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Juliet Rose Bar Oliver von Carnap

Die Juliet Rose Bar packt die Dinge an der Wurzel

Oliver von Carnap und Stephan Hinz haben in München die Juliet Rose Bar konzipiert, eine freistehende Bar im Hilton Hotel. Dort setzen sie auf ein Konzept, das den Kreislauf von der Wurzel bis zur Frucht im Auge hat – und auf reichlich Kaffee und Tee. Wir sind mit einem der Hausherren durch sein neues Reich spaziert.
Sind wir mal romantisch und symbolisch: Eine Rose ist erblüht in München, Haidhausen. Genauer gesagt die Juliet Rose Bar. Die Konzeptgeber Oliver von Carnap und Stephan Hinz „schnibbelten” sie über Monate in Form, seit wenigen Wochen ist sie bereit für die Öffentlichkeit.

Juliet Rose Bar: Kaffee, Tee, Cocktails

Den Namen haben sie von der zehnjährigen Juliet Rose von David Austin, laut Oliver von Carnap „DER Rosenzüchter schlechthin“. Zehn Jahre hat es Gott sei Dank nicht gedauert. Oliver von Carnap sitzt an der Bar, er wartet bereits auf meinen Besuch. Vor ihm ein offener Laptop, Zettelwirrwarr und kalter Kaffee – dazu später mehr.
Nach der Begrüßung schauen wir uns direkt im großen Raum um. Der erste Eindruck ist clean, aber rasch sieht man auch viele Details und Ideen. Schon nach wenigen Schritten durch die Bar fallen die Farbtöne grün, braun, orange und rosé ins Auge, die sich alle vier durch einen leicht abgeblasstem Jargon auf die Gefühlslage übertragen – sehr angenehm.
Am anderen Ende der Bar, am Eingang zur Hilton-Empfangshalle, bleiben wir etwas länger hängen, denn hier bereiten sie ihren Kaffee und ihren – eigens für die Bar gemischten – Tee nach genauen Zeremonien zu (keine echten japanischen Teezeremonien, aber zumindest mit viel Gefühl zum Detail und vor allem zum Produkt). Danach soll hier in Zukunft gearbeitet werden, so dass sich die hohe Produktwertschätzung auf den Gast übertragen kann.

Von der Wurzel zur Frucht

Von Carnap wiederholt schon zu Beginn immer wieder, es ginge ihnen ums Konzept „from root to fruit“ (von der Wurzel zur Frucht), das so weit interpretierbar ist, dass selbst sie immer wieder neue Ideensprünge machen. Beim ersten Gespräch mit dem Architekturbüro, erzählt er, herrschte erst tiefe Stille, nachdem er die Konzeptidee vorgetragen hatte.
Doch die Stille war nur verdutzte Begeisterung und endete mit der Aussage „dass wir dieses Konzept bitte schön auf keinen Fall verwässern sollen. Sie waren völlig hin und weg“, so Oliver von Carnap. Und so kam es zu dem „fruchtigen Orange, dem herbalen Grün, dem floralen Rosa, dem holzigen Braun“ im gesamten Raum.
Aber nicht nur der Raum, auch für die Getränke bieten die vier Säulen der Aromatik einige Möglichkeiten, sich auszutoben – und damit das Motto auch in flüssiger Form zu kommunizieren. Tatsächlich sind nicht nur die Drinks nach den vier Mottos kategorisiert, sondern auch die Weine, das Bier, der Kaffee und der Tee.

Juliet Rose Bar arbeitet mit Computern

Das Kaffee im 21. Jahrhundert anders genossen wird, als nur mit oder ohne Zucker, weiß man heutzutage. In der Bar am Rosenheimer Platz wird für den neuen Kaffeestandard sogar mit Computern und Servern gebrüht. Die perfekt abgestimmten Daten sind auch auf USB-Sticks gesichert, so dass immer alles stimmt. Oliver von Carnap und Stephan Hinz wollen Qualität – und das bei jedem Espresso.
Wir schnuppern noch an den hauseigenen Tees, was nicht weniger aufregend ist, aber trotzdem geht es jetzt wieder zurück an die Bar. Der Hausherr geht vor und erzählt: „Das Motto soll die Drinks emotionalisieren. Man hat häufig nur einen Namen und die Zutaten dazu, die immer nur einen kleinen Teil vom Drink verraten können. Natürlich weiß ein Bartender, wie er mit gelagerten Spirituosen umgeht, oder mit einen floralen Gin im Vergleich zu einem Dry Gin. Aber der Gast eben häufig nicht. Hilton hat uns gefragt, eine freistehende Bar zu machen, keine Hotelbar. Man hat uns die Freiheiten gelassen, und jetzt geht es darum, dass auch Gäste kommen und die, die da sind, von unserem Konzept gefangen werden.“
Mittlerweile sitzen wir wieder am großzügigen Tresen – eigentlich alles in der Juliet Rose Bar ist großzügig gestaltet. Auch die Bar mit ihren zwei Mixstationen hat genug Quadratmeter, um sich Blasen zu laufen. Über der Bar steht eine feinsortierte Auswahl von Hinz-Gläsern und anderen Gefäßen und Dingen.
„Es soll hier nur eine einzige Person geben, weil jeder macht hier Frühdienst, Spätdienst, Bar, Service. Jeder kann hier alles. Wir wollen Experten heranziehen, um dem Gast ein anderes Gefühl zu geben“, so Oliver von Carnap. „Aus Österreich kommt bald auch eine eigene Destille, um Aromen zu destillieren. Wir haben Joe, einen Chemiker aus Neuseeland, der gerade den Master mit dem Schwerpunkt Destillation gemacht hat. Alles Schritt für Schritt. Der Gast soll auch ruhig eine Entwicklung erkennen können, von jetzt zu in zwei Wochen, von in zwei Monaten zu einem Jahr. Hier soll noch vieles passieren.“

München hat Platz für die Juliet Rose Bar

Zudem soll auch noch genauer auf Speisen geschaut werden. Bisher gibt es Barsnacks auf Fine-Dining-Niveau, doch es soll schon bald ein Restaurant mit wechselndem Angebot dazu kommen. Auch da soll dann, wie an der Bar, lokal und saisonal gearbeitet werden und von der Wurzel bis zur Frucht alles mit Bedacht behandelt werden.
Vor uns steht mittlerweile noch eine kalt gewordene Tasse Kaffee. Oliver von Carnap lacht und deutet einladend darauf. „Einer unserer Mitarbeiter meinte vor ein paar Wochen, wir sollten unseren Kaffee einmal kalt probieren. Die aromatische Entwicklung ist sehr spannend, wenn man ihn herunter kühlen lässt, auch der Geschmack ändert sich komplett. Auf einmal ist da Johannisbeere und so viele andere Früchte.“
Der Enthusiasmus von Oliver von Carnap ist ansteckend und er wiederholt: „Ich stehe auf guten Kaffee.“ Das ist wohl auch genau das, was man nach knapp zwei Jahren Madame Bar braucht. Richtig guten Kaffee.
Anm.: Oliver von Carnap und Stephan Hinz haben das Konzept der Juliet Rose Bar entwickelt, operativ betrieben wird die Bar jedoch vom Hilton Hotel. General Bar Manager – und damit für das tägliche Geschäft verantwortlich zeichnend – ist Sebastian Lumpe.

Credits

Foto: Hilton / Juliet Rose

Comments (1)

  • Steve

    Tee ftw!
    Schön, dass es auch mal eine richtige Bar versucht, dieses Getränk etwas ernster zu nehmen. Damit kann man heutzutage mehr aus der Masse hervorstechen, als wenn man seinen eigenen Kaffee röstet und ihn dann mit 10 verschiedenen Arten zuzubereiten weiß.
    Da hoffe ich doch auf inspirierte Drinks, wenns mich mal nach München verschlägt!

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