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Kolumne Theken & Marken: Was kommt an den Grill?

Täglich begegnen uns Marken in der Barkultur, monatlich sucht Kommunikationsdesigner Iven Sohmann das Gespräch. Was uns Leuchtreklamen, Produktverpackungen oder gar Getränkekarten zu erzählen haben, hinterfragt diese Kolumne. Besser spät als nie, heute zum Thema Alkohol und BBQ: Was kommt an den Grill?

»Nach der Grillsaison ist vor der Grillsaison!« las ich kürzlich auf einer Schürze im Sommerschlussverkauf eines Innenstadtgeschäfts, bei dem es sich angesichts der umliegenden Printmotive wohl um einen Herrenausstatter gehandelt haben muss: »Auftragsgriller«, »König des Grills«, »Ein Mann, ein Wurst!«. Okay, okay, letzteres habe ich dazu gesponnen und mit dieser Veröffentlichung übrigens für alle Zeiten gecopyrightet!!! Worauf ich aber eigentlich hinaus möchte ist, dass diese feucht-feuerliche Kolumne eine Daseinsberechtigung hat, auch wenn die Zuckerbomben zur Einschulung die Schaschlikspieße zum Abgrillen bereits aus den Supermarktprospekten verdrängt haben. Gegrillt wird schließlich immer! Und überhaupt: wer seine veganen Käsekrainer sogar mit Resthitze noch »durch« bekommt, darf ohnehin late to the party sein, oder?

Bar und Barbecue – so nah und doch so fern?

Obwohl die Vermutung auf der Hand liegt, dass sich »die Bar« und »das Barbecue« eine Wortherkunft teilen, sind ihre Ursprünge verschieden. Während unser aller Lieblingsort bekanntermaßen vom altfranzösischen »barre« für Balken oder Absperrung herrührt, geht die uramerikanische Garmethode auf das Taíno-Wort »barbakoa« für eine mit Stöcken ausgekleidete Räuchergrube zurück. Das lässt zudem erahnen, warum der Begriff Barbecue als Synonym fürs Grillen genau genommen ungeeignet ist, variieren Garzeit, Temperatur und Rauchentwicklung bei beiden Verfahren doch erheblich. Aber zum Glück schreiben wir hier ja nicht für das Beef!-Magazin, von daher: geschenkt! Und eingeschenkt? Moment mal, wer hat gesagt, dass es hier ums Trinken gehen wird?

Bevor wir den Durst löschen, will erst einmal das Feuer entfacht werden. Und damit jenes die Kräuter und Gewürze auf dem Grillgut nicht verkokelt, starten wir bestenfalls noch einen Tag früher – mit der Marinade. Neben den würzenden Zutaten empfiehlt sich hierfür eine Emulsion aus säurehaltiger Flüssigkeit, um das Gewebe zu entspannen, sowie einem Öl, um dessen Austrocknung zu verhindern. Die häufig in die Rezepte gemischten, alkoholhaltigen Getränke haben dabei vor allem geschmackliche Bewandtnis. Dass so nur die zarten (Stücke) in den Garten kommen, ist jedenfalls ein Mythos. Die Aromen von Rum-, Wermut- oder Rauchbier-Marinaden sollten jedoch Argument genug sein, auch wenn kaum eine Marke diese Qualitäten aktiv kommuniziert. Das Prädikat »Kochwein« gilt wohl als abschreckendes Beispiel. Dabei lässt sich mit Essig, Seife und Wodka Gorbatschow wirklich gut Fenster putzen, aber das ist ein anderes Thema …

Von früher: Feuerwasser und Fackelmann

Angesichts der allgemeinen Vorsicht, die eigenen Produkte auch als Speisezutat anzupreisen, ist der Launch der Grill Edition von O’Donnell Moonshine umso mutiger. Und damit zum Zündelspaß: Das ohnehin erfindungsreiche Berliner Unternehmen verpackt seinen 62-prozentigen Wodka in einer Multiplex-Box, die im Zusammenspiel mit den beiliegenden Streichhölzern ratschfatz zur Brennholzkiste wird: Verpackung zerschlagen, mit Produkt überschütten, anzünden. Ende Glut, alles gut? Nicht unbedingt. Der Name des Schnapses ist wie sein hochprozentiger Inhalt zumindest mit Vorsicht zu genießen. Die Bezeichnung »Feuerwasser« ist leider, insbesondere im vorliegenden US-Kontext, unweigerlich mit der Zerstörung indigener Kulturen verbunden. Das macht die Bezeichnung nicht generell unsäglich, scheint mir – trotz Uminterpretation als Spiritus-Spirituose – für einen Produktnamen allerdings unglücklich. Gelobt sei aber die Chuzpe, das eigene Erzeugnis für einen ansonsten gelungenen Marketing-Gag herabzuwürdigen, um es genau dadurch wieder aufzuwerten. Ein faszinierendes Spiel mit dem Feuer.

Apropos, neben Einlegen und Brandlegen gehört auch das Ablöschen zu den alkoholischen Disziplinen bei Grillympia. Im Folgenden wird deshalb ein für alle Mal erklärt, wie sich unerwünschte Flammen mit Bier am besten bekämpfen lassen: gar nicht! Lieber selber trinken als damit Asche aufzuwirbeln – aber welches denn? Kommen wir also endlich zur naheliegendsten Anwendung von Alkohol am Grill, dem Trinken. Und was liegt da näher als ein handwerklich gebrautes Pils von Axel Schulz? Wer einen George Foreman-Grill besitzt, kann so schließlich den skandalösen Schwergewichtskampf von 1995 im heimischen Garten noch einmal nachspielen. Las Vegas auf der Holzterrasse. Bretter, die die Welt bedeuten. Kein Witz, das von Bergbräu aus dem niedersächsischen Uslar hergestellte Bier hört tatsächlich auf den Namen »Schuuulz« und zeigt die deutsche Boxlegende beim Rülpsritus. Das ist Plumpheit in Perfektion, Vollendung auf die Zwölf. Ich ziehe meinen Hut und werfe gleichzeitig das Handtuch.

Links: „Grill Edition“ von O’Donnell Moonshine. Rechts: das im niedersächsischen Uslar hergestellte Bier »Schuuulz«

Kein Rückzug, kein Aufgeben!

Zur hopfenbitteren Wahrheit gehört jedoch, dass sich der Brandenburger Bierbotschafter seinem Gegenüber heute wie damals nach Punkten geschlagen geben muss. Zumindest vorerst. Während sich der George Foreman-Grill weltweit bereits über 100 Millionen mal verkauft hat, ist das Schuuulz-Bier anderthalb Jahre nach Markteinführung derzeit aus den Regalen verschwunden. Das letzte was sich einem Axel Schulz jedoch absprechen lässt, sind Nehmerqualitäten, Ausdauer und Willenskraft. Und da er mit Saucen, Fleischwaren, Pfannen und Zubehör seiner Grillgenuss-Marke Axels längst nachgelegt hat, ist es wohl nur eine Frage der Zeit bis auch das Schuuulz wieder aufsteht. Alles hat ein Ende, nur der Durst hat keins. (Copyright!!!)

Credits

Foto: Askar Abayev – pexels.com; Bearbeitung: Iven Sohmann

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