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Sake Festival

Auf einen Sake am Schleusenufer: Das Japanese Sake Festival Berlin 2018

Mascha Böcker und Kenyu Shimono organisieren das Japanese Sake Festival Berlin. Bei diesem geht es aber um weit mehr als nur die Kunst des Reisweins. Wir haben die beiden getroffen, um über japanische Höflichkeit versus “All you can Drink”-Mentalität zu sprechen.
“Ken U Pork” heißt er auf Facebook, und Kenyu Shimono mag auch im wirklichen Leben gerne das Schmecken. Anfänglich war das die Musik. Um DJ zu werden, kam der Gründer des Japanese Sake Festivals aus Tokio nach Berlin. Ein bisschen wie Mascha Böcker, die allerdings aus Frankfurt.

Das Japanese Sake Festival Berlin nimmt Fahrt auf

Beim – wenn man das noch so sagen darf oder je durfte – “Deejaying” haben die beiden sich also kennengelernt. Kenyu hatte damals beim Urban Spree Festival Tako-yaki gemacht, das sind sehr köstliche Oktopusbällchen, und dazu kam Sake spürbar gut an. Natürlich, der Japaner bringt ein Sake-Pairing bei seinen japanischen Gerichten ins Spiel, so könnte man meinen. Machen die Berliner Schwaben mit ihrem Trollinger auch so, und alle Klischees sind bestätigt.
So einfach ist es nur leider nicht. Sake erlebt in Japan, ganz ähnlich wie Gin in Deutschland, derzeit eine zweite Welle. Da gibt es die traditionelle Sake, tradiert durch Familienrezepte, groß geworden mit der Industrialisierung. Und da gibt es die kleinen Brands, lokal produziert, nachhaltig und übernational. Alle Welt trinkt mittlerweile Sake, die alten und die neuen. Warum der Reiswein in Berlin verhältnismäßig spät als Getränk für das jüngere Klientel angekommen ist, erklärt Mascha mit dem kulinarischen Überangebot der Stadt. Aus Frankfurt kommend, hatte sie deutlich früher mit japanischen Trends zu tun, las früh Mangas und interessierte sich für eben alles, was aus Japan kommt.

Höflichkeit wird groß geschrieben

Und dessen gab es vergangenes Wochenende zuhauf. Bei “Birgit& Bier” fand das vierte Japanase Sake Festival statt, im Januar 2017 ging es los. Nach wie vor bilden die beiden den Kern des Orga-Teams für das Sake Festival.
“Das wird über kurz oder lang nicht so bleiben”, so Mascha. Seit dem vergangenen Jahr hat sich ein Freiwilligenkreis gebildet, der sich aus Sake-, Kimono- oder einfach Japan-Begeisterten speist, die Lust haben, einen Sonntag lang einzutauchen in Musik, Kulinarik und japanische Kultur im Allgemeinen. Die möglicherweise dazu verleitet, einmal das “Sassaya” am Prenzlauer Berg aufzusuchen, Kenyus derzeitig liebstes, japanisches Restaurant.
Oder sich eben mal mit einem Heimbrauset an Amasake, einer antialkoholischen Sake-Variation, zu versuchen. Kimono-Nähen. Oder ein DJ-Set von Mascha und Kenyu hören. Wenn sie denn nach diesem Festival noch Zeit dafür haben. Neben Berlin stehen Sake Festivals nämlich auch in Hamburg, Frankfurt, München und Düsseldorf auf dem Plan. Wobei es natürlich einerseits um Sake geht. Viel mehr noch geht es aber um eine Community, die Lust darauf hat, sich mit einer Kultur zu beschäftigen; einer Kultur, die bislang viel zu viel Angst hatte – aus Höflichkeit, wohlgemerkt -, sich in Europa beliebt zu machen.
“Wir Japaner denken eben immer, dass wir so schlecht Englisch sprechen”, sagt Kenyu. Deswegen ist es auch in Japan gang und gäbe, nicht auf Englisch sprechen zu wollen und lieber weiter zu gehen. Weil es sich unhöflich anfühlt, dem Gegenüber nicht in “seiner” Sprache entgegentreten zu können. Und vor lauter Höflichkeit geht man dann weiter, unwissend, dass das beinah noch unhöflicher wirkt.
Umso besser, dass Kenyu weiß, wie mit Interview-Partnern zu sprechen ist und außerdem, wie man ein Festival mit 700 Gästen zu stemmen hat. So viele waren es etwa auch in diesem Jahr, so der Stand am Sonntag gegen 18 Uhr.

Das Sake Festival und die Lucky Machine

Die Menschen vor dem Ausschank des Sake-Kontor tummeln sich, und man schiebt sich Onigiri, die japanische Pausenbrotstulle, oder eine Korokke – eine gefüllte Krokette – in den Schlund. Am Eingang wartet die Lucky Machine, ein japanisches Glücksspiel mit Kugeln mit einer Gewinnchance von etwa eins zu zweihundert, ein paar Meter weiter tanzt eine Geisha. Ein Stück weiter geht es zu den Kimono-Kursen, dahinter ist Karaoke.
Ganz recht, die Sache mit der japanischen Kultur ist ernst gemeint und so klingt es auch. Die vor allem aus Japan stammenden Volunteers an den Sake-Ständen kennen die profunden Unterschiede zwischen den einzelnen Sorten; um Sake allerdings verstehen zu wollen, muss man einen Workshop besuchen. Da lernt man dann, wie das mit dem Reiskörnerschälen ist, was genau “Koji” sein soll und wie Sake schmecken kann.
Oft nach Früchten, vor allem Pflaume, Litschi und Birne, aber auch nach herben Noten wie Motoröl, Holz oder Rauch. Obwohl man Reiswein sagt, wird Sake gebraut und gleicht in der Herstellung viel eher dem Bier. Nicht aber in den Volumenprozenten und nicht in der Art und Weise, wie darüber gesprochen wird. “Sake”, so Kenyu, “ähnelt der Nerdiness des Klientels doch sehr.” Natürlich sei Sake für jeden trink- und für jeden verstehbar. Aber wie wir inzwischen auch vom “Craft Beer” wissen, kennt das Fachsimpeln weder Grenzen in Kategorie noch in Ausmaß.

Sake steht in den Startlöchern, nicht nur in Berlin

Ich trinke einen trockenen Sake einer der ältesten Brauereien Japans, sie heißt Yoshinogawa. Der Sake indes heißt Gensen Karakuchi und gehört der Sorte Futsushu an: solide Standardqualität und gut trinkbar. Angegeben werden außerdem Reissorte (Gohyakumangoku) und Polierrate (65 %). Letzteres wiederum macht ihn zu einem Ginjo-Sake und lässt ihn blumig-fruchtige Aromen an den Tag legen. Sollte also ein Tako-yaki zu passen.
In diesen Zeiten ist es angenehm erfrischend, dass es ausnahmsweise mal keine vorgeschlagenen Food-Drink-Pairings gibt. Die Stadt strotzt vor Pairings jedweder Natur und zu jeder Flüssigkeit gibt es ein passendes Festes. (Noch) nicht so auf dem Sake Festival, da geht’s um viel mehr.
Sake ist eben noch in den Startlöchern und die Barszene entscheidet, was damit passieren soll. Für Orte wie die Velvet Bar ist das klar, für das Mr. Susan auch – und für Kenyu und Mascha sowieso. Zum Schlussgong um 22:00 Uhr erheben auch sie ihr letztes Glas für den Abend: Kampai und bis in einem halben Jahr beim Japanischen Weihnachtsmarkt!

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