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Inventur am 24.November 2019

Inventur am 15. November 2020 – Imbibe stellt Betrieb ein & erneute Kritik an Alkoholfreien Spirituosen

Die Destillerie Kaltenthaler hatte bereits mit dem blitzschnell ins Leben gerufenen Quarantini Social Dry Gin auf den ersten Corona-Lockdown reagiert. Das Charity-Projekt, dessen Erlöse in die Barszene zurückgeht, wird nach wie vor aufgelegt. Nun haben die Brüder Felix und Jan Kaltenthaler mit einer Image-Kampagne nachgelegt, das die gesellschaftliche Bedeutung von Bars und Barkultur unterstreichen soll. Barteams von geplanten 27 Bars in ganz Deutschland werden dazu in ihren ­– aufgrund des Lockdowns natürlich geschlossenen – Bars fotografiert, jede Person steuert ein persönliches Zitat bei. Den Anfang machte das Becketts Kopf in Berlin, ausgespielt wird die Kampagne über den Instagram-Account von Revolte Rum. Wir wünschen der Kampagne die Aufmerksamkeit, die sie verdient.

Schluss nach 13 Jahren: Imbibe stellt den Betrieb ein

Es war fraglos die Nachricht der Woche und ein trauriger Paukenschlag für die internationale Bar-Community: Wie Chefredakteurin Robyn Black am Dienstag bekanntgeben musste, wird das britische Imbibe Magazine seinen Betrieb einstellen. Nicht davon betroffen ist die Londoner Fachmesse „Imbibe Live“, die weiter stattfinden soll und derzeit mit der nächsten Auflage im Juli 2021 angekündigt wird.

Wie Black in ihren „Last orders for Imbibe“ schreibt, ist die Schließung des Magazins eine unvermeidbare Konsequenz aus den wirtschaftlichen Schäden, die die Corona-Pandemie im Magazin hinterlassen hat. Nach insgesamt 13 Jahren und einer 2007 begonnenen Erfolgsgeschichte beendet somit das vielleicht wichtigste britische Fachmagazin für die Barszene seine Aktivitäten. Imbibe Media, die Firma hinter dem Magazin und der Messe, war Ende 2016 von Reed Exhibitions UK übernommen worden, deren deutsches Schwesterunternehmen seit 2015 auch den Bar Convent Berlin betreibt. Laut Robyn Blacks Meldung soll die Imbibe-Website bereits im Dezember abgewickelt werden. Wir als MIXOLOGY-Redaktion bedauern diesen herben Verlust und wünschen unseren Londoner Kollegen alles Gute!

Sven Almenning: Klare Worte gegen „alkoholfreie Spirituosen“

Der australische Gastronom Sven Almenning ist als sendungsbewusste, meinungsstarke Stimme in der internationalen Szene gut bekannt. Für einen Kommentarbeitrag im Australian Bartender Magazine nimmt der Inhaber der „Speakeasy Group“ und Gründer der weltbekannten Bar „Eau de Vie“ in Melbourne nun ein Ziel ins Visier, das ohnehin reichlich diskutiert wird: die sogenannten „alkoholfreien Spirituosen“.

Der Großteil aller so vermarkteten Produkte sei, so Almenning, nichts anderes als destilliertes und aromatisiertes Wasser, das zum Preis von Premiumspirituosen an gesundheitsbewusste Konsumenten verkauft wird. Doch noch mehr: Sie seien, sofern als „Spirituose“ etikettiert, sogar juristisch höchst bedenklich, denn die australische Gesetzgebung definiert eine Spirituose eindeutig als ein alkoholisches Destillat. Gleiches gelte für „alkoholfreie Liköre“, die im Grunde nichts seien als Sirup oder Cordial. Dabei macht Almenning klar: Nicht die alkoholfreien Produkte seien das Problem, sondern deren Marketing. Ein kontroverser, aber stichhaltiger Text.

Erneuter Wechsel im The Artesian

Die Langham Bar im The Artesian Hotel in London kommt nicht zur Ruhe. Genau ein Jahr, nachdem Rémy Savage seine Stelle als Head-Bartender im November 2019 niederlegte, hat nun auch bereits sein Nachfolger Marco Corallo den Posten geräumt, wie The Spirits Business berichtet. Sein Menü, inspiriert von der Disco-Ära, das den “Spaß und Farbenfreude jener Zeit reflektieren sollte”, bleibt somit Corallos einziges für die Londoner Bar. Für Corallo geht es zurück nach Dubai, wo er bereits zuvor tätig war. In einem Instagram-Post erklärt er, dass ihm die letzten 12 Monate Zeit eine andere Sicht auf das Leben gegeben hätten und er neue Abenteuer verfolgen wolle.

Somit findet die hoch dekorierte Bar weiterhin nicht zur Stabilität und dem Glanz alter Tage. Ganz im Gegensatz etwa zu einem anderen Londoner Hotel mit prämierter Bar, dem The Connaught, wo man mit Agostino Perrone Kontinuität vorlebt und erst letzte Woche auf Platz 1 der World’s 50 Best Bars gewählt wurde. Weiterhin die Geschicke der Langham Bar leiten wird Bar-Managerin Anna Sebastian.

Gastro-Lockdown: Lieferando weiter in der Kritik

Neu ist die Debatte nicht, dafür aber ihre Intensität: Schon lange muss sich Lieferando Vorwürfe gefallen lassen, seine rund 20.000 Restaurant-Partner systematisch zu übervorteilen. Kein Wunder, verfügt das Unternehmen doch über eine ungeheure Marktmacht: Das Liefer-Business von Restaurant-Speisen boomt seit Jahren, nach dem Wegfall oder der Übernahme früherer Konkurrenten ist Lieferando in Deutschland mittlerweile quasi Monopolist in seinem Segment.

Die Coronakrise und die großen strukturellen Probleme der Gastronomie verschärfen diese Problematik nun, wie Der Spiegel (Artikel hinter der Paywall von Spiegel+) diese Woche berichtete: Die teilnehmenden Restaurants sind durch den Lockdown und den problematischen Reboot noch abhängiger von Lieferando als zuvor, deren Deutschlandchefin zeigte sich bislang allerdings unnachgiebig – und das trotz eigener Mängel. Zwar wird die Luft für das Unternehmen noch lange nicht dünn, doch es kommt ein wenig Bewegung in den Markt, wie der Beitrag anschaulich schildert. Lieferando will nun wohl auch mit „Solidaritätskonditionen“ arbeiten. Schauen wir mal.

Credits

Foto: shutterstock.com / Everett Collection

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