Großer Tiki-Wellengang: Der Kawenzmann in Bamberg
In Bamberg sprießen neue Bars wie Pilze aus dem Boden. Mit dem Kawenzmann gesellt sich nun eine Tiki-Location hinzu. Hinter dem Konzept steckt das umtriebige Erfolgsduo Lars Baldes und Till Deiniger – sowie Linda Le, die für den speziellen Hauch von Südsee im Süden Deutschlands verantwortlich ist. MIXOLOGY ONLINE hat die Barmanagerin zum Interview gebeten.
Linda Le ist Bartenderin und studiert Wirtschaftsinformatik. Zwei Semester noch, nur nicht in der Barszene hängen bleiben. Wenn das so einfach wäre! Als Betriebsleiterin ist die Bambergerin nun auch Managerin der neuesten Bar des Erfolgsteams rund um Lars Baldes und Till Deininger. Abends Bar, morgens Uni. Und viel ist zu tun, ihr neuestes Projekt hat nämlich gerade erst eröffnet. Entspannt treffen wir sie zu einem Gespräch und wollen wissen, was es mit der neuen Bar und der Popularität Bambergs eigentlich so auf sich hat.
Sperrstunde in einer momentan total angesagten Barstadt. Ist das nicht ein Widerspruch?
Linda Le: Total. Das ist so ein bayerisches Ding. In Regensburg gibt es auch eine Sperrstunde. Die Ausgehzeiten verlagern sich komplett. Man geht schon um acht oder neun Uhr aus. Ich denke, dass sich das auch hier nie ändern wird, das ist eine politische Entwicklung.
Wie läuft euer neues Projekt? Wie wird es angenommen?
Es wird sehr gut angenommen, was mich selbst ein wenig überrascht, da Bamberg ja doch eher eine preissensiblere Stadt ist und wir bei all unseren Projekten sehr viel Wert auf Qualität legen. Was wir selber machen können, das machen wir auch selbst. Von Säften bis Sirup ist alles hausgemachter Natur. Das schlägt sich natürlich dementsprechend im Preis nieder. Dennoch ist die erste Resonanz überwältigend. Das liegt aber vielleicht auch an der Aufmachung, in der sehr viel Liebe und Detailarbeit steckt. Ob es jetzt das Back ist, das wir im Stile einer Tiki-Maske designt haben, oder die Möbel; das vermittelt den Leuten glaube ich schon das Gefühl, dass es sich bei uns um keine Bar handelt, in der man Havana-Cola bestellt und dann wieder nach Hause geht.
Warum eigentlich der Name?
Das ist ‘ne Story. Die Namensfindung war sehr hart. Die Inhaber, Till und Lars, dann noch ich, die den Laden ja mehr oder weniger selbst betreibt, mussten erst einmal auf den gleichen Nenner kommen. Da einen Namen zu finden, der wirklich jedem passt, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Rum und Tiki, das sind ja zwei Begriffe, die durchaus stark mit der Seefahrt in Verbindung stehen, da war der Kawenzmann, eine Beschreibung für eine große Welle, am Ende der passendste Name auf der Liste.
Jetzt habt ihr drei Bars! Den Schluckspecht, die Dude – Retro Lounge und den Kawenzmann. Das schaffen manche nicht einmal in prosperierenden Barmetropolen wie München oder Frankfurt. Ist das nicht vor allem viel Stress?
Ja, definitiv! Ich glaube aber, dass wir mittlerweile eine sehr gute Aufgabenverteilung haben, die es uns ermöglicht, die Situation angemessen zu bewältigen. Christoph Köll kümmert sich vor allem um den Schluckspecht, er hat dort damals schon als Barchef begonnen und managt jetzt auch die Bar samt Personal. Ich habe bis dato eigentlich nur die Dude – Retro Lounge gemacht, und seitdem wir den Kawenzmann aufgemacht haben, habe ich auch hier noch die Leitung übernommen. Da ich im Dude so ein tolles Team hinter mir habe, konnte ich es mir auch erst erlauben, mich mehr mit der Umsetzung des neuen Projektes zu beschäftigen. Das ist bei uns vor allem eine Teamleistung.
In einer mittelgroßen Stadt wie Bamberg, in der das Klientel sowohl aus einer großen Studentenschaft als auch zu einem nicht unerheblichen Teil aus einer alteingesessenen Bevölkerungsschicht besteht, kann man sich fragen, inwiefern eine konzeptuelle Ausrichtung die beiden Seiten überhaupt vereinen kann. Was ist euer Schlüssel zum Erfolg?
Die Bars, die wir betreiben, sind ganz klar auf eine bestimmte Klientel ausgerichtet. Der Schluckspecht mit seiner großen Auswahl an Vintage-Drinks ist eher was für Connaisseure, der Dude richtet sich mit seiner Auswahl an über 20 Bieren ganz klar an die Studentenschaft. Beim Kawenzmann kann ich es noch nicht beurteilen. Gerade um Weihnachten (A.d.R.: Eröffnungszeitraum der Bar) herum gelten andere Regeln. Die Studenten verlassen die Stadt und sind auch im Januar mit der Klausurvorbereitung beschäftigt. Wie sich das letztlich einpendeln wird, bleibt also noch abzuwarten. Wir legen es aber darauf aus, mit unseren Konzepten generell ein breites Publikum anzusprechen.
Tiki-Bar in Oberfranken! Kein Widerspruch?
Im Grunde wollten wir einfach das machen, was es hier in Bamberg noch nicht gibt. Es war mein großes Anliegen, nichts mit Gin machen zu wollen. Nicht noch mal 20 verschiedene Gins, ich persönlich mag einfach alles, was aus Holzfässern kommt – ob Whisky oder Rum. Die Rumkategorie kam in den anderen Bars irgendwie immer zu kurz, da haben wir uns vorgenommen, unser Augenmerk beim Kawenzmann drauf zu legen. Till redete schon lange davon, sich dem Tiki-Motto zukünftig mal widmen zu wollen. Verständlich, Tiki macht gute Laune, weckt die Sehnsüchte der Menschen, dem Alltag zu entfliehen. Ich finde, Tiki kann man sehr gut visuell darstellen. Mit einer kreativ-verspielten Tapete oder goldener Ananas, viele Dinge bieten sich da an. Man darf die Tiki-Kategorie jedoch auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. Ich musste mich da erst einmal ausführlich einlesen, auf den Spuren von Don the Beachcomber und Trader Vic wandeln, um ein Gespür dafür zu entwickeln, was für ein weites Feld das eigentlich ist.
Auf der Sonnenseite könnte man davon sprechen, dass Bamberg durch die mediale Präsenz und vermehrten Wettbewerbs-Teilnahmen seiner Bartender 2016 zu einem Geheimtipp aller Cocktail-Conaisseure avancierte. Auf der Schattenseite stellt sich die Frage, ob bei einer solchen Entwicklung mit mehr und mehr Bars überhaupt irgendwann noch das nötige Klientel vorhanden sein wird?
Es waren schon immer meine Worte, dass irgendwann der Markt gesättigt sein wird und selbst das neue, vermeintlich hippe Konzept nicht mehr Abnehmer finden wird. Wann das allerdings soweit sein wird, das lässt sich weder auf einen Zeitpunkt noch auf ein Konzept festlegen. Daher bin ich der Meinung, dass ein Konzept, das es hier in der Form noch nicht gibt, dankend angenommen werden wird. Es gibt immer noch genügend Menschen in Bamberg, die ihr Bar-Wohnzimmer noch nicht gefunden haben. Auch Kollegen aus der Umgebung kommen ab und an gerne nach Bamberg auf einen Drink vorbei.
Was sind eure Pläne für die direkte Zukunft?
Gerne möchten wir Tastings machen. Das bietet sich auch einfach an, weil wir mit unserer Rumauswahl schon sehr gut ausgestattet sind. Von Agricole bis volle Range an Plantation zählen wir über 50 Rumsorten unser eigen. Ich erwische mich ständig dabei, diese große Auswahl noch auszuweiten (lacht). Ansonsten würde ich gerne das Tiki-Flair noch präsenter gestalten und suche nach einem Ukulele-Spieler, der vielleicht einmal im Monat hier auftreten könnte. Das würde unser Konzept noch authentischer machen, als es es eh schon ist.
Abschließend die Frage nach eurer Botschaft: Wie kann man Tiki den Gästen am besten schmackhaft machen?
Mir ist aufgefallen, dass die Gäste viel mehr daran interessiert sind, was in ihren Drinks eigentlich drin ist, als das früher noch der Fall war. Vermerkt entwickeln die Menschen wieder ein Bewusstsein für Qualität. Da freut es uns, ihnen erzählen zu können, dass all unsere Produkte rein natürlich, alle Sirups selbst hergestellt und alle Säfte von eigener Hand gepresst wurden. Ich hatte neulich eine sehr merkwürdige Begegnung. Ein Gast wollte mir nicht glauben, dass in seinem Drink eine halbe Banane drin ist. „Das schmeckt gar nicht nach Banane“, sagte er. Für mich Anlass genug, einmal darüber nachzudenken, wie Konservierungsstoffe und künstliche Aromen unsere Geschmackswahrnehmung mittlerweile sukzessive torpedieren.
Industriell, mit Geschmacksstoffen ein Aroma widerspiegelnd, das nur einen minimalen Bruchteil der eigentlichen geschmacklichen Wahrnehmung ausmacht. Eine schockierende Entwicklung!
Genau! Es ist ja bei uns alles qualitativ hochwertig, wir arbeiten mit frischen Zutaten und dann bekommt man so etwas gesagt. Schon paradox und vielleicht auch unser Bildungsauftrag, die Gäste mal wieder auf den eigentlichen Geschmack hin zu sensibilisieren. Bewusster Umgang mit Früchten und Obst, gerade das ist Tiki!
Credits
Foto: Foto: Linda Le via K. Hiendlmayer. Fotos in Bildstrecke via Till Deininger.