Karussell der Nacht IV
Panta rhei. Alles fließt. In der nunmehr vierten Ausgabe des Karussells der Nacht präsentieren wir ihnen wieder aktuelle Personalwechsel in der flüssigen Branche. Dieses Mal unter anderem mit Nachrichten aus Südost-Asien, Köln, Frankfurt am Main und von den vielen, vielen Radwegkilometern zwischen Berlin, den Alpen und dem Mittelmeer.
Die Dynamik der Bar- und Spirituosenbranche ist faszinierend. Sie unterliegt einem ständigen Wechselspiel aus Stillstand und rasanter Fluktuation, aus Beständigkeit und radikalen Brüchen. Wir verfolgen für Sie, wohin es die bekannten Gesichter der Bar- und Getränkeindustrie verschlägt, wer sich selbstständig macht, welche neuen Sprossen der Karriereleiter von den Protagonisten der Branche erklommen wurden und wer sich erstmal eine Auszeit gönnt.
Mit dem Fahrrad durch Europa
So zum Beispiel John Kempcke. Der Berliner Handelsvertreter sorgte sich bisher unter anderem im Dienst von Grand Cru Select um die Versorgung der Hauptstadt mit gutem Champagner. Seit Mitte Juni tauscht er nun jedoch Agraffe und Champagnerprickeln gegen Drahtesel und Muskelkater. „Die Route geht von Berlin über Leipzig, München, Salzburg, Triest, Split, Dubrovnik und dann entweder Istanbul oder über Italien zurück“, erklärt Kempcke sein Fahrradabenteuer. Bis Oktober oder Anfang November will er dann wieder in Berlin sein, zumindest wenn ihn die Waden tragen. „Schließlich bin ich einfach kein Typ für die Kälte“, lacht Kempcke, der für die Zeit nach der Tour „noch nichts Konkretes“ geplant hat.
Ein Weltenbummler
Als „Nichts Konkretes“ könnte man auch die Pläne vom Frankfurter Miguel Fernandez Fernandez für die Zeit nach der jetzt selbstbestimmten Auszeit beschreiben. Der Frankfurter beging vor wenigen Tagen seine letzte, rauschende Schicht als Barmanager am Tresen des Roomers und sorgte damit bei so manchem Freund und Kollegen im Einzugsgebiet der Mainmetropole für Kopfweh am nächsten Tag. Nachdem jedoch jeglicher Kater verklungen ist, widmet sich Fernandez nun der Pflege seiner Hobbies und dem Reisen, schließlich wolle er sich „noch mehr in der Welt umsehen und dazulernen“, wie er erklärt. Auf
Reiseliste steht dabei vor allem der asiatisch-pazifische Raum, vielleicht auch Südamerika.Auf dieser Seite der Erdkugel, im Roomers, plant man derweil noch an einer mittel- und langfristigen Lösung für diese Personalie. Wie es heißt, wird erstmal Steffen Goubeaud den Posten des Barmanagers weiter bekleiden und die administrativen und operativen Aufgaben vorwiegend auf die drei Chefs de Bar — Thomas Lang, Michael Jeckel und Mirjam Hütter — übertragen.
Die Rhein-Main-Connection
Außerdem wird ab dem 1. Juli auch Frederik Knüll im Anzug hinter dem Roomers-Tresen stehen, obwohl der Kölner Jung’ dabei mit einem lachenden und einem weinen Auge nach Frankfurt blickt: „Also“, holt Knüll Luft, „das Spirits wollte ich gar nicht dringend verlassen. Das war vielmehr ein Mittelding aus der Tatsache, dass ich nun vier Jahre im Spirits gearbeitet habe und sich langsam der Drang nach etwas Neuem in meinem Kopf festsetzte, sowie dem Angebot, das mir Miguel und Steffen gemacht haben.”
Natürlich aber freue sich Knüll schon sehr auf das Roomers-Team, insbesondere auch, da seine Übergabe im Spirits sauber geklärt ist. „Meine Nachfolge als Barchef tritt Dominik Mohr an, der bis dahin schon die Position des Stellvertreters hatte. Und ein ‚Neuer‘ kommt auch. Wer, können wir allerdings noch nicht verraten. Außer, dass es richtig gut wird!“
Sechs Stunden voraus
Dieses Attribut — richtig gut — passt laut den aktuellen Finalisten-Nennungen der Spirited Awards auch auf das Team der Manhattan Bar im Regent Singapur, einem Hotel der Four Seasons-Kette. Deren neuer Barmanager — merkbar stolz, künftig diesem Team anzugehören — ist seit Anfang Juni der Berliner Philip Bischoff.
„Nach fünf Jahren Amano Bar war es letztes Jahr Zeit, weiter zu ziehen“, holt Bischoff aus. Nach Intermezzi im Fleischtempel Grill Royal und dem Pauly Saal, verschiedensten Gesprächen mit Freunden aus dem internationalen Barkosmos und der Suche eines neuen Projektes „ist es gar nicht leicht zu glauben, wie ich letztlich zu all dem gekommen bin.“ Als neues Familienmitglied hoffe er nun natürlich, „dass wir auch weiterhin so stark auftreten. Für das Team und für das gesamte Haus ist es ein unglaublicher Motivationsschub und baut natürlich auch ein bisschen Druck auf.“ Aber das sei gut so, erklärt der neue Wahl-Singapurer, „denn so bleiben wir weiter fleißig.“
In Hamburch sacht man „Tschüß!“
Unter dem großen Dach der Amano Group in Berlin ist seit Mai dieses Jahres dafür Magdalena Karkosz. Die gute Seele aus dem Hamburger Le Lion ist über viele plötzliche Zufälle, nun beinahe überraschend, doch in der Hauptstadt gelandet. Schon vor zwei Jahren, erinnert sich Magdalena, „wollte ich nach Berlin ziehen. Allerdings kam mir der Meyer dann dazwischen“, lacht sie. „Der fand die Idee, dass ich wegziehe, nämlich gar nicht gut.“
Gehen ließ er sie aber letztlich doch. Zum Glück für die Hauptstadt! Und als neue Wahlberlinern „fühlt es sich an, als wäre ich schon immer hier und hätte auch noch nie woanders gearbeitet“, schwärmt Magdalena von der Einarbeitung in die Gastro-Gruppe. Mit der neuen Eröffnung des Amano Grand Central wird sie als Assistant Barmanager künftig dann nahe dem Hauptbahnhof um den Tresen wirbeln.
Die Hanse- gegen die Hauptstadt getauscht hat vor kurzem auch Nadine Meyer, von allen nur bei ihrem zweiten Namen Penelope genannt. Die charismatische Barfee aus Hamburg, ein quirliger Freigeist, experimentiert seitdem in der Kantine Kohlmann in Kreuzberg und verspricht im gleichen Atemzug ziemlich viel: „Ich bin auch nach Berlin gekommen, um die Barszene wuschig zu machen. Wuschig heißt in diesem Fall, mit meiner Art und Faszination Drinks zu machen. Eben nicht nur bekannte Komponenten im Glas zu rühren, sondern beispielsweise auch mal mit Aloe Vera und Joghurt etwas neues zu shaken — und an die Berliner zu bringen.“
Über die Alpen
Mit großer Kreativität im Glas und professioneller Handwerkskunst am Brett überzeugte vor einigen Tagen auch Philipp M. Ernst. Der frisch gekrönte österreichische Gewinner der Diageo World Class kann sich derweil jedoch nicht nur auf das Wettbewerbsfinale in Südafrika, sondern auch über einen beruflichen Wechsel freuen. Denn der der 35-jährige hat seinen Posten als Barchef der preisgekrönten Bar 67 im Hotel Post in Ischgl aufgegeben und sich einem neuen Projekt gewidmet. Nach zehn Jahren Saison in den Bergen sei es an der Zeit, erklärt er sich und seinen Schritt in die Selbstständigkeit. In Zusammenarbeit mit dem Barracuda-Barcaterer Jens Raasch hat er in München eine süddeutsche Catering-Dependance eröffnet und wird mit seinen mixologischen Fähigkeiten fortan auf Veranstaltungen im Alpenraum und darüber hinaus glänzen.
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