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Inventur am 23. August 2020 – das Barkombinat Hamburg wird eingetragener Verein & Diageo steigt bei Siegfried Gin ein

Sind Sie nächstes Wochenende zufällig im Norden unterwegs? Dann hätten wir da vielleicht was: Vom 27. bis 30. August findet in der ehemals „Brauhaus der Hanse“ genannten Metropole das „Hamburg Beer Weekend“ statt – trotz und wohl irgendwie auch gerade wegen der Pandemie, denn die Macher bringen ihr Event gemäß allen aktuellen Auflagen an den Start. Bier hilft schließlich immer.

Hinter dem Namen des Events verbirgt sich ein dezentrales Festival, bei dem handwerklich gebraute Biere im Fokus stehen. Insgesamt beteiligen sich knapp 20 Brauereien und Gaststätten an der viertägigen Veranstaltung. Der Eintritt zu den offenen Teil-Events ist grundsätzlich frei, die Tarife für Brauereiführungen, Tastings und ähnliches werden von der jeweils ausrichtenden Location festgelegt. Nachdem die schöne sommerliche Berliner Biermeile in unserer früheren MIXOLOGY-Nachbarschaft an der Karl-Marx-Allee schon ausfallen musste, ist das doch ein netter Ersatztermin. Einen Überblick über die teilnehmenden Bars und Brauer gibt es hier, wir schauen derweil gewohnt sonntäglich auf die News der Woche – und dort schauen wir unter anderem ein weiteres Mal nach Hamburg, nach New York sowie nach Bonn zu Siegfried Gin und Diageo.

Diageo wird Mitbesitzer von Siegfried Gin und Aviation Gin

Der weltweit größte Spirituosenhersteller Diageo hat trotz Krisenzeiten jüngst eine wacholdrige Einkaufstour absolviert. Montag wurde bekanntgegeben, dass der Konzern die Mehrheit an der US-Marke Aviation Gin akquiriert hat, Mittwoch folgte eine weitere Meldung: Über seine Tochterfirma, die Risikokapitalgesellschaft Distill Ventures, wird Diageo nun auch Minderheitseigner an der Bonner Firma Rheinland Distillers und damit von Siegfried Gin und der alkoholfreien Variante Siegfried Wonderleaf.

Für Diageo ist es rund zweieinhalb Jahre nach dem Kauf von Belsazar Vermouth der nächste prestigeträchtige Deal mit einer jungen deutschen Spirituosenfirma. Wie übereinstimmende Meldungen berichten, bleiben die Siegfried-Gründer Raphael Vollmar und Gerald Koenen als Geschäftsführer an Bord. Ein Volumen der Investition oder der Anteil, den Diageo künftig hält, wurde nicht genannt. Die neuen Marken ergänzen Diageos ohnehin schon stattliches Gin-Portfolio aus Gordon’s, Tanqueray, Gilbey’s und der italienischen Boutique-Marke Villa Ascenti.

Barkombinat Hamburg wird eingetragener Verein

Es begann vor einige Monaten als loser Zusammenschluss von hamburger Bar- und Kneipen-Gastronomen, die sich im Zuge der Coronakrise von Politik und Behörden zu Recht sträflich vernachlässigt fühlten – jetzt machen die Initiatoren des Barkombinat Hamburg ernst. Diese Woche erfolgten in der Hansestadt die Gründung als Verein sowie die Eintragung ins Vereinsregister.

Das Barkombinat sieht sich als eine dezidierte Interessenvertretung der Hamburger Schankwirtschaften. Der Begriff „Schankwirtschaft“ spielt im Hamburger Recht eine wichtige Rolle, weil er die konzessionelle Unterscheidung zur „Speisewirtschaft“ und zur „Bar“ vollzieht. Als „Bar“ sind in Hamburg Nachtclubs und sonstige Amüsierbetriebe angemeldet, klassische Cocktailbars und Kneipen wiederum firmieren als „Schankwirtschaft“. Dafür, dass derartige Betriebe von der Politik mehr beachtet werden, will der neue Verein jetzt aktiv sorgen. Gründungsmitglieder sind laut Barkombinat zunächst Vertreter von 23 Betrieben, im Vorstand sitzen u.a. die beiden bekannten Barbetreiberinnen Constanze Lay (The Rabbithole) und die zweifache MIXOLOGY Bar Award-Preisträgerin Betty Kupsa (The Chug Club). Den Vereinsvorsitz übernimmt der Kiez-Gastronom Dominik Großefeld.

Fort Defiance ist keine Bar mehr – warum der Besitzer sich jetzt freut

St. John Frizell mag unter Barleuten hierzulande eher mäßig bekannt sein, in der US-Barszene ist der Gastronom und Bartender aus Brooklyn aber ein wichtiger Protagonist – geschätzt nicht nur für seine fachliche Kompetenz, sondern ebenso für seine ehrliche Kommunikation. Und genau ein solches, gewohnt offenes Statement hat er nun in einem Gastbeitrag des Wirtschaftsmagazins Bloomberg veröffentlicht.

Darin schildert Frizell, wie es dazu kam, dass er sein über zehn Jahre altes Bar-Restaurant Fort Defiance schlussendlich zu einem Lebensmittelgeschäft umentwickelt hat. Der springende Punkt dabei: Für ihn waren Coronakrise und Lockdown nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. In seinem aufrichtigen, ausgiebigen und transparenten Beitrag schildert Frizell einerseits die sich verändernden Rahmenbedingungen für kleine, inhabergeführte Gastronomien – und geht außerdem darauf ein, wie es ihm gelungen ist, das Unternehmen durch die Umarbeitung zu retten und gleichzeitig etwas für die Nachbarschaft zu leisten. Absolute Leseempfehlung!

Der „neue Cava“ heißt nicht mehr Cava

Spanischer Schaumwein hat es im gehobenen Segment traditionell schwer: Fast allen Barleuten und Weinliebhabern gilt er als austauschbare, flache und vor allem langweilige Plörre. Dass dieses Bild im Laufe der letzten Jahrzehnte berechtigterweise entstanden ist, erläutert der detaillierte Essay von Zach Sussman für das Punch Magazine: Vor allem die rasante Industrialisierung Kataloniens und einige findige Firmen haben dazu geführt, dass Cava, der begrifflich geschützte spanische Schaumwein, zu einem globalen Milliardengeschäft mit meist bestenfalls mäßigem Wein wurde.

Viel interessanter an Sussmanns Artikel ist jedoch eine andere Feststellung: Zwar kommen heute vier von fünf Flaschen aus den Mega-Kellern von Freixenet, doch es tut sich etwas im Penedès, dem Herz der katalanischen Cava-Produktion. Immer mehr Weinbauern vinifizieren ihre Moste selbst und setzen dabei auf starke Charakteristik und Terroir, mit anderen Worten: auf Geschmack, Aroma, Intensität und Individualität. Und weil sie damit weg wollen vom Image des Cavas, schreiben sie die Kategorie auch nicht mehr auf die Flasche. Ein paar Probierempfehlungen liefert der Autor übrigens gleich mit.

Credits

Foto: Everett Collection / shutterstock.com

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