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Inventur

Inventur am 5. September 2021 – Gibt es bald American Single Malt?

Reden wir über den Begriff „No-Show“. Gastronomen kennen ihn, für alle Nicht-Fachleser: Damit bezeichnet man als Wirt ganz salopp jene Gäste, die zu einer Reservierung im Restaurant oder der Bar einfach nicht auftauchen, ohne vorher abzusagen.

Ein No-Show ist immer ärgerlich, für Restaurants meist in noch viel stärkerem Maße als für Bars. Denn während eine Bar einen unerwartet freien Tisch vielfach noch mit spontan kommenden Gästen belegen kann, bedeutet ein leerer Platz besonders für hochklassige, fast ausschließlich mit Reservierungen arbeitende Restaurants häufig: Da sind leere Stühle, mit denen heute Abend kein Geld verdient werden kann. Garniert meist durch das Wissen, dass man andere Buchungsanfragen ablehnen musste, weil schon alles ausreserviert war.

Mit anderen Worten: Ein No-Show kostet den Wirt bares Geld. Nicht von ungefähr haben Restaurants in den letzten Jahren vermehrt damit begonnen, im Zuge von Reservierungen bereits einen bestimmten Betrag als Sicherheit und potentielle Stornierungsgebühr einzuziehen. Ein früher Vorreiter ist z.B. das Berliner „Nobelhart & Schmutig“. Besonders drastisch schlagen No-Shows während der Coronakrise zu Buche, denn noch immer operieren zahlreiche Betriebe aufgrund von Abstandsregelungen und begrenzten Personenzahlen ohnehin mit einem verringerten Kontingent an Plätzen, so dass jeder freie Platz doppelt schmerzt.

Wie wir darauf gerade kommen? Eine Studie in Großbritannien hat kürzlich ermittelt, dass No-Shows im dortigen Gastgewerbe einen jährlichen Schaden von rund 17 Milliarden (!) Pfund verursachen. Seit die Gastronomie dort wieder geöffnet ist, werde im Schnitt jede siebte Reservierung nicht eingehalten – ein katastrophaler Wert. In Deutschland dürfte es kaum anders sein. Was haben Sie damit für Erfahrungen gemacht? Wir freuen uns auf Ihre Berichte unter [email protected] und schauen derweil auf die weiteren flüssigen Themen der Woche.

Nachhaltigkeit und Bars: Nicht beim Trinkhalm aufhören!

Einen starken sehr umfangreichen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz gab es diese Woche vom amerikanischen Imbibe Magazine. Darin legt Autor Max Falkoqitz den Finger in so manche Wunde und sagt ganz klar: Das Reden und Handeln rund ums Thema darf niemals beim verschmähten Plastiktrinkhalm aufhören.

Denn in der Tat ist es so, wie Falkowitz behauptet: Wir tendieren dazu, die Sachen ernst zu nehmen, die wir sehen – wie ebenjenen Trinkhalm, an dem sich eine Schildkröte verletzt. Viel gravierender für die Umwelt sind jedoch die Schäden, die das Gastgewerbe dort verursacht, wo man sie nicht sieht. Das Thema ist komplex und kompliziert, dennoch liefert der Text viele wichtige Beispiele und Anregungen dafür, wie jeder seinen Beitrag leisten kann. Und vor allem fordert er, dass nicht nur der Konsument in die Pflicht genommen wird, sondern ebenfalls Politik und Industrie. Unbedingt lesen!

Kommt die Kategorie „American Single Malt“?

Single Malt aus den USA ist in Europa noch praktisch komplett unsichtbar. Dabei gibt es, wie Experte Dave Broom anmerkt, inzwischen über 170 Produzenten in den Vereinigten Staaten, die einen Single Malt herstellen. Vor allem aber, und das ist der Gegenstand seines Artikels für das Class Magazine, zeichnet sich nun die Etablierung eines geschützten Kategoriebegriffs ab.

Bislang gelten für amerikanischen Whiskey primär die vier geschützten Hauptkategorien Straight Bourbon, Straight Rye, Straight Malt und Straight Wheat. Einen Schutz für Single Malt, also einen Whiskey aus 100% Gerstenmalz aus einer einzelnen Brennerei (also im Wesentlichen nach schottischem Vorbild), gibt es nicht. Viele Brennereien wünschen sich einen solchen Schutz aber mittlerweile, sie sind seit fünf Jahren vereinigt in der American Single Malt Whiskey Commission. Doch es gibt nicht nur Fürsprecher, wie Broom in seinem Beitrag zeigt. Überhaupt wiegt er die Pros und Contras des Sachverhalts nachvollziehbar ab. Was meinen Sie?

Spirituosen ohne Krach vermarkten. Dafür mit Wert.

Ein immer diverser und größer werdender Spirituosenmarkt bedeutet auch: mehr Marketing-Lärm. Insbesondere dann, wenn zwar immer mehr Marken etwas vom Premiumkuchen abhaben wollen, der Gesamtmarkt aber stagniert oder sogar schrumpft. Eine mehrteilige Serie zum Thema Marketing und Brand Building hat das SevenFiftyDaily-Magazin diese Woche eröffnet. In vier Teilen wird Spezialist und Consultant Scott Rosenbaum auf verschiedene Aspekte der Thematik eingehen.

Besonders interessant ist sein Ansatz aus dem ersten Artikel für junge oder gerade entstehende Firmen: Neuen Marken und ihren Eigentümern rät er, weniger auf laute, großflächige Vermarktung und öffentliche Beachtung zu setzen, sondern verstärkt auf Aspekte wie Wertigkeit, Transparenz und Verfügbarkeit. Mit seinen eigenen Worten: „Think less about going viral. (…) Virality as a marketing model is outdated.” Ein mehr als spannender Gedanke, der völlig ohne Buzzwords auskommt.

Der älteste Scotch der Welt wartet auf Käufer

Diesmal geht es in unserem Kuriositätenkabinett nicht um den teuersten, sondern den ältesten Single Malt Scotch der Welt. Zwar ist das race for hundred – also die Jagd danach, wer den ersten 100 Jahre alten Scotch abfüllt – damit noch immer nicht entschieden, sehen lassen kann sich die Zahl dennoch: Seit wenigen Tagen bietet der unabhängige Abfüller Gordon & MacPhail einen 80-jährigen Single Malt an.

Konkret handelt es sich dabei um 250 Flaschen aus einem einzelnen Fass, das 1940 in der Glenlivet Distillery belegt worden war. Angekündigt hatten die Schotten den Release bereits vor rund drei Monaten, nun ist der Whisky (zu dem kein Alkoholgehalt kommuniziert wird) direkt über die Website käuflich zu erwerben. Dass man in solchen Sphären nobel die Formel „Preis auf Anfrage“ bemüht, versteht sich wohl von selbst. Hoffen wir einfach, dass nicht ein Großteil der wuchtigen Glas-Flakons irgendwo als Investitionsobjekt versauert.

Credits

Foto: Everett Collection – shutterstock.com

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