Judith Lauber und ihr Karel Korner denken nicht daran, stehen zu bleiben
Vor sieben Jahren hat das Karel Korner in Luzern eröffnet. Seither hat sich die Bar zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt, vor allem aber hat sie sich konsequent weiterentwickelt. Judith Lauber und ihr Team verfolgen dabei einen strengen und nicht immer leichten Anspruch nach Regionalität. Was es dazu vor allem braucht: Zeit, Teamwork und viel Leidenschaft.
„Ich bin mit 25 Jahren hierhergekommen und auf ewig dankbar dafür, wie alles gekommen ist“, sagt Judith Lauber. Schon während der Schulzeit sowie nach dem Abitur und einer kaufmännischen Ausbildung verschlägt es die gebürtige Schwarzwälderin aus Freiburg nebenbei zur Aushilfe in Bars, Restaurants oder Cafés. Viel mixologisches Handwerk und Knowhow erfährt und perfektioniert sie unter anderem in der Freiburger Hemingway Bar unter der Ägide von Boris Gröner. Dort fasst sie auch den Entschluss, fortan hinter dem Tresen als Gastgeberin und Bartenderin wirken zu wollen.
Karel Korner statt Ecke 30
Vor sieben Jahren nutzt die heutige Wahl-Schweizerin die von zwei Luzerner Lokalinhabern gebotene Gelegenheit, anstelle eines Eck-Imbisses in der Winkelriedstrasse 30 eine Cocktailbar zu eröffnen. Mit der Karel Korner Bar in der Neustadt von Luzern hat ihr Wirken in der eidgenössischen Barbranche und darüber hinaus kräftig eingeschlagen. Vor allem aber war es der Beginn „einer Art Romanze zwischen Karel und mir, wo ich meinen Weg finden konnte“, wertschätzt Lauber. Anfang November dieses Jahres feierte das Karel Korner, das eigentlich „Ecke 30“ heißen hätte sollen und nun eine Zusammensetzung aus einem fiktiven Namen und dem Bezug zur Ecklage ist, sein siebentes Jubiläum.
In der Stadt am Vierwaldstättersee spricht man von den „Kreativen oder Freestylern“, wenn es um die Cocktailschmiede am Eck geht, die mittlerweile fast ausschließlich auf ein strenges, regionales Spirituosensortiment und handgemachte Zutaten setzt. Judith Lauber und ihr international besetztes, mehrsprachiges Karel Korner-Team haben sich zum Ziel gesetzt, nur Produkte und Zutaten aus der Schweiz oder aus Deutschland auf ihre Karten alias „Volumes“ zu setzen. Um auf Früchte aus Übersee wie Zitrusfrüchte zu verzichten, werden Säure- und Süße-Quellen nachgebaut. Es werden Liköre oder Essenzen kreiert, Sirupe, Tinkturen, Cordials oder Tannenspitzenhonig selbst hergestellt. Im Karel Korner wird vor allem auch fermentiert, fat-washed, infusioniert, filtriert, dehydriert oder geklärt, um der Herausforderung der Regionalität beizukommen. „Wir wollen keine Moralapostel sein. Es ist ein Versuch, wieder einen Schritt weiterzugehen“, betont Lauber.
Karel Korner
Winkelriedstrasse 30
6003 Luzern
Di - Do 17 - 00:30 Uhr, Fr - Sa 17 - 2 Uhr; So & Mo geschlossen
Der Anspruch kommt mit der Arbeit
Zudem mache es richtig Spaß und bilde weiter. Eine Leichtigkeit sei es jedoch nicht immer, und man mache sich damit auch keinen Gefallen, auf viele überregionale Produkte zu verzichten. „Im Gegenteil. Es war fette Arbeit, aber es ist unser Anspruch“, sagt sie. Den Umgang mit alternativen Säure- und Süße-Quellen wie beispielsweise Verjus musste Lauber neu erlernen und umdenken. Mittlerweile ist das Karel Korner in dieser Position gefestigt und Gäste stehen dem Anspruch, einzigartige Signature Drinks aus lokalen Zutaten zu konsumieren, offen und wohlwollend gegenüber. „Obstbrände zum Beispiel haben ein verstaubtes Image, aber sie werden direkt vor unserer Haustüre produziert“, führt Lauber beispielhaft an.
Viele überregionale Spirituosen wie Rum, Tequila oder Mezcal sind bis zu maximal ein bis zwei variierende Qualitäten hinter dem Tresen vertreten. „Mehr braucht es im Karel Korner nicht mehr“, meint die Barchefin. Auch der anfängliche Bestand von über 60 Gins wurde auf einen Bruchteil mit einigen wenigen aus Deutschland und der Schweiz reduziert. Gin & Tonics werden zwar immer noch getrunken und auch angeboten, doch das Interesse an dem bis zur Pandemie häufiger gemixten Longdrink habe auch im Karel Korner abgenommen.
Im Karel Korner sind auch alkoholfreie Drinks auf heimischer Basis
Das könnte in der Eck-Schmiede allerdings an hochkarätigen oder auch alkoholfreien Drinks liegen, die eben auf Basis heimischer Produkte eigens kreiert und gerade in „Volume 7“ verpackt worden sind: ein „Café Soda“ als Espresso Martini-Pendant, ein „Ficus Fashioned“, dessen Feigenblattessenz durch das Garen von Feigenblättern im Sous-Vide-Verfahren hergestellt wird, oder „Wilhelm’s Teil“ als Whiskey Sour-Pendant. In „Butter bei die Beete“ stecken Rote Beete Geist, weißer, mit Salbeibutter fat-washed Wermut und Verjus. Während die Drinks zu Anfangszeiten von Judith Lauber kreiert worden sind, mischt mittlerweile ein eingespieltes, vertrautes Team – voran Tim Mannweiler – kräftig mit. Der geborene Lübecker, den die Liebe nach Luzern geführt hat, ist Laubers „rechte und linke Hand. Er ist eine Riesennummer und ein bescheidener Typ mit einem unglaublichen Fachwissen“, wähnt sie sich glücklich, solch einen verlässlichen Mixing- und Teampartner gefunden zu haben. Denn bekannterweise sei das in der Gastronomie nicht gerade einfach.
„Es war schon immer so, dass Gäste wegen der Cocktails zu uns gekommen sind. Aber wir haben uns den Bedürfnissen angepasst, sind mit der Zeit gewachsen und haben unseren Stil verfeinert“, erzählt Judith Lauber. Was sich aber seit der Pandemie verändert habe, ist eine nun geringere Besucheranzahl. „Vor Pandemiebeginn war das Karel Korner immer voll, da lagen eher Club-Vibes und Flirts in der Luft. Während und nach der Pandemie habe ich gemerkt, wie schön es ist, weniger Menschen hier bei uns zu haben“, blickt die Barbetreiberin zurück.
Daher will man im Karel Korner auch zukünftig diese neue, etwas ruhigere Atmosphäre einer ehemaligen, lauteren vorziehen. Dafür gibt es Platz für bis zu 50 Gäste im Innenbereich mit der Möglichkeit, vor allem im Sommer auf einige wenige Außenplätze auszuweichen, mit einem Drink oder auch einer heimischen Bier- oder Weinsorte. „Natürlich haben wir Leute dazugewonnen, denen es früher zu voll war, und ein-zwei Leute verloren, die genau aus dem Grund zu uns gekommen sind. Aber weniger Gäste zu haben, passt besser zu dem, wie wir sind und was wir anbieten“, schildert Judith Lauber.
Das Karel Korner ist eine Duftmarke mit Duftkerzen
Bereits lange vor Pandemie-Beginn hat sie ihre Catering-Firma „Room Service“ aus dem Karel heraus gegründet, weil es bereits dazumal, vor ungefähr vier Jahren, Interesse an und Nachfrage nach Cocktail-Caterings oder auch Workshops gegeben hat. Durch die Pandemie, in der die meisten Barbetreiber aus Überlebensgründen erstmals auf Cocktail-Zustellungen setzten, konnte sie ihre Position mit dem Boutique Catering weiter stärken.
Auch diese Cocktails werden frisch zubereitet und stammen entweder aus den „Volumes“ der Ecklage oder werden auf Wunsch kreiert. Das hat natürlich seinen Preis. „Ich musste mich aber dahinkämpfen, nicht auf jede Anfrage einzugehen, Geburtstagsfeiern aller Art oder Segelbootpartys beliefern zu müssen. Mit unserem Cocktail-Catering bieten wir das gleiche Niveau wie im Karel Korner, und das muss geschätzt werden“, so Lauber.
Inspirationen zu Cocktails schnappt die Vielreisende gern auch in Großstädten auf, deren Vibes auch zukünftige Kreationen in Geschmack und Ausdruck beeinflussen sollen. Seit einem Jahr vertieft sie sich zu Anfang jeder Woche auch als Projektmanagerin in das Marketingleben der Agentur Hofmarschall in der Limmatstadt. Zum einen pendelt sie zwischen den beiden Städten Luzern und Zürich.
Mit einem Fuß in der Agenturwelt aber begründet sie ein Standbein, das in unterschiedlichen Arbeitstakten läuft: „Ich glaube, dass die Arbeit in Bars uns mehr Zwischenmenschlichkeit und noch mehr Passion abverlangt als andere Jobs. Wir arbeiten auf engem Raum wie eine Familie. Ich kenne die Probleme meiner Leute und Gäste. Wenn man am frühen Abend die Lichter einstellt und die Duftkerze anmacht, dann geht es auch um den Ort, an dem Menschen sich bei mir wohlfühlen.“
Credits
Foto: Tim Mannweiler