemeinschaftlich mit Drinks anzustoßen. Wir gehen davon aus, dass unsere Leserschaft ein ausgeprägtes Wissen um das Thema Cocktails hat, aber soll es vielleicht doch mal mit einer Anregung sein? Für die Bar oder die Home-Bar? Dann hätten wir da was: Wir haben unlängst unseren Cocktail-Newsletter ins Leben gerufen. Einmal im Monat versenden wir fünf Cocktails aus unserem Fundus. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Also einfach anmelden und immer mal eine Inspiration im Posteingang finden – und somit springen wir in die News der Woche.
Wissensverlust durch Pre-Batching?
Über die Vorteile von Pre-Batching von Drinks muss man kein Wort mehr verlieren. Cocktails können schneller serviert werden, wodurch wiederum mehr verkauft werden können. An die Temperatur von vorgefrorenen Martinis kommt ein á la Minute zubereiteter Martini nicht heran. Das schreibt auch Kevin Amstrong von der bekannten Londoner Bar Satan’s Whiskers. Er weiß um die Pros von Pre-Batched-Drinks, mahnt in seinem Essay im Class Magazine aber über die Nachteile, die entstehen. Zum einen geht es ihm um die Erfahrung für den Gast, die verloren geht, wenn dieser – analog zu einem Restaurantbesuch – in Erwartung komme, einem Küchenchef bei der Arbeit zuschauen zu können, nur um dann ein fertiges Gericht vorgesetzt zu bekommen. Es geht ihm in dem Text nicht um polemisches Verurteilen. Vielmehr streicht er auch heraus, dass das Handwerk ein wesentlicher Faktor ist. „Durch Batching sind wir in der Lage, Cocktails zu beschleunigen, aber wir haben den Geschmack für die Eile geopfert. Wir haben die Verderblichkeit reduziert, aber wir haben auch das Kundenerlebnis reduziert“, schreibt er. „In unserem Streben nach Effizienz dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, was das Trinken in einer Bar so angenehm macht.“ Außerdem gehe die Fähigkeit verloren, direkt am Gast auf dessen Wünsche einzugehen. Ein lesenswerter, kleiner Beitrag.
Aromengewinn durch Flavour Blaster?
Während das Pre-Batching Zeit am Gast erspart und das Arbeiten effizienter macht, ist der Flavour Blaster vor allem ein Instagram-Gimmick. Oder etwa doch nicht? In einem Beitrag auf VinePair widmet sich Aaron Goldfarb dem Tool, das 2018 in Zusammenarbeit mit Simone Caporale gelauncht wurde. In europäischen Bars (man denke etwa an die Wiener Bars Soulmate oder Fitzcarraldo, die ständig mit den Rauchbubbles arbeiten) war der mehrere hundert Euro teure Apparat immer wieder mal vorhanden, nun erlebt er offenbar in US-amerikanischen Bars eine Renaissance, wo er etwa im bekannten Double Chicken Please zum Einsatz kommt. „Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der das Erlebnis im Vordergrund steht, vor allem bei der jüngeren Generation“, wird Josh Durr zitiert, der Flavour Blaster in Nordamerika vertreibt „Also ist alles, was ein Erlebnis schafft, das über das bloße Servieren eines Getränks hinausgeht, ein Wow-Faktor.“ Ein interessanter Text.
The Cambridge Public House als erste Bar mit B Corp
Erst im Jahre 2019 haben Hugo Gallou und Hyacinthe Lescoët das The Cambridge Public House in Paris eröffnet, inspiriert von einem klassischen britischen Pub. Von Anfang an wurde dabei ein großer Wert auf Nachhaltigkeit in der Bar und im Gastgewerbe insgesamt gelegt; die Bar kompostiert Abfälle, arbeitet mit Wohltätigkeitsorganisationen und lokalen NGOs zusammen oder organisiert alle zwei Wochen einen Lauftreff für lokalen Gastronom:innen. Nun erhält die Bar, wie The Spirits Business berichtet, als erste Bar weltweit den B Corp-Status, mit dem Unternehmen ausgezeichnet werden, die einen bestimmten Standard für soziale und ökologische Leistung und öffentliche Transparenz erfüllen.. Unternehmen müssen 80 Punkte erreichen, um sich für die B-Corp-Zertifizierung zu qualifizieren, der mittlere Wert für normale Unternehmen liegt laut Bericht bei 50,9. Das Cambridge erhielt eine Gesamtpunktzahl von 88,1. Und dort will das Duo, das unlängst das Little Red Door übernommen hat, natürlich nicht stehen bleiben …
Feel free … oder auch nicht
Zugegeben, wenn wir diesen Artikel des Punch Magazine am 1. April gelesen hätten, hätten wir es womöglich für einen Scherz gehalten. Aber dem ist offenbar nicht so. Vielmehr handelt es sich bei dem im Text beschriebenen „Feel Free“ um ein reales Produkt, das in den USA in Supermärkten erhältlich ist, ein alkoholfreies Getränk, das aus Wurzel der südpazifischen Pflanze Kava und den Blättern des südostasiatischen Baumes Kratom hergestellt wird. Sein Etikett beschreibt Feel Free als „pflanzliches Nahrungsergänzungsmittel“, auf Instagram sieht man Menschen, die Feel Free beim Klettern, Meditieren, Trainieren oder Yoga konsumieren. Die offensichtliche Kehrseite der Medaille liefert der Text, in der Menschen von einer rasanten Abhängigkeit von dem Getränk erzählen. So berichtet ein Betroffener, dass er ein Jahr, nachdem er seine erste Flasche Feel Free probiert hatte, vier Kreditkarten ausgereizt und die meisten seiner Besitztümer verkauft hätte. „Auf dem Höhepunkt seines Feel Free-Konsums trank er nach eigenen Angaben bis zu 20 Flaschen pro Tag und gab etwa 700 Dollar pro Woche aus. Gegen Ende seiner Spirale lebte er in seinem Auto neben einem 7-Eleven in West L.A., wo er Feel Free-Flaschen mit dem Geld kaufte, das er durch das Ausliefern von Essen bei DoorDash verdient hatte“, heißt es da. Ein verstörender, aber umso lesenswerterer Bericht.
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